Stuttgart - Knapp drei Monate sind es noch bis zur WM, doch für die Werbeindustrie hat die heiße Phase längst begonnen. Deutsche Nationalspieler und der Bundestrainer sind Zugpferde vieler Unternehmen - doch dabei gibt es Tücken. Oft fehlt es Spots an Glaubwürdigkeit, zudem lassen sich nur wenige Spieler gut vermarkten.

Im spartanisch eingerichteten Wohnzimmer in München-Giesing schießt ein junger Mann einen Fußball gegen die Schrankwand. Dann löffelt er am Esstisch aus seinem Suppenteller und sagt mit sanfter Stimme: "Mhmm, schmeckt." Es folgt die Werbebotschaft: "Kraft in den Teller, Knorr auf den Tisch."

Wir schreiben das Jahr 1966. Die WM in England steht vor der Tür, und der Mann mit dem Lausbubengesicht im eigenen Wohnzimmer ist ein Jungnationalspieler namens Franz Beckenbauer - damals im zarten Alter von 20 Jahren.

Viel hat sich seither getan, natürlich. Bei Beckenbauers Werbespot anno 1966 war nach drei Aufsagern alles im Kasten. In seiner Wohnung standen beim Dreh ein Kameramann, ein Tonmann und ein Regisseur. Heute braucht es für einen professionellen Werbespot mindestens 50 Leute am Set, der Dreh dauert einen ganzen Tag. Und dass der daheim im Wohnzimmer vonstatten geht, ist auch nicht mehr üblich.

Nationalmannschaftskapitän Ballack ist im Vorfeld der WM 2010 wie schon vor vier Jahren das Gesicht der Deutschen Bahn - der Spot wird in etwa einem Monat zum ersten Mal zu sehen sein. Zudem steht er kurz vor dem Vertragsabschluss mit einem weiteren Unternehmen. Derzeit wirbt er schon für die Plattform ab-in-den-urlaub.de und Ausrüster Adidas. Er soll pro Jahr rund 2,5 Millionen Euro für Werbung kassieren. Bundestrainer Joachim Löw ist mit drei Werbeverträgen ausgestattet, er steht für Nivea, die Deutsche Vermögensberatung und Tui vor der Kamera. Der Markt boomt - und doch gibt es Tücken.

Ein Eyecatcher: Michael Ballack

"Fußballer haben eine immense Breitenwirkung", sagt Karen Heumann, Vorstand für Strategie bei der Hamburger Werbeagentur Jung von Matt. "Stars wie Ballack spielen Heldenrollen, sie sind die modernen Gladiatoren - und die Zuschauer sind wie im alten Rom live dabei, wenn sie in den Arenen leiden und jubeln." Sozialforscher Gunter Pilz sagt, dass Stars eine Stellvertreterfunktion hätten: "Die Fans identifizieren sich mit ihnen, und der Ruhm strahlt auf sie ab."

Fußballstars verkörpern das, was sich Unternehmen auch für ihr Produkt wünschen: Dynamik, Jugend und Gesundheit.

Um sich bei der Vielzahl der Unternehmen, die auf den WM-Zug aufspringen, abzugrenzen, braucht es die Stars, damit die Werbebotschaft beim Kunden hängenbleibt. In der Fachsprache heißen Topstars wie Michael Ballack Eyecatcher. Sie sollen mit ihrer Popularität die Aufmerksamkeit auf das Produkt lenken.

Nationalmannschaftskapitän Ballack ist im Vorfeld der WM 2010 wie schon vor vier Jahren das Gesicht der Deutschen Bahn - der Spot wird in etwa einem Monat zum ersten Mal zu sehen sein. Zudem steht er kurz vor dem Vertragsabschluss mit einem weiteren Unternehmen. Derzeit wirbt er schon für die Plattform ab-in-den-urlaub.de und Ausrüster Adidas. Er soll pro Jahr rund 2,5 Millionen Euro für Werbung kassieren. Bundestrainer Joachim Löw ist mit drei Werbeverträgen ausgestattet, er steht für Nivea, die Deutsche Vermögensberatung und Tui vor der Kamera. Der Markt boomt - und doch gibt es Tücken.

Für die Unternehmen lohnt es kaum, wenn sie Stars für Produkte werben lassen, die nichts mit Sport zu tun haben. "Getränke und Sporttextilien gehen aber immer - die Stars müssen ja was trinken und etwas anhaben", sagt Sabine Schwarz vom Marketinglehrstuhl der Uni Hohenheim. Im Vorfeld der WM lohne es sich, Fußballer für Produkte mit WM-Bezug werben zu lassen - etwa für Fernseher. "Die Leute schauen sich die Spiele ja an", sagt Schwarz. "Reisen gehen auch immer, die Fans müssen ja irgendwie zum Stadion kommen." Wenn der Bezug zur WM aber fehle, steige der Absatz des Produkts nicht an. Wenn Ballack fürs Angeln werben würde, ginge das nicht.

