Zeugt vom Selbstbewusstsein in Strümpfelbach: Der Neubau des Weinguts Knauß mit viel Beton, Stahl und Holz setzt am Ortseingang ein Ausrufezeichen. Foto: Michele Danze

An Weihnachten gibt’s Wein aus Österreich, den besten. Für Andi Knauß ist das nur folgerichtig: Nur wenn er weiß, was international möglich ist, erweitert ein Wengerter seinen Horizont. Ein Gespräch mit dem württembergischen Senkrechtstarter.

Stuttgart – An Weihnachten gibt’s Wein aus Österreich, den besten. Für Andi Knauß ist das nur folgerichtig: Nur wenn er weiß, was international möglich ist, erweitert ein Wengerter seinen Horizont. Ein Gespräch mit dem württembergischen Senkrechtstarter.

Hallo Herr Knauß, welchen Wein gibt es eigentlich beim Winzer an Weihnachten?
Ganz sicher nicht den eigenen.

Weil der nicht schmeckt?
Nein! Weil ich den kenne, wie die Weine der Kollegen hier in der Gegend. Das wäre einfach zu langweilig. Wir trinken einen Salzberg 2006 vom Weingut Heinrich aus Gols.


Jahrgang 2006 muss sein?
Ja klar, das ist wichtig. Wir trinken ja kein junges Gemüse, das wäre Kindsmord!

Der Salzberg gilt als bester Wein Österreichs, der ist auch nicht billig.
Deshalb trinkt man so einen Wein nicht jeden Tag. Aber wenn wir Winzer aus Württemberg für unsere Spitzenprodukte bis zu 40 Euro verlangen, sollten wir auch bereit sein, so viel Geld für eine Flasche Wein auszugeben.

Das leuchtet ein. Aber viele Menschen finden es dennoch übertrieben, so viel Geld für ein Getränk auszugeben.
. . . und die fahren dann eine Daimler-S-Klasse. Ich finde, wenn ein Produkt das wert ist, darf man auch dafür Geld ausgeben. Überhaupt hat sich das wesentlich verändert, ich wüsste keinen Winzer in meinem Alter, der nicht einen Haufen Geld für große internationale Weine ausgibt. Das wäre doch früher in der älteren Winzergeneration undenkbar gewesen.

Und warum, wenn unsere auch schmecken?
Nur auf diese Art erkennt man, was alles möglich ist. Und mit dieser Erkenntnis machen wir dann große Weine im Remstal.

Große?
Genau. Nicht nur gute Weine, sondern große! Das ist unser Ziel.

Und wann ist das erreicht?
Ich denke wir sind schon soweit, es gibt hier große Weine. Ich für mich kann sagen, dass wir nach drei, vier Jahren unseren Weg gefunden haben.

Und der lautet: Auch Württemberger können fette Rotweine produzieren?
. . . dicke Weine mit viel Alkohol. Nein, das ist nicht unser Weg. Wir benutzen nur noch zu 20 Prozent neues Holz, auch größere Fässer. Wir vergären die meisten Weine spontan, also mit der Hefe aus dem Weinberg. Das klappt gut, nur die Weißweine hören dann im Winter mal auf zu gären, sie fangen dann aber im Frühjahr wieder an. Wir legen wert auf mineralische und filigrane Weine.

„Da glaube ich fest an den Lemberger, das ist definitiv die größte Sorte hier“

. . . mit denen Sie auch ziemlich erfolgreich sind? Bei den Weinführern noch nicht so sehr wie in der Gastronomie und im Handel.
Stimmt, aber das sehe ich sehr entspannt. Wichtiger ist doch, dass unsere Qualität stimmt – und natürlich die Vermarktung. Und da läuft es ganz gut. Wir exportieren inzwischen in die Niederlande, in die Schweiz und die Vereinigten Staaten, das macht außer dem Rainer (Schnaitmann, Anm. d. Red) eigentlich kaum jemand.

Hat der Export tatsächlich eine Bedeutung?
Bei uns macht das immerhin drei bis vier Prozent aus. Aber unser Ziel ist es natürlich auch, dass wir dadurch das Remstal international bekannter machen. Großen Wein zu produzieren allein reicht nicht, die anderen müssen auch wissen, dass es ihn gibt.

Und mit welchem Wein, also welcher Sorte erreicht Württemberg dies?
Da glaube ich fest an den Lemberger, das ist definitiv die größte Sorte hier, und damit heben wir uns auch von der Masse ab, den gibt’s ansonsten ja nur in Österreich und Ungarn.

Aber trotz der großen Weine gibt’s noch ein bisschen Potenzial?
Auf jeden Fall, da lässt sich noch einiges rauskitzeln. Wir müssen vor allem weiter auf die Böden schauen und mit den Lagen arbeiten, da können wir uns noch viel mehr Wissen aneignen.

Apropos von der Masse abheben: Mit ihrem Neubau gelingt Ihnen das. Ein Ausrufezeichen am Strümpfelbacher Ortsrand?
Ich bin sehr glücklich über das neue Gebäude. Es erleichtert uns die Arbeit doch sehr, im alten Betrieb war’s zuletzt doch eng, und mit mehr Raum kann man einfach besser arbeiten, das kommt den Weinen zugute.

Die Optik ist doch eher modern?
Das würde ich gar nicht sagen, ich finde die Architektur eher zeitlos. Das ganze Ensemble fügt sich gut in die Landschaft ein, verbindet die Tradition mit der Moderne. Ein bisschen spiegelt sich darin unsere Philosophie der Weine wider, zeitlos und filigran.

Wein und Architektur werden häufiger in einem Atemzug genannt, in Vorträgen und Büchern, warum nur?
Wie beim Wein bietet sich in der Architektur der Freiraum zur Entfaltung, und damit die Möglichkeit, sich auszudrücken. Genau das versuchen wir mit unserem Wein.

Das Gebäude drückt aber auch jede Menge Selbstbewusstsein aus . . .
Genau dieses haben wir bei unseren Weinen ja auch. Das Gebäude ist nicht protzig, aber selbstbewusst. Das klingt doch gut und passt gut zu Württemberg.