Einen offeneren Umgang mit dem Thema Tod und Trauer wünschen sich vor allem Jüngere. (Symbolfoto) Foto: © Floydine – stock.adobe.com

Karla, Franziska und Kerstin sind drei junge Frauen aus einer Trauerbegleitungsgruppe von Ulrike Wolf. Sie sprechen über ihre Erfahrungen, einen geliebten Menschen verloren zu haben, und geben praktische Tipps.

Rottweil - "Wir wünschen uns, dass das Thema Sterben, Tod und Trauer nicht mehr so tabuisiert wird", betonen drei junge Frauen, Karla, Franziska und Kerstin, die alle eines verbindet: Sie haben einen geliebten Menschen verloren. Wem das passiert, für den bricht eine Welt zusammen – manchmal innerhalb weniger Sekunden. Trauer, Verzweiflung und unendlicher Schmerz beherrschen den Alltag. Viele tun sich schwer, aus dem "Loch" wieder rauszukommen.

In Zeiten von Corona hat die Trauerthematik nochmal eine ganz andere Dimension bekommen, weiß Trauerberaterin Ulrike Wolf. Sie leitet Trauergruppen für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene – allesamt Angebote der katholischen Dekanate Rottweil und Tuttlingen/Spaichingen in Kooperation mit der katholischen Erwachsenenbildung im Kreis Rottweil.

Drei junge Frauen aus ihren Gruppen melden sich hier zu Wort, weil sie bedauern, dass viele Menschen nicht wissen, wie sie mit den Themen Tod und Sterben, oder auch mit Trauernden umgehen sollen. Dass der Tod in der Gesellschaft eben nicht zum Leben gehört, sondern noch immer tabuisiert wird, das würden sie gerne ändern.

"Ich habe im Jahr 2020 meine Mama verloren und auch selbst die Erfahrung machen müssen, dass ich mich mit dem Thema Sterben eigentlich vorher nie beschäftigt hatte", erzählt Karla, die froh ist, in der Trauergruppe Menschen getroffen zu haben, denen es ähnlich erging. Sie beschreibt die Situation als ein Karussell, "das in voller Fahrt ist und von dem man plötzlich herunterfällt". Für alle drehe es sich oder gehe das Leben weiter. Trauernde hätten das Gefühl, dass die Zeit stillstehen würde. "Es tut weh, dass es totgeschwiegen wird", so die drei, die sich sicher sind, dass viele Leute Berührungsängste haben.

"Anfangs waren viele Leute da, aber wenn man dann wirklich jemanden braucht, dann sind es nur wenige, die einen begleiten", sagt Kerstin aus eigener Erfahrung. Man lerne sehr schnell, welche die eigentlichen Freunde seien. Und oft habe man den Eindruck, dass die Leute froh seien, wenn sie nicht über den Tod reden müssten.

Ein ungeliebtes Gefühl

"Trauer ist ein ungeliebtes Gefühl, das man versucht, aus dem Leben herauszuhalten", weiß Ulrike Wolf. Nur im Gespräch könne man mit Berührungsängsten, Tabus und Missverständnissen aufräumen. Und eine wirkliche Gebrauchsanweisung für die Thematik gebe es nicht, da jeder Trauerfall individuell sei und jeder ihn anders erlebe.

Erst als die Bestattungskultur begonnen habe, den Tod aus dem Alltag zu drängen, habe sich die Thematik so entwickelt, weiß Ulrike Wolf. Früher seien die Leute daheim im Kreis der Familie gestorben, Nachbarn und Bekannten seien vorbeigekommen, um Abschied zu nehmen. Das sei ganz normal gewesen und Kinder hätten das schon so miterlebt. Über viele Jahre seien Menschen dann aber ganz allein in den Krankenhäusern gestorben. In den vergangenen Jahren habe es eine Umkehr gegeben – in den Kliniken, wie auch bei den Bestattern.

"Es ist auch sehr wichtig, den Abschied zu gestalten", betont Wolf – das bestätigen die drei Gesprächspartnerinnen. Viele Bestatter würden sich darum bemühen, dass der Tod wieder mehr Bestandteil des Lebens werde. Und das sei gut und wichtig so.

Die Phasen der Trauer seien ganz unterschiedlich. "Anfangs ist es ein Schock, da wollte ich auch nicht reden, sondern war mit mir selbst beschäftigt", berichtet Karla. Oft brauche man Gesprächspartner oder Hilfe erst viel später, "dann, wenn das Thema für alle Nichtbetroffenen schon längst durch ist", bedauert Franziska. Vielfach sei zudem die Kommunikation unbeholfen, was sehr verletzend sein könne. Aussagen wie, "das wird wieder gut", "das habe ich auch schon miterlebt" oder "bist du da immer noch nicht drüber weg?" würden nicht weiterhelfen, sondern eher verletzen. "Man darf doch auch ruhig mal sagen, dass einem die Worte fehlen", so die drei jungen Frauen. "Manche haben auch nicht die Kraft dazu. Müssen sie aber nicht. Gemeinsam schweigen ist besser, als das falsche zu sagen", sind sie sich einig. "Zudem wäre es gut, wenn einen die Leute direkt ansprächen, was passiert ist, und nicht über einen reden", rät Kerstin. "Keiner muss stark sein ohne Stärke", sagt sie und rät, erst zu einem späteren Zeitpunkt nachzufragen, wie man helfen könne. "Bis man wirklich realisiert, was geschehen ist, vergeht gut ein halbes Jahr". "In der Schockstarre fragt man nicht um Hilfe", sagt Karla. Über einfache Gesten wie Blumen oder Essen würde man sich aber freuen.

Unterstützung

"Auch wenn sich viele nicht trauen, aber es ist besser, Hilfsangebote vorher abzuklären und nachzufragen, wer was braucht", sagt Ulrike Wolf. Alle jungen Frauen sind froh, dass sie in den Trauergruppen von Uli Wolf Unterstützung und Austausch erfahren haben. Ulrike Wolf begleitet Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in den schweren Stunden des Abschiednehmens, auf dem Weg der Trauer.  Wer sich für die Trauergruppen interessiert, Fragen hat oder für die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen spenden möchte, der kann sich mit Uli Wolf in Verbindung setzen: Telefon 0741/34 85 33 42 und 0157/ 32 77 42 44 oder E-Mail: trauer_beratung@keb-rottweil.de.