Ein Vater-Sohn-Konflikt beschäftigte das Amtsgericht Horb. Hatte der Vater seinen Sohn absichtlich getroffen? Der Prozess gab Einblicke in schwierige familiäre Verhältnisse.
Auf der Anklagebank: ein 45-jähriger Mann, der seinen damals 16-jährigen Sohn mit einem abgebrochenen Besenstil am Kopf verletzt haben soll. Der Fall, verhandelt von Richterin Jennifer Dallas-Buob, offenbarte eine zerrüttete Familiengeschichte voller Spannungen und gegenseitiger Provokationen.
Die Tat ereignete sich in einem Horber Ortsteil. Der Sohn war zeitweise beim Vater untergekommen, nachdem das Verhältnis zur Mutter zerrüttet gewesen sei. Doch auch das Zusammenleben mit dem Vater eskalierte, wie der Vater vor Gericht schildert: angeblicher Drogenkonsum des Sohnes, Schulabbruch, abgebrochene Therapie, Beleidigungen und Erpressung hätten das Verhältnis schwer belastet.
Vater: Nach Handy geschlagen – nicht nach dem Sohn
Der Vater schilderte vor Gericht, wie sein Sohn ihn gefilmt (nicht das erste Mal), getreten und bespuckt habe. In dieser Situation habe er mit einem Besenstil nach dem Handy geschlagen – nicht nach dem Sohn. „Dass ich ihn getroffen habe, habe ich nicht gewusst und nicht gewollt“, sagte der Angeklagte. Er zeigte sich reumütig: „Es tut mir leid, dass ich ihn überhaupt getroffen habe.“ Das verwackelte Video wurde dann auch im Gerichtssaal gezeigt.
Sohn filmt den aufgebrachten Vater
Die Richterin ordnete an, dass der Sohn separat aussagen darf. Der heute 17-Jährige hat keinen Kontakt mehr zum Vater, schilderte den Vorfall aus seiner Sicht deutlich anders. Er habe das Handy gezückt, um den aufgebrachten Vater zu filmen – da sei dieser mit dem Besenstil auf ihn losgegangen. Eine Platzwunde an der Stirn und Kratzer seien die Folge gewesen, die er aber erst später bemerkt habe.
Der Vater habe ihn zuvor beleidigt und mit der neuen Lebensgefährtin, der Mutter seiner Ex-Freundin, provoziert. Der Jugendliche gab zu, den Vater ebenfalls beleidigt und nach dem Schlag geohrfeigt zu haben. Schon in der Vergangenheit sei der Vater körperlich geworden. Ein Zeuge – der Freund des Sohnes – war trotz Ladung nicht erschienen und bekam dafür ein Ordnungsgeld auferlegt.
Provokationen auf beiden Seiten
Oberstaatsanwalt Wagner betonte, dass es sich nicht um einen einseitigen Übergriff gehandelt habe: „Der Sohn hat seinen Teil zur Eskalation beigetragen. Aber der Vater ist der Erwachsene – von ihm erwartet man, dass er sich im Griff hat.“ Zwar sei der Schlag kein „ansatzloser Angriff“, doch ein „mindestens bedingter Vorsatz“ sei erkennbar. Auch Richterin Dallas-Buob sah eine Mitschuld auf beiden Seiten: „Es gab wechselseitige Provokationen.“
Am Ende einigen sich alle Parteien auf eine Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage: 1000 Euro soll der Angeklagte an den Kinderschutzbund Freudenstadt zahlen. Wegen finanzieller Engpässe darf er in fünf Raten zu je 200 Euro zahlen. Am Ende fließen die Tränen beim Vater. Sein Sohn war zuvor schon aus dem Saal gegangen, ohne seinen Vater anzuschauen.