Werner Koch leitet das Stuttgarter Weindorf, das am 29. August beginnt. Foto: Peter-Michael Petsch

Fast ein Vierteljahrhundert war er Leiter des Gartenamts in Stuttgart. Jetzt ist Werner Koch zum ersten Mal Chef des Stuttgarter Weindorfs.

Stuttgart – Fast ein Vierteljahrhundert war er Leiter des Gartenamts in Stuttgart. Jetzt ist Werner Koch zum ersten Mal Chef des Stuttgarter Weindorfs, das am Mittwoch eröffnet wird. Ein Gespräch über die Last der Verantwortung, übers Flirten und – natürlich – über Trollinger.

Herr Koch, fürchten Sie eigentlich um Ihre Gesundheit?
Ich nicht, aber meine Frau. Ich fände es aber gefährlich, im Ruhestand von 100 auf null zurückzuschalten. Ich bin jemand, der immer aktiv sein muss.

Meine Frage zielte in eine andere Richtung. Während des Weindorfs muss man als Chef so einiges schlucken.
Das stimmt. In den Lauben wird es gern gesehen, wenn der Chef vorbeischaut und ein Gläsle trinkt. Doch es gibt auch andere Getränke, auch Traubensaft.

Sie haben mal gesagt, die Belastung bei der Internationalen Gartenschau 1993 hätte Sie die Gallenblase gekostet. Ist jetzt die Leber in Gefahr?
Ich halte es da mit Paracelsus: Die Dosis macht das Gift.

Seit anderthalb Jahren sind Sie im Ruhestand. Doch Sie haben mehr zu tun denn je.
Nicht mehr, aber genug. Es sind andere Aufgaben. Da wird einem nicht langweilig.

Heißt das, Sie haben sich zur Aufgabe des Vorsitzenden von Pro Stuttgart gedrängt?
Nein. Mein Vorgänger Fritz Mutter ist da sehr geschickt vorgegangen. Er hat zuerst meine Frau angesprochen, ob sie sich vorstellen könnte, dass ich die Aufgabe übernehme.

Die war sicher begeistert.
Überhaupt nicht. Sie hat mir geraten, das besser nicht zu machen.

„Meine Vorfahren väterlicherseits waren Weinbauern in Stuttgart“

Sie haben dann aber Basta gesagt?
Wir haben lange darüber gesprochen. Schließlich hat meine Frau zugestimmt.

Es war Ihr langersehntes Ziel, endlich mal beim Thema Wein ein großes Rad zu drehen?
Wie kommen Sie darauf?

Sie waren 25 Jahre Chef im Garten-, Friedhofs- und Forstamt in Stuttgart. Hat es Sie geschmerzt, dass das städtische Weingut zum Liegenschaftsamt gehörte?
Bis 1972 gehörte das Weingut zum Gartenamt. Ich habe die Trennung bedauert und hätte mich über eine Zusammenführung gefreut. Es hätte von der Tätigkeit gepasst.

Die nächsten beiden Fragen sind ein Test, ob Sie als Chef des Weindorfs geeignet sind. Haben Sie familiäre Beziehungen zum Weinbau?
Meine Vorfahren väterlicherseits waren Weinbauern in Stuttgart. Ihr Weinberg im Bereich Zeppelinstraße und Gaußstraße ist heute bebaut.

Wie ist Ihr persönlicher Umgang mit Wein?
Ich war zwei Jahre in Hessen Ausbildungsreferent für Garten- und Weinbau. Außerdem trinke ich gern Wein. Ein Glas Wein in gemütlicher Runde ist was Tolles.

Zum ersten Mal sind Sie jetzt als Chef für das Weindorf verantwortlich. Sind Sie nervös?
Ich freue mich darauf. Die Nervosität kommt kurz vor Beginn. Es ist wichtig, dass dann eine Spannung vorhanden ist.

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten . . .
. . . hätte ich gern, dass das Wetter mitmacht und dass die Eröffnungsfeier des Weindorfs am Mittwoch ruhig verläuft, vor allem ohne Lärm aus dem Hintergrund.

„Diesmal gibt es anschließend Wein und Fingerfood“

Letztes Jahr gab es Protest von S-21-Gegnern.
Die kamen als Besucher des Landesmuseums an den Kontrollen vorbei in den Hof des Alten Schlosses.

Setzen Sie bei der 36. Auflage des Weindorfs eigene Akzente?
Vergangenes Jahr liefen die Gäste der Eröffnungsfeier schnell auseinander. Diesmal gibt es anschließend Wein und Fingerfood.

Also Freitrunk für die Prominenz?
Die Leute sollen ungezwungen miteinander ins Gespräch kommen und dann aufs Weindorf gehen. Auch die Alten können vorher anstoßen. Die Jungen würden das Vorglühen nennen.

Welche Neuerungen warten auf die Besucher des Weindorfs?
Erstmals steht die Informationslaube des Vereins Pro Stuttgart mitten auf dem Schillerplatz und nicht hinten bei den Toiletten.

Ich meinte Neuerungen für Viertelesschlotzer.
Auch die dürfen sich freuen. Wer ein Viertele getrunken hat und eine VVS-Fahrkarte vorzeigen kann, bekommt an den Weindorf-Sonntagen das zweite Viertele gratis.

Das schont den Geldbeutel . . .
. . .  und vor allem den Führerschein.

Was fasziniert Sie am Weindorf?
Mir gefällt am besten die Besenstimmung und die ungezwungene Fröhlichkeit der Besucher. Man sitzt eng beisammen und kommt gut ins Gespräch.

„Ich weiß nicht, warum man den Trollinger so schlecht macht“

Und dann wird geflirtet.
Nach dem einen oder anderen Viertele kann es schon passieren, dass man den Arm um die Nachbarin legt.

Haben Sie das auch schon gemacht?
Ja, bei meiner Frau. Wenn ich aber genau nachdenke, auch schon bei anderen.

Wie viel Trollinger hatten Sie da intus?
Gegenfrage: Haben Sie etwas gegen Trollinger?

Versuchen Sie doch seine Ehrenrettung.
Ich weiß nicht, warum man den Trollinger so schlecht macht. Schwaben und Trollinger gehören zusammen. Der Wein ist inzwischen viel besser als sein Ruf.

Wenn einer aber keinen Trollinger mag . . .
. . . dann ist er auf dem Weindorf genau richtig. Wir haben etwa 500 verschiedene Weine im Angebot. Jeder kann das trinken, was ihm schmeckt.

Jedes Jahr wird die schönste Weinlaube gekürt. Wie reagieren Sie als Gartenfreund auf Weinranken und Blumen aus Plastik?
Ich bin seit 1993 in dieser Jury und bemängle das jedes Jahr. Aber der Wandel kommt bei den Wirten nur langsam voran.

Kommt Ihnen da die Galle hoch?
Schon lange nicht mehr.