Das Problem ist die Glaubwürdigkeit

Hochkarätige Besetzungen garantieren also noch lange nicht, dass die Botschaft beim Kunden ankommt. Zudem leidet die Glaubwürdigkeit, wenn ein Star für mehrere Produkte gleichzeitig wirbt

Die Marktforscher von Imas International fanden heraus, dass sich nur 15 Prozent der Befragten von Werbung mit Fußballstars überzeugen lassen. Und kaum jemand glaubt, dass der Star das beworbene Produkt selbst nutzt. "Damit die Zuschauer nicht irgendwann sagen ,Oh nein, nicht der schon wieder', ist es wichtig, dass es keine Branchenüberschneidungen bei den Spots gibt und der Star unterschiedliche Zielgruppen anspricht", sagt Oliver Biem, Marketingchef von Performance Plus. Das ist die Agentur, die Michael Ballack vertritt.

So sprach Ballack in dem Spot für die Deutsche Bahn zur WM 2006 Fans an, die mit Rabattaktionen zur Spielanreise mit der Bahn animiert werden sollten. Beim Dreh mit McDonald's wendete sich Ballack an Kinder, beim Spot mit Sony ging es um Videokameras und damit um wohlhabendere Kunden - wieder keine Überschneidung.

Um das Problem der Glaubwürdigkeit schon vor dem Dreh in den Griff zu bekommen, setzen viele Werbeagenturen Fragebögen ein, die ihre Stars dann ausfüllen müssen. "Da fragen wir zum Beispiel, wie oft jemand ins Internet geht oder das Handy benutzt. Wir erstellen ein Imageprofil, um das optimale Unternehmen zu finden", sagt Biem. Parallel dazu beauftragen die Werbeagenturen Marktforschungsunternehmen. Die befragen dann die Kunden, wofür der Spieler steht und für welche Produkte er werben könnte: "Autos, Elektrogeräte, Schokolade, Marmelade, alles wird da abgefragt", sagt Biem.

Nationaltorhüter Rene Adler zum Beispiel könne man nie in der Nutella-Werbung einsetzen, weil er sehr ehrgeizig und perfektionistisch rüberkomme: "Die Leute schließen dann daraus, dass er sich nur gesund ernährt", sagt Biem. Beim Schalker Stürmer Kevin Kuranyi sei das anders. "Er gibt sich lockerer. Ihm nehmen die Menschen eher ab, dass er sich auch mal Schokoladencreme aufs Brot schmiert."

Spot und Star müssen zusammenpassen

Bei mangelhafter Vorarbeit passen Spot und Star nicht zusammen - so geschehen im Fall Bastian Schweinsteiger. Der Nationalspieler sollte im Vorfeld der WM 2006 als bodenständiger Junge von nebenan präsentiert werden. Dann flatterte er im Spot wie ein aufgeregtes Huhn umher. Er führte für Bifi einen Chickendance-Torjubel auf. Um die Glaubwürdigkeit war es geschehen.

Dennoch zählt Schweinsteiger weiter zu den gefragtesten Stars. "Er, Ballack und Philipp Lahm sind die Werbezugpferde der Nationalmannschaft", sagt Oliver Biem. "Das sind die drei Führungsspieler, die am meisten in Interviews präsent sind." Wie bei allen anderen Teams sei es auch in der Nationalelf nur möglich, drei oder vier Spieler in der Werbung gut zu vermarkten: "Die anderen stehen im Schatten und sind zu wenig präsent in der Öffentlichkeit." So verdienen die anderen Nationalspieler - Schweinsteiger und Lahm ausgenommen - mit Werbung jeweils nur rund 20 Prozent von dem, was Ballack einnimmt.

Wichtig sei neben einem sympathischen Auftreten in der Öffentlichkeit, auch immer mal, Kante zu zeigen. "Das hat man bei Philipp Lahm gesehen. Als der im Herbst die Transferpolitik des FC Bayern öffentlich kritisierte, ist er am Ende als Gewinner daraus hervorgegangen", sagt Biem. Das mag die Werbeindustrie. Smarter Auftritt, aber auch mal die Meinung sagen. Das schärt das Profil und kommt an bei den Kunden.

Nur einer muss sich um so was nicht mehr kümmern: Franz Beckenbauer. Der Kaiser kann reden, was er will - am Ende thront er dann doch wieder über allen.