Das Epilepsiezentrum der Diakonie Kork ist Anlaufstelle für Betroffene aus der ganzen Bundesrepublik. Foto: Bildstein

Die Diagnose Epilepsie kann das Leben auf den Kopf stellen – besonders für kleine Kinder und ihre Familien. Eine neue Selbsthilfegruppe im Umfeld der Diakonie Kork will Eltern unterstützen, Sicherheit im Umgang mit der Krankheit zu gewinnen.

Kehl - "Es besteht ein sehr hoher Bedarf an offenen Ohren und helfenden Händen – auf Augenhöhe", erklärt Julia Kiekert-Lenz, Initiatorin der Selbsthilfegruppe "Epilepsie Kinder Kork" (Epikiko), im Gespräch mit unserer Redaktion. Sie weiß, wovon sie spricht: Bei ihrer vierjährigen Tochter wurde die Erkrankung im Frühjahr diagnostiziert. Nach drei mehrwöchigen stationären Aufenthalten im Epilepsiezentrum Kork ist sie medikamentös gut eingestellt – und anfallfrei. "Der Weg war steinig", resümiert die 34-jährige Mutter und betont: "Epilepsie ist nicht so schnell in den Griff zu kriegen wie ein Schnupfen."

Eltern sind in der ersten Zeit nach der Diagnose stark gefordert

Die richtige Behandlung für die neurologische Erkrankung zu finden, ist zeitintensiv. Eltern ganz junger Patienten können bei ihren Kindern im Zimmer oder in nahen Elternhäusern oder einem Hotel übernachten. Zwar gebe es Angebote, die die Eltern entlasten – trotzdem seien sie stark gefordert, so Kiekert-Lenz.

Neben der konkreten Sorge um die Gesundheit des Kindes müssten sie aber auch mit vielen Begleiterscheinungen umgehen lernen – und der eigenen Angst. "Anfälle können in jeder Situation zuschlagen: etwa auf dem Spielplatz oder auf dem Weg zur Schule", berichtet Kiekert-Lenz. Bei einem Anfall können manchmal nur einzelne Muskeln zucken, es kann aber auch der gesamte Körper krampfen und man verliert das Bewusstsein. Ihre eigene Tochter musste deswegen im Alltag zeitweise einen Helm tragen. Vor allem die "gnadenlose Unvorhersehbarkeit" schüre Ängste – auch im Kindergarten oder der Schule.

Vielen Kindergärten ist Verantwortung zu viel

"Viele Kinder werden aus dem Kindergarten geschmissen, weil man sich nicht zutraut, mit den Anfällen umzugehen", berichtet Kiekert-Lenz aus ihren Erfahrungen im Kontakt mit anderen Eltern. Die Sorge sei groß, ein Kind könne sich etwa bei einem Sturz verletzen, die Eltern die Einrichtung deswegen verklagen. "Vielen ist Verantwortung zu groß", erläutert die 34-Jährige. "Leider ist die Epilepsie immer noch stigmatisiert." Deswegen hoffe sie, mit der Selbsthilfegruppe auch Aufklärungsarbeit zu leisten.

Primär geht es aber darum, den Eltern eine Möglichkeit zu bieten, sich auszutauschen. "Wir wollen helfen, das innere Chaos, das nach der Diagnose in uns allen vorherrscht, ein wenig zu ordnen", so Kiekert-Lenz. Mit ihrer Idee, eine Selbsthilfegruppe zu gründen, stieß die 34-Jährige bei der Leitung des Epilepsiezentrums und dessen Förderverein "Epicura" auf offene Ohren.

Erstes Treffen findet am 18. Januar statt

Räumlichkeiten stellt der Verein "Vielfältiges Kork" in der alten Grundschule, Herrenstraße 9, zur Verfügung – nur eine Gehminute von der Diakonie entfernt. "Wir wollen uns jeden ersten und dritten Mittwoch im Monat um 19.30 Uhr treffen", berichtet Kiekert-Lenz. Mit Rebecca Hund, ebenfalls Mutter eines betroffenen Kindes, bildet sie das Führungsduo der neuen Gruppe. Das erste Treffen findet am 18. Januar statt, acht bis zehn Elternteile hätten sich bereits angekündigt, so Kiekert-Lenz. Zu erreichen ist die Gruppe per E-Mail an epikiko@web.de

"Das Wichtigste ist – wenn ich so zurückblicke – Selbstsicherheit zu gewinnen", erklärt die 34-Jährige. "Ich lass mir von diesem unsichtbaren Schatten, der überallhin mitgeht, nicht mein Leben diktieren." Anderen Eltern wolle sie nun helfen, diese Sicherheit zu gewinnen.