Fleißig werden die Ideen der Bