Frühlings-Vorboten in der Stadt Stuttgart. Foto: Leif Piechowski

Die Meteorologen rechnen nicht mit einem plötzlichen Wintereinbruch. Die milden Temperaturen haben kaum Folgen für Flora und Fauna.

Die Meteorologen rechnen nicht mit einem plötzlichen Wintereinbruch. Die milden Temperaturen haben kaum Folgen für Flora und Fauna.

Stuttgart - Einen Januar ohne Schnee. Das gab es seit 2007 nicht mehr. Während in den USA sogar die Niagarafälle eingefroren waren, braucht man in Stuttgart selten einen Schal.Manch einer fürchtet schon, dass der Winter dafür nun besonders heftig kommt. Doch Meteorologen geben Entwarnung.

„Wir wir wissen nicht einmal, ob er im Januar überhaupt noch kommt“, sagt Sabine Krüger vom Deutschen Wetterdienst Stuttgart. Selbst das Szenario aus dem Jahr 2007 ist eher unwahrscheinlich. Damals gab es in der letzten Januar-Woche 25 Zentimeter Schnee. „Vielleicht fallen die Temperaturen nachts kurz unter null Grad“, sagt Krüger, „möglich ist auch, dass nachts etwas Schnee fällt, aber erst ab 400 Höhenmetern“

Eines ist indes sicher: Die milde Temperaturen schaden weder der Tier- noch der Pflanzenwelt. Und doch gibt es Leidtragende: die Allergikern. Der Stuttgarter Luis Tonhäuser klagt: „Dass der Wind die Pollen der Haselnussbüsche schon im Januar verteilt, treibt mir wortwörtlich die Tränen in die Augen.“

Besitzer von Vogelfutterhütten seien ebenfalls besorgt, berichtet Martin Klatt, Artenschutzfachmann beim Naturschutzbund (Nabu) Baden-Württemberg: „Viele rufen an und fragen, warum keine Vögel an die Futterhütten kommen.“ Seine Antwort: In der Natur gibt es noch genug Nahrung. Davon profitieren wiederum Jagdvögel. Eulen und Greifvögel sind bei der Suche nach Mäusen und anderen Kleinsäugern bei diesem Klima erfolgreicher. „Weil kein Schnee liegt, finden sie die Kleinsäuger besser“, sagt Martin Klatt.

Zu den Verlierern im Winter zählen dagegen die Zugvögel. Da diese vom Überseeflug ausgemergelt sind, stehlen sesshafte Vögel wie Amseln oder Kohlmeisen ihnen die Reviere. „Normalerweise sind die nicht so gestärkt“, sagt Klatt, „aber diesen Winter finden sie eben genug Futter, um den Zugvögeln den Schneid abzukaufen.“

Wilhelma-Tiere nehmen milden Winter gelassen hin

Manche sesshafte Vögel brüten unter diesen Bedingungen mehrere Male. So könnte es im Frühling – wenn die Temperaturen so bleiben – ein Kampf um Insekten, Hauptnahrungsmittel der Brut, unter den Vogelarten ausbrechen. Wenn die Temperaturen aber sinken und es eisig wird, bekommt die Amsel ein Problem. Die Brut wäre früh da, aber keine Nahrung. „Sie müsste ihren Nachwuchs aufgeben“, sagt Klatt.. Betroffen von den klimatischen Bedingungen sind auch Fledermäuse. Die Wärme kitzelt sie aus ihrem Winterschlaf – aber Nahrung gibt es noch keine.

Die Tiere der Wilhelma nehmen den milden Winter gelassen hin. „Tiere bringt das eher nicht aus ihrem Rhythmus, da solche Situationen immer wieder mal vorkommen“, sagt Wilhelma-Direktor Thomas Kölpin, „sie orientieren sich mehr am Licht.“ Also am Tag-Nacht-Rhythmus. Und der ist trotz der Temperaturen unverändert. Nur eine Auswirkung dürfte das Wetter haben: Je angenehmer desto höher sind die Besucherzahlen in der Wilhelma.

Und noch jemand profitiert: die Schädlinge. „Ohne Frost ist der Schädlingsbefall viel größer“, sagt Volker Schirner, Leiter des Stuttgarter Garten-, Friedhofs- und Forstamts. Ihm machen vor allem Blattläuse Sorgen. Landwirte fürchten dagegen eher Drahtwürmer, da sie für die Ernte gefährlich werden könnten. Insgesamt ist der fehlende Schnee für die Flora weitestgehend unproblematisch. Zwar könnte eine Frostwelle erste Krokusse oder Jasmin zerstören, doch für das Überleben der Art hätte das keine Folgen. „Spätfrost wie an den Eisheiligen ist da schon gefährlicher“, sagt Schirner, „wenn in dieser Zeit alles blüht, kann ein Kälteeinbruch zu massiven Pflanzenschäden führen.“

Und wie lautet die Wettervorhersage? Wintereinbruch oder Winterausfall? „Wir sehen das nicht auf unseren Karten“, sagt Sabine Krüger. Die Meteorologin hat Tiefdruckgebiete über dem Atlantik und Hochdruckgebiete auf dem Festland auf dem Bildschirm. „Solange die nicht zusammentreffen, gibt es keinen Schnee.“ Und wie sich die beiden bewegten, sähe es nicht nach Liebeshochzeit aus.

Den Schnee in der Stadt sollte man deshalb noch nicht abschreiben. Der regnerische Januar bedeutet nichts für das Februarwetter – und noch weniger für den Verlauf des Frühlings. „Dass der Frühling kalt wird, wenn der Winter warm wird, ist ein Gerücht“, sagt Krüger. Da können einem die Schneeglöckchen im Januar noch so sehr vorgaukeln, dass der Winter schon vorbei sei.

Wie das Wetter in Stuttgart und der Region wird, erfahren Sie hier.