Winzer David Klenert aus dem Kraichgau kritisiert in seinem Vortrag im Eutinger Weltladen Bürokratie, EU-Vorgaben und fehlende Unterstützung für nachhaltigen Anbau.
Wie kann 750 Milliliter Badischer Wein im Supermarkt-Blättchen für 1,69 Euro angeboten und darunter für faire Schokolade ein Fair-Trade-Logo abgedruckt werden? Mit solchen und weiteren Beispielen zeigte Winzer David Klenert am Donnerstagabend beim Weltladen-Event auf, dass fairer und ökologischer Weinbau in Deutschland mehr als in Gefahr ist.
Jürgen Oberle vom Weltladen-Team hieß rund 50 Gäste im Medienraum im Eutinger C-Bau zum zweiten Weltladen-Vortrag willkommen. Winzer David Klenert aus dem Kraichgau hatte er durch Zufall in Bildechingen getroffen. Die Weltladen-Medien-Frau Gerde Ziskoven war sogar extra in das Weinbaugebiet von Klenert gefahren, um sich in Kürnbach ein Bild vom ökologischen Weinbau zu machen.
Fairtrade wird auch in Deutschland produziert
Wer an Fairtrade denkt, verbindet diesen Begriff mit Produkten aus der dritten Welt, doch Jürgen Oberle war es wichtig, dass auch fairer Handel in Deutschland thematisiert wird. „Hier gibt es auch gute Unternehmen, die nachhaltig produzieren und gut mit ihrem Personal umgehen und ums Überleben kämpfen“, leitete der Eutinger Allgemeinmediziner zu einem diskussionsreichen Vortrag des Winzers David Klenert über. Der Bachelor of Weinbau und Oenologie gab schon zu Beginn bekannt, dass er gerne mit den Anwesenden diskutieren und auch kritische Themen aufgreifen wolle. So erfuhren die Gäste nicht nur, dass er von seinem Opa das Handwerk von kleinauf gelernt und Erfahrungen in Neuseeland und der Schweiz gesammelt hatte – auch zeigte er mehr zur Bodenbeschaffenheit, zu den Weinsorten, aber auch die Herausforderungen für deutsche Weinbauern auf.
Winzer gab sein Bio-Siegel wieder ab
Im vergangenen Jahr gab er sein Bio-Siegel nach rund acht Jahren ab, weil neben zunehmender Bürokratie und dem Verbot vom alternativen Pflanzenstärkungsmittel Frutogard im Bio-Anbau seine Bewirtschaftung mit Schafen als nicht nachhaltig bezeichnet wurde. Frutogars sei ursprünglich für den ökologischen Weinbau entwickelt worden. Damit sollen vor allem Weinreben, Obst- und Gemüsekulturen gegen Pilzkrankheiten wie dem Falschen Mehltau gestärkt werden. Mit Frutogard brauche es weniger Kupfer-Einsatz, erklärte Klenert.
„Warum muss ich als Biowinzer mehr Bürokratie haben als einer, der Chemie verwendet? Ein Biowinzer muss nachweisen, warum er was nicht nimmt. Eigentlich müsste doch der, der Chemie verwendet nachweisen, wie viel Chemie er wo ausbringt“, ärgerte sich Klenert.,
Ein Plädoyer für den Einsatz von „Frutogard“
„Frutogard ist biologisch abbaubar, aber Kupfer kann sich im Körper anreichern und mit der Zeit zu Schäden führen“, merkte Allgemeinmediziner Jürgen Oberle an. Klenert nickte und fügte hinzu, dass es viele Studien dazu gebe, aber die Einwände zum Frutogard-Verbot zum dritten Mal von der EU-Kommission abgelehnt wurden.
Dabei gebe es schlechte Weinjahre wie beispielsweise 2016, wo Wein-Bauern vermehrt Kupfer einsetzen mussten, damit sie überhaupt einen Ertrag erhalten hätten. In anderen EU-Ländern sei die Pilzkrankheit Falscher Mehltau überhaupt kein Thema und wiederum andere Länder haben ganz andere Vorgaben als Deutschland.
„Wir müssen wegkommen von bösem und gutem Anbau, herkömmlich und biologisch, sondern wir sollten zu einem biologischeren Weg für alle kommen“, betonte Winzer Klenert, der immer wieder Alternativen ausprobiere.
Schwierige Rahmenbedingungen
Bürokratie im Alltag
David Klenert setzt im Bio-Weinbau auf nachhaltige Methoden wie die Beweidung mit Jura-Schafen, die die Trauben nicht anfressen. Doch bei einer Kontrolle wurde eine Bio-Zertifizierung samt Weidetagebuch für die Tiere verlangt – für ihn ein Beispiel überzogener Bürokratie. Klenert entschied, seine Methoden künftig ohne Bio-Siegel weiterzuführen.
Wirtschaftlicher Druck
Auch bei der Weinprobe blieb es nicht nur beim Genuss. Klenert kritisierte die steigenden Kosten durch Dokumentationspflichten, Sozialabgaben und Mindestlohnregelungen. „Wer kauft eine Flasche für 15 Euro?“, fragte er mit Blick auf die Zahlungsbereitschaft der Kundschaft.
Schwacher Heimmarkt
Deutscher Wein hat hierzulande nur rund 42 Prozent Marktanteil – ein Tiefstwert im internationalen Vergleich. Besonders Genossenschaftswinzer geraten unter Druck.
Kontroverse Diskussion
Ein Zuhörer forderte ein Verbot für Billigwein-Angebote, ein anderer sprach von „Jammern auf hohem Niveau“. Klenert widersprach: Der Durchschnittspreis für baden-württembergischen Wein liege nur bei rund drei Euro – viel näher an Discountpreisen, als viele glaubten.
Lokale Unterstützung
Der Weltladen will Klenerts Wein in kleiner Menge anbieten. Bestellungen sind möglich, auch wenn der Lagerplatz begrenzt ist.