Wie verwandelt man die Ortsmitte von Eutingen in eine lebendige und verkehrsberuhigte Zone? Vor dieser Aufgabe steht der Gemeinderat, der sich dafür die Hilfe des Experten-Teams der Firma Rapp aus Basel geholt hat.
Niklas Maaßen, Projektleiter Mobilität & Logistik bei der schweizerischen Expertengruppe stellte bei der Gemeinderatssitzung dazu seine grundsätzlichen Informationen vor. Er sagte über sein Konzept, dass hier noch nichts in Stein gemeißelt sei. Man solle es eher als ersten Zwischenbericht werten.
Grundsätzlich gebe es bei so einer Betrachtung zehn Felder, die ineinandergreifen. Und fünf übergeordnete Ziele seien zu beachten. Dies seien der Fußverkehr, der ruhende Verkehr, der Radverkehr, der individuelle Automobilverkehr sowie das ÖPNV und das Mobilitätsmanagement. Als Ziele der kommunalen Verkehrsplanung nannte er die Verbesserung der Aufenthaltsqualität durch Gestaltung des Straßenraums, Entlastung der Wohnviertel vom Kfz-Verkehr sowie die Minimierung der sozialen Trennwirkung von Hauptverkehrsstraßen. In Bezug auf Umweltaspekte sei auf die Verringerung der Lärm- und Luftschadstoffbelastungen und die Minimierung der Versiegelung zu achten.
Die Verkehrsqualität
Beim Punkt Verkehrsqualität hob er die Erreichbarkeit von Standorten, die Stärkung des Umweltverbundes (ÖPNV, Rad- und Fußverkehr), die Verkehrssicherheit und Barrierefreiheit sowie die soziale Teilhabe hervor. Bei der Finanzierung all dieser Ziele sollte man zudem auf die Verringerung der kommunalen Investitions- und Erhaltungskosten achten.
Um dies alles umsetzen zu können, müsste man für Eutingen eine Eierlegende Wollmilchsau in der Quadratur des Kreises anschaffen, denn die Voraussetzungen für ein solches Vorhaben sind alles andere als ideal. Das weiß auch der Gemeinderat.
Hoher Schwerverkehrsanteil
Eutingen hat eine sehr hohe Verkehrsbelastung mit überproportionalem Schwerverkehrsanteil in der Ortsdurchfahrt und eine nachhaltige Verbesserung der Situation ist nicht gegeben. Zwar konnte man zumindest bis zur Fertigstellung der Hochbrücke Horb im Jahr 2025 aus Lärmschutzgründen ein Tempo 30 auf der B 28 erreichen, doch ist eine Südumfahrung kurz- oder mittelfristig nicht absehbar, trotz durchgehend hoher KFZ-Belastung von etwa 10 000 KFZ und 2000 LKW in der Ortsdurchfahrt pro Tag. „Die Regierungspräsidentin empfahl nach ihrem Besuch in Eutingen die Erstellung eines „Verkehrsplankonzepts“, ohne das keine weiteren Schritte erfolgen können“, fügte Maaßen seinen Ausführungen an.
In der Folge seiner Präsentation beschäftigte er sich mit Ist-Werten, Statistiken und damit, was sein Unternehmen als Aufgabenstellung übernimmt. Der primäre Untersuchungsraum in Eutingen konzentriert sich auf die Haupt-, Markt-, Bahnhof- und Bergstraße.
Gerade die Marktstraße böte Potenzial, um den Ort attraktiver zu machen, glaubt der Planer und verdeutlichte dies an einer visualisierten Gegenüberstellung, bei der die Marktstraße plötzlich viel breiter dargestellt und ausgebaut wurde. Klar war für den Planer auch, dass man hier eine Tempo-30-Zone einrichten muss und der Schwerpunkt auf Aufenthaltsqualität in dieser neuen Eutinger Ortsmitte zu legen sei.
Mitte 2024 als Ziel
Auch schlugen die Rapp-Experten im ersten Schritt ihrer Präsentation vor, dass man die vorgeschlagene Fahrbahnmarkierung der Marktstraße direkt in die B 28 reinführt, um dem Verkehr zu signalisieren, dass hier eine wichtige Straße kreuzt. Wie eingangs erwähnt, waren dies alle nur Anregungen und eine erste Ist-Aufnahme. Nun müssen Maßnahmen folgen, denn Maaßen nannte Mitte 2024 als Ziel, um ein tragfertiges Modell vorstellen zu können.
Was sagt der Gemeinderat dazu? Nach einem schnellen Ritt durch eine große Informationsflut ging Bürgermeister Markus Tideman auf einige spezielle Aspekte ein. Unter anderem auf eine optische Sichtbarkeit der Einmündung von der Marktstraße in die Einfahrt der Hauptstraße, die er nicht für zielführend hält. „Wegen einem anderen Straßenbelag bremst kein Verkehrsteilnehmer“, so sein pragmatischer Einwand.
LKWs auf Hochbrücke umleiten
Rat Anton Friedrich freute sich darüber, dass der Planer oft das Wort: LKW-Fahrverbot in den Mund nahm. Er fragt trotz besserem Wissen nach, ob es tatsächliche Chancen gibt, dass man als Gemeinde Druck machen könne, dass der Schwerlastverkehr auf die Hochbrücke umgeleitet wird, anstatt durch den Ort zu fahren.
Dazu gab Maaßen nur eine sehr vage Antwort, doch es wurde klargestellt, dass man aufgrund des sehr hohen Verkehrsaufkommens und der klaren Absage in Bezug auf eine Umgehungsstraße zwar einen juristischen Stellhebel in die Hand bekommt, der jedoch keine rechtliche Grundlage darstellt.
Markus Tideman korrigierte diese Aussage: „Das ist für uns eher ein politischer Stellhebel, doch ich setzte hier mehr auf die Lärmaktionsplanung und die Umsetzung des Verkehrskonzeptes“. „Was wir wollen, ist die Ortsmitte attraktiv zu gestalten. Und hier bietet sich die Marktstraße ideal an“, so der derzeit einzig greifbare Ansatzpunkt.
Für den Weitinger Gemeinderat Andreas Gaus stellt sich jedoch die Frage: „Kümmern wir uns um den Verkehr oder um „schöner Wohnen“ in der Marktstraße?“
Bürgermeisterstellvertreter Winfried Seel ist der Meinung, dass das Verkehrslenkungskonzept mithelfen könne, dass der Verkehr in der B 28 weniger wird und dass die Konzentration auf die Marktstraße ein schöner Nebeneffekt ist.
LKW-Fahrverbot schwierig
„Das würde das Gebilde mit den Geschäften aufwerten“, so seine Einschätzung. „Für mich ist klar, dass der Schwerverkehr durch den Ort reduziert werden muss – ein LKW-Fahrverbot werden wir aber nicht hinbekommen“, sagte Seele abschließend.
Bei der Frage vom Planer, ob man eine Form von Bürgerbeteiligung als reine schriftliche Befragung oder in Form von Workshops machen soll, kam man klar auf eine Präsenzveranstaltung, die man vermutlich im September, spätestens im Oktober dieses Jahres durchführen möchte.
Im Fazit zu dieser Präsentation darf man feststellen, dass zwar theoretische Ansätze vorhanden sind, doch reale Planfälle erarbeitet und analysiert werden und auf Eutinger Bedingungen hin abglichen werden müssen. Und hier steckt der Teufel im Detail.