Kann sich Jean-Claude Juncker den Posten des EU-Kommissionspräsidenten sichern? Foto: dpa

Die Konservativen die EVP sind die klaren Gewinner der Wahl. Aber bekommt Jean-Claude Juncker auch die nötige Mehrheit hinter sich? SPE-Mann Schulz gibt noch nicht auf. Indes steigt die Sorge, der Kommissionspräsident könnte einmal mehr im Hinterzimmer ausgehandelt werden.

Die Konservativen die EVP sind die klaren Gewinner der Wahl. Aber bekommt Jean-Claude Juncker auch die nötige Mehrheit hinter sich? SPE-Mann Schulz gibt noch nicht auf. Indes steigt die Sorge, der Kommissionspräsident könnte einmal mehr im Hinterzimmer ausgehandelt werden.

Berlin - Union und SPD ringen nach dem knappen Vorsprung der Konservativen im EU-Parlament um ein Personalpaket für Europa. Nach Angaben von Unionsfraktionschef Volker Kauder wird sich Kanzlerin Angela Merkel (beide CDU) für den konservativen Spitzenkandidaten Jean-Claude Juncker als neuen EU-Kommissionspräsidenten stark machen. Für SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann ist die Personalie dagegen noch nicht geklärt.

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Die Parteigremien berieten am Montag in Berlin über Konsequenzen aus dem Ausgang der Wahl vom Sonntag. Dabei dürften auch die Reaktionen auf das 7-Prozent-Ergebnis der europakritischen Alternative für Deutschland (AfD) eine Rolle spielen.

Am Montagabend wollten die Parteichefs von Union und SPD, Merkel, Horst Seehofer (CSU) und Sigmar Gabriel (SPD) im Kanzleramt über die Lage sprechen. Deutschland stellt als größtes EU-Land mit 96 Mitgliedern der künftig 751 EU-Parlamentarier zwar die größte Gruppe im EU-Parlament, muss aber bei der Besetzung des wichtigen Präsidentenamts Rücksicht auf die anderen Länder nehmen. Konservative wie Sozialisten sind auf Partner angewiesen - möglich ist auch eine Art große Koalition im EU-Parlament wie in Deutschland.

Zusätzlich kompliziert wird die Situation, weil es auch innerhalb der jeweils eigenen Parteienfamilien Vorbehalte gegen die Spitzenkandidaten Jean-Claude Juncker (Konservative) und den Deutschen Martin Schulz (Sozialisten) gibt. Merkel und Gabriel hatten schon vor der Wahl klar gemacht, dass sie den Eindruck von Mauscheleien bei der Besetzung des Präsidentenpostens vermeiden und sich am Wählerwillen orientieren wollen.

Juncker: "Niemand sollte versuchen, eine andere Mehrheit zustandezubringen"

Juncker hatte am späten Sonntag gesagt: „Es führt im Übrigen auch kein Weg daran vorbei, dass Christdemokraten und Sozialisten im nächsten Europaparlament intensiv sachbezogen, aber auch gefühlsmäßig zusammenarbeiten müssen.“ Er warnte: „Niemand sollte versuchen, eine andere Mehrheit zustandezubringen.“

Schulz äußerte sich am Montag bei einem Auftritt in der SPD-Zentrale in Berlin zunächst nicht zur Personaldebatte. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) blieb in diesem Punkt im Sender n-tv verhalten: „Das Wahlergebnis ist nicht so, dass es ein Durchmarsch für Martin Schulz auf den Kommissionspräsidenten wird.“

Merkel wird sich nach Angaben von Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) für Juncker stark machen. „Wir haben die Wahl gewonnen, Jean-Claude Juncker ist unser Kandidat“, sagte er im ZDF. Man müsse zunächst aber die Neuordnung des Europaparlaments abwarten. In der Europäischen Volkspartei werde man sich klar für Juncker aussprechen.

CDU-Spitzenkandidat David McAllister sagte vor Sitzungen der CDU-Gremien, es gebe zudem „gute Gründe, dass die Union auch wieder den deutschen EU-Kommissar stellt“. Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) habe eine gute Arbeit gemacht.

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Kauder plädierte dafür, dem AfD-Ergebnis nicht zu viel Gewicht beizumessen. „Protestparteien“ könnten immer Potenziale wecken. „Am besten ist es, wenn man sich mit diesen Gruppen gar nicht beschäftigt.“ Die AfD hatte laut vorläufigem amtlichem Endergebnis aus dem Stand sieben Prozent der deutschen Wählerstimmen erreicht.

Seehofer übt Selbstkritik

CSU-Chef Horst Seehofer übte nach den CSU-Verlusten Selbstkritik. „Das ist eine Wahlniederlage, für die übernehme ich auch die Verantwortung“, sagte er in München. In der Parteispitze gibt es Kritik am Spagat zwischen dem Bekenntnis zu Europa und den Attacken auf die EU-Kommission im Wahlkampf.

Bei der Europawahl hatten die Unionsparteien in Deutschland ihre Vorrangstellung verteidigt. Wegen herber CSU-Verluste erreichten sie nach dem vorläufigen Endergebnis aber nur 35,3 Prozent - ihr bislang schlechtestes Europa-Ergebnis. Die SPD kletterte auf 27,3 Prozent. Die Grünen sackten auf 10,7 Prozent ab. Die Linke stagnierte bei 7,4. Die die FDP stürzte auf 3,4 Prozent. Damit ergibt sich folgende deutsche Sitzverteilung im Straßburger Parlament: CDU/CSU 34 Mandate, SPD 27, Grüne 11, Linke 7, FDP 3 und AfD 7.

Außerdem erhalten wegen des erstmaligen Wegfalls der Sperrklausel sieben Kleinparteien je einen Sitz: die rechtsextreme NPD, die Piratenpartei, Freie Wähler, Tierschutzpartei, Familienpartei, ÖDP und „Die Partei“.