Die Kapelle Maria Heimsuchung in Zollhaus suchte Sophie Scholl oft auf, um zu beten und um ihre Gedanken zu ordnen.Foto: Lutz Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Sophie Scholl oft in der Kapelle in Zollhaus / Im evangelischen Kinderhort gearbeitet

Der städtische Kindergarten in Blumberg ist nach der Widerstandskämpferin Sophie Scholl benannt. Vom 11. Oktober 1941 bis zum 27. März 1942 lebte Sophie Scholl in Blumberg und arbeitete als Kindergärtnerin.

Blumberg (blu). Für Sophie Scholl war Blumberg ein Wendepunkt, eine Zeit, in der sie begann, sich vom Führer Adolf Hitler und den Nationalsozialisten abzuwenden, um sich später dem Widerstand gegen das menschenverachtende Regime der Nationalsozialisten anzuschließen. Die Widerstandsgruppe wurde unter dem Namen "Weiße Rose" bekannt.

Den ersten Kontakt zu einem Menschen aus Blumberg hatte Sophie in Krauchenwies beim Reichsarbeitsdienst, der für sie am 6. April 1941 begann. Es war Hildegard Schüle aus Zollhaus, und sie war offenbar die einzige, die sich für Sophie interessierte, schildert Schüles Tochter Angelika Maus. "Sophie Scholl war sehr feinfühlig. Wichtig für sie waren die Werte und der christliche Glaube", habe ihr die Mutter berichtet, sagt Angelika Maus. Sophie sei wie ihre Mutter in einer religiös verwurzelten Familie aufgewachsen. Die Familie Maus in Blumberg war für alles in der Kapelle Maria Heimsuchung zuständig, seit das Gotteshaus 1909 gegenüber ihrem Wohnhaus in der Waldshuter Straße erbaut wurde.

Ihre Mutter und Sophie Scholl waren in Krauchenwies wie die anderen Frauen als Dorfhelferinnen in den Familien eingesetzt, um den Bäuerinnen, deren Männer im Krieg waren, zur Hand zu gehen und mussten alles erledigen – von der Wäsche bis zum Stall ausmisten. "Das war wirklich eine Herausforderung für die jungen Frauen", weiß Angelika Maus. Da sei es bei den Frauen zum Teil wie auf dem Kasernenhof zugegangen. Sie hatten Appelle, "da sind die Röcke abgemessen worden, dass sie die gleiche Länge hatten".

Sophie Scholl fühlte sich beim Reichsarbeitsdienst unwohl. Angelika Maus zeigt ein Gruppenfoto aus Krauchenwies, Sophie Scholl steht links außen und schaut weg. Sie wollte weg, wollte studieren. Kurz vor dem Ende kam ein Führererlass, wonach der Dienst um sechs Monate verlängert wurde, für sie ein herber Schlag.

Dadurch kam sie per Zufall nach Blumberg. Ein Ort wo der Doggererzabbau alles durcheinander brachte, wo die Arbeiter in Baracken untergebracht waren und zum Teil ein rauer Umgangston herrschte. Und just in diesem halben Jahr wurde der Erzabbau wieder eingestellt, für Blumberg der nächste Schlag. Ihr einziger Lichtblick war, dass ihre Freundin Hildegard dort lebte und wie Sophie als Kindergärtnerin tätig war. Oft schaute sie bei der Familie vorbei, wurde im Haus von Hildegards Eltern Josefine und Rudolf Schüle herzlich aufgenommen.

Sophie Scholl betreute im evangelischen Kinderhort in Blumberg Kinder von Frauen, die in "kriegswichtigen Betrieben arbeitsverpflichtet waren", und war im Arbeitslager "Im Winkel" in Blumberg untergebracht. Hildegard Schüle kümmerte sich im Kindergarten in Zollhaus, einer Baracke hinter der Kapelle, um die Kinder und durfte zuhause übernachten.

"Und dann war die Kirche ihr Angelpunkt, da hat sie Ruhe und Erholung gefunden und konnte ihre Gedanken und alles, was sie bewegt hat, sortieren." Ihre Gedanken behielt sie meistens für sich, vertraute sie ihrem Tagebuch an oder schilderte sie in Briefen. "Meine Mutter war so eingebunden in unser Lebensmittelgeschäft und in die Metzgerei, da musste man Märkle kleben bis tief in die Nacht", da habe ihr auch die Zeit gefehlt, um mit Sophie tiefschürfende Gespräche führen zu können, sagt Angelika Maus.

Die Zeit in Blumberg habe bei Sophie einen enormen Umdenkungsprozess eingeleitet. Schon als 13-Jährige war sie in den "Bund deutscher Mädchen" eingetreten, wurde Scharführerin und hatte "meinem Führer Adolf Hitler mein ganzes Leben lang unverbrüchliche Treue" geschworen. Dann habe sie über ihren Bruder, der an der Ostfront war, erfahren, dass die Lage und das Vorgehen der Nationalsozialisten überhaupt nicht so waren, wie die Nazis dies propagiert hätten.

Sehr beschäftigt habe Sophie dann, als sie merkte, dass ihr Bruder Hans ihr etwas verschweige. Das sei kurze Zeit nach ihrem Weggang aus Blumberg gewesen. Und es war dann kurz nach ihrem 21. Geburtstag in München, wo sie Philosophie und Biologie studierte, als sie einen Abend mit ihrem Bruder Hans und Medizinstudenten verbrachte. Sei es nicht Unsinn, sagte ein Student, daheim zu lernen, wie man Menschen heilt, "während draußen der Staat täglich zahllose junge Menschenleben in den Tod treibt?" So schildert es Sophies Schwester Inge Scholl in ihrem Buch "Die weiße Rose". Auf einmal sei das Wort "Widerstand" gefallen, so Inge Scholl. Da war Sophie klar, dass sie sich an Flugblattaktionen beteiligen wollte, die zum Widerstand gegen die Nationalsozialisten aufriefen. "Sie konnte es mit ihrem Gewissen nicht vereinbaren, so weiterzuleben", so Angelika Maus.

Welche Bedeutung misst Angelika Maus der Widerstandskämpferin heute bei: "Wichtig ist, dass man das Wissen über Sophie Scholl aufrecht erhält und sich die Gefahr eines Mitläufertums, wie es im Dritten Reich immer wieder der Fall war, bewusst macht, weil man sonst dazu beiträgt, dass für die Gesellschaft negative Abläufe ins Rollen kommen, die man danach kaum mehr aufhalten oder gar rückgängig machen kann."

Sophie Scholl wurde am 9. Mai 1921 in Forchtenberg bei Ulm geboren. Mit ihrem Bruder Hans Scholl und Christoph Probst gehörte sie im Dritten Reich zu den führenden Köpfen einer Widerstandsgruppe von Studenten. Die Gruppe mit dem Namen "Weiße Rose" verteilte Flugblätter, auf denen sie zum Widerstand gegen das Hitler-Regime aufriefen. An einer Münchner Universität wurden sie vom Hausmeister denunziert und am 22. Februar 1943 von den Nazis hingerichtet.