Weniger Autoverkehr in Hechingen – wie dieses Ziel des Projekt Klima Mobil erreicht werden soll, ist nach dem Scheitern der Marktplatz-Fußgängerzonen-Experiments wieder völlig unklar. Die anderen Projektstädte sind da teilweise schon viel weiter. Foto: Stopper

Hängt Hechingen hinterher? Die Stadt ist eine von 15 Kommunen, die den Zuschlag beim Landesprojekt "Klima Mobil" erhalten hat. Die anderen haben schon konkrete Pläne. Hechingen nicht.

Hechingen - Der Fairness halber muss erwähnt werden, dass derzeit zwei für dieses Projekt entscheidende Fachbereichsleiterstellen im Rathaus unbesetzt sind. Trotzdem gilt: Geld für Berater zum Ausarbeiten von Konzepten fließt bereits. Es gab auch ein Projekt: Testweise sollte der Marktplatz Fußgängerzone werden. Auf der Klima-Mobil-Homepage preist bis heute ein Film mit Bürgermeister Hahn das Fußgängerzonen-Vorhaben an. Es scheint sich nicht herumgesprochen zu haben, dass Hechingen nach Protesten die Fußgängerzone einfach wieder beerdigt hat. Was stattdessen angepeilt wird, das scheint aktuell völlig offen.

Die Gruppe der Kommunen, die für "Klima Mobil" ausgewählt wurden, ist beeindruckend. Freiburg und Karlsruhe gehören dazu. Lässt sich vielleicht schlecht vergleichen. Aber auch Ravensburg macht mit (über 50 000 Einwohner) oder Simonswald (über 3000 Einwohner). Und wer im Internet "Klima Mobil" eingibt, kann lesen, was die für Pläne habent:

Hechingen hat da von Anfang an einen selbstkritischen Text drinstehen, in dem von "herausfordernder Topografie" die Rede ist, die "selbstaktive Mobilität" erschwert. Gemeint ist wohl laufen und radeln. Bleibt dem Hechinger zum Vorwärtskommen nur der Autoverkehr, der im Text aber für Leerständen in der Innenstadt sowie "soziale und wirtschaftliche" Verkümmerung der Altstadt verantwortlich gemacht wird. Klingt recht pessimistisch. Machen es andere Kommunen besser?

Freiburg

Um mal etwas unfair mit Freiburg anzufangen: Jedem, der dort mit Auto in die Innenstadt fährt, steht schnell der Angstschweiß auf der Stirn angesichts resoluter Radler mit tatsächlicher oder gefühlter Dauervorfahrt. Den meisten Autoverkehr machen hier laut Homepage 80 000 Pendler aus. Das sollen künftig deutlich weniger werden. Dafür werden im Umland neue Park&Ride-Plätze eingerichtet, auf denen man nur mit ÖPNV-Ticket parken darf. In der Stadt werden Parkplätze verteuert oder abgeschafft. Es gab bereits eine Info-Veranstaltung für die Umlandgemeinden. Von Protest ist nicht viel zu hören.

Karlsruhe

Auch in Badens Hauptstadt-Innenstadt sind Radler König und Autofahrer gut beraten, ständig sämtliche Rückspiegel im Blick zu halten, um nirgends die zahllosen Radler zu behindern. Nun nimmt sich die Fächerstadt die Herrenalberstraße vor, die vom Autobahnanschluss in die Innenstadt führt. Sie soll für Autos schmaler werden, dafür sollen Radstreifen angelegt werden. Dass das Autofahrer nervt, wird in Kauf genommen. Man verweist dann einfach auf den gut ausgebauten ÖPNV. Als Ziel soll die Autobahn-Einfallschneise ihre bisherige "Trennwirkung" für die Anwohner verlieren.

Ravensburg

Hier gibt es nicht nur einer der schönsten Altstädte Oberschwabens, sondern – Hechinger aufgepasst – unter dem zentralen Marienplatz in der Stadt eine große Tiefgarage, von der die Einkaufskunden direkt in die Fußgängerzone strömen. Diese Fußgängerzone soll nun ausgeweitet werden. Zudem wird die außen an der noch erhaltenen Stadtmauer entlangführende Karlstraße – einst Prachtboulevard der Stadt, heute verkehrsdurchtoster Innenstadtring – verkehrsberuhigt. Es sind hier "Begegnungszonen" geplant, auf denen Radler und Fußgänger mit Autofahrern gleichberechtigt sind. Damit soll "die alte Prachtstraße wieder zum Leben erweckt werden". Für Autofahrer wird es ungemütlicher in der Stadt. Vielleicht ein Anreiz, auf Rad oder ÖPNV umzusteigen.

Simonswald

Gut, das waren jetzt größere Städte als Hechingen. Vielleicht ist es da irgendwie einfacher, Projekte zur Verkehrsberuhigung durchzusetzen. Aber in Kleinstädten ist das Auto lebenswichtig. Glauben Hechinger. Wie sieht es da in Simonswald aus, das mit seinen etwas mehr als 3000 Einwohner abgelegen in einem Tal des Südschwarzwald schlummert? Hier ist die Landesstraße das Problem, die mitten durch den Ort fließt. Laut und lästig, finden das viele. Also soll hier künftig Tempo 20 gelten, die Straße wird schmaler, um für Radler und Fußgänger mehr Platz zu schaffen. Für die Einwohner der Seitentäler soll zudem die E-Bike-Infratstruktur verbessert werden. Man muss ja nicht immer auf vier Rädern anrollen.

Ein wenig Science-Fiction leistet man sich auch: "Autonome Busse" könnten einst Autofahrten ersetzen.

Hechingens Verwaltung und Gemeinderat sollten sich nach der Absage für eine Marktplatz-Fußgängerzone baldmöglichst ein alternatives Auto-Vermeidungs-Projekt einfallen lassen, das mit denen anderer Städte mithalten kann. Hechingen besteht ja nicht nur aus dem Marktplatz.