Unter den interessierten Zuhörern des Vortrags von Sven Plöger (Mitte, flankiert von zwei Trachtenträgerinnen) waren auch Nikolas Stoermer (links), Erster Landesbeamter im Ortenaukreis, und Bürgermeister Siegfried Eckert. Foto: Kern

Ist das noch Wetter oder schon Klima? Dieser Frage widmete sich Meteorologe Sven Plöger in seinem Vortrag in der Gutacher Festhalle. Das Interesse war riesig und der Experte warnte eindrücklich vor den Folgen unseres derzeitigen Handelns.

Gutach - In seinem zweistündigen Referat informierte Plöger über den aktuellen Stand der Wissenschaft hinsichtlich des Klimawandels und verdolmetschte die hochkomplexe Materie in eine auch für Laien verständliche Sprache. "Das Wetter ist das tägliche Geschehen, während der Klimawandel schleichend abläuft – und wir wissen schon seit Jahrzehnten, was zu erwarten ist", stellte der Meteorologe fest.

Vor den Folgen der Erderwärmung warnte der Wissenschaftsjournalist Hoimar von Ditfurth schon 1978 und was in den 90er-Jahren an Hitzerekorden prognostiziert wurde, ist heute Wirklichkeit. "Wir haben kein Wissens- sondern ein Handlungsproblem", erklärte Plöger.

Eine große Klimakonferenz nach der anderen ginge mit wenig Ergebnissen zu Ende. Die Gründe dafür sieht der Meteorologe in der Systematik, in der 190 Länder Einstimmigkeit erreichen müssen und die "Bremser" die Umsetzung von Klimazielen definieren. Dennoch hält es Plöger für wichtig, bei diesen internationalen Konferenzen zu bleiben. Ein Anfang seien die jüngst beschlossenen Fonds, aus dem ärmere Länder Ausgleichszahlungen erhalten sollen, wenn sie von klimabedingten Zerstörungen betroffen sind. "Das auf der Weltklimakonferenz im ägyptischen Scharm el Scheich bestätigte 1,5-Grad-Limit werden wir nicht schaffen. Gegenwärtig sind wir bei 2,7 Grad", verdeutlichte der Meteorologe.

Windräder beeinflussen Wetter wie ein Mini-Propeller den Rhein

Wenn jedoch gemacht werden würde, was gesagt wird, sieht er durchaus Stellschrauben, an denen gedreht werden kann. "Wir sind Teil des Ganzen, abhängig davon, was wir tun oder lassen und wir können auf Dauer nicht tun, was die Bedingungen nicht zulassen", betonte Plöger.

Der CO-Ausstoß steige weltweit trotz aller Weltklimakonferenzen. Nur ein "kleines, nerviges Virus" habe es bisher geschafft, eine Delle in den Kurvenverlauf zu schlagen. Um das 1,5-Grad-Ziel noch zu erreichen, müsste die Einsparung an CO-Emissionen jedes Jahr so groß sein wie durch den Corona-Shutdown. Das wäre möglich, doch hierfür braucht es laut Plöger die richtigen politischen Rahmenbedingungen und die Ertüchtigung der Marktwirtschaft im sozialen und ökologischen Bereich.

Anschaulich erläuterte Plöger das komplexe Zusammenspiel von Luftströmungen samt deren Wechselwirkungen, die bei der Gesundheit des Planeten zu betrachten sind. Weiterhin bedeutet der Eisrückgang weitreichende Folgen hinsichtlich der Wasserversorgung und beinhaltet geologische Komponenten, wie Bilder aus den Alpen eindrücklich illustrierten.

Statt eines Ausblicks auf die Apokalypse blickte Plöger zurück auf die letzte Eiszeit, in der es vier Grad kälter war als heute. Millionenstädte wie New York unter einer kilometerdicken Eisdecke gaben ein Gefühl für das Ausmaß einer Erderwärmung dieser Größenordnung, die mit der Welt von heute nichts mehr zu tun haben würde.

In seinem Vortrag ging Plöger auch darauf ein, ob Windräder das Wetter beeinflussen. "Vergleichbar ist das mit einem Jungen, der einen Propeller in den Rhein hält, um die Strömung zu beeinflussen", merkte der bekannte Wetterexperte an. Zusätzlich zur bildhaften Allegorie sei dies auch mathematisch auszurechnen und der Meteorologe spulte gekonnt – und sehr zur Erheiterung des Publikums – die dazugehörigen Gleichungen ab.

Insgesamt war das Referat gekennzeichnet von Scharfsinn und Humor des Referenten bei aller Ernsthaftigkeit, mit der er das Thema abhandelte. "Es braucht neben dem Wissen eine Haltung und auch etwas, was wir unseren Kindern und Enkeln weitergeben wollen", betonte Plöger.

Eigentümlich sei die kognitive Dissonanz der Menschen: 2019 wurde so viel wie nie zuvor über den Klimawandel diskutiert. Im gleichen Jahr wurden allerdings auch so viele Flüge, Kreuzfahrten und SUV’s zugelassen wie noch nie zuvor. Es geht laut Plöger nicht darum, was der Planet aushält, sondern was der Mensch aushält und was das für die nachfolgenden Generationen bedeutet.

Der Meteorologe Sven Plöger ist in Bonn geboren und studierte in Köln. Bekannt ist er durch die Präsentation der Wettervorhersagen in Rundfunk und Fernsehen. Darüber hinaus hält er Vorträge und schreibt Bücher. Sein jüngstes Werk "Zieht euch warm an, es wird heiß" beschäftigt sich mit dem Klimawandel.