Die Raumfahrt-Elite ist zu Gast in Stuttgart - Finanzkrise macht dem DLR zu schaffen.

Stuttgart - Die Raumfahrt-Elite ist zu Gast in Stuttgart. Bei der Hauptversammlung zieht das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) an diesem Mittwoch  auf der Landesmesse Bilanz. Vorstandschef Johann-Dietrich Wörner kündigt an, dass der Forschungsverbund weiter wachsen will - trotz der Finanzkrise.

Als Raumfahrtforscher hat man es nicht leicht. Oft genug muss man sich rechtfertigen, wozu all die Milliarden an Ausgaben denn gut seien. Allein die Teflon-Pfanne, als Abfallprodukt der ersten Mondlandung entstanden, kann es ja nicht sein. Johann-Dietrich Wörner (57), als DLR-Chef seit März 2007 im Amt, ist einer, der trotz allen Gegenwinds lautstark für seine Branche trommelt.

An diesem Mittwoch feiert sich das DLR (ein wenig) selbst. Bei der Hauptversammlung auf der Landesmesse darf der Herr über 16 Standorte ein positives Fazit der vergangenen fünf Jahre ziehen. Das DLR ist gewachsen, auf mehr als 7000 Mitarbeiter. Und es repräsentiert längst nicht mehr nur Raumfahrt, wie der Name suggeriert. Auch in der Energieforschung oder der Suche nach neuen Formen der Mobilität ist das Forschungszentrum stark.

Finanzkrise macht dem DLR zu schaffen

Wörner wird den Verbund weitere fünf Jahre führen. Sein Job wird nicht einfacher. Die Finanzkrise lässt bei vielen Politikern die Lust schwinden, mehr Geld in die Wissenschaft zu stecken. Beispiel bemannte Raumfahrt: Noch vor zwei Jahren kündigte der DLR-Chef in einem Interview an, zwischen 2015 und 2017 könnten Europäer mit einer eigenen Kapsel ins All fliegen.

Und heute? "Die Bereitschaft, in ein bemanntes System einzusteigen, ist in vielen Ländern, darunter auch Deutschland, derzeit nicht vorhanden." Wörner bedauert das ausdrücklich. "Wir sind abhängig von der russischen Technik, wenn wir Astronauten ins All bringen wollen", sagt er und nennt das eine "gefährliche Situation".

Sollte es Probleme mit den Sojus-Raketen wie in diesem Jahr geben, könnte die internationale Raumstation nicht mehr angeflogen werden. "Es ist immer besser, zwei Systeme zu haben." Europa, sagt er, hätte genügend Kapital und Know-how, ein eigenes Raumschiff zu bauen, mit dem Deutsche, Franzosen oder Italiener das Universum erobern könnten. "Aber das ist politisch nicht gewollt."

Kein Platz für Schülerlabor

Mit dem DLR School Lab, einem Schülerlabor, wollen die Forscher den Nachwuchs für sich begeistern. Die Idee: Schulklassen machen einen Ausflug in die Wissenschaft. Eines der ersten überhaupt entstand in Lampoldshausen, dem Raketenprüfstand vor den Toren Heilbronns. Die Stuttgarter würden nachziehen, scheitern jedoch an ganz grundsätzlichen Problemen. "Wir haben bisher schlicht keinen Platz", sagt Wörner. Das wird sich ändern. "Im nächsten halben Jahr" soll das School Lab in der Landeshauptstadt Wirklichkeit werden.

Kooperation mit Singapur geplant

Stuttgart ist mit seinen 600 Mitarbeitern von der Größe her die Nummer fünf in der DLR-Familie. Auf dem Campus der Uni Vaihingen gelegen, profitieren die Experten von kurzen Wegen, etwa zum renommierten Luft- und Raumfahrtinstitut. Doch eine Expansion gestaltet sich schwierig. "Wir können nicht so ausbauen, wie wir wollen, weil die Fläche fehlt", sagt Wörner. "Deshalb bauen wir die Gebäude höher."

Expandieren will man zudem in Asien. Zu bestehenden Partnerschaften, etwa in den USA, kommt eine Kooperation mit Nanyang Technological University (NTU) in Singapur. Warum gerade die Fünf-Millionen-Stadt? "Wir waren in Asien bisher nicht so präsent", gesteht Wörner. Singapur sei eine der Metropolen, die in der Luft- und Raumfahrt enorm wachsen. Die Energieerzeugung, einer der Spezialitäten der Deutschen, sei ebenfalls "von großem Interesse". Ein Kürzel für die Teamarbeit von Kontinent zu Kontinent ist bereits gefunden: DLR@NTU, nun müsse die Zusammenarbeit mit Leben gefüllt werden.

Klagen über Bürokratie

Was Wörner am Herzen liegt, ist mehr Eigenverantwortung für seine Mitarbeiter. Er fühlt sich ausgebremst, wenn rasche, unbürokratische Entscheidungen gefragt wären. "Wenn wir zum Beispiel eine Firma gründen wollen, brauchen wir Genehmigungen bis hoch zum Finanzminister." Dabei ist das DLR mit einem Jahresetat von 1,6 Milliarden Euro eigentlich eine Wissenschaftsfirma - auch wenn Wörner diesen Begriff nicht gern hört. Er sieht das DLR als Partner der Wirtschaft, nicht als Konkurrenten. Der Vorstandschef will handeln wie der Manager eines Unternehmens, muss aber viel Geduld mitbringen. "Ich möchte mit größerer Freiheit die vom Steuerzahler zur Verfügung gestellten Mittel einsetzen", sagt er. Aber da beiße er bisher auf Granit.

www.dlr.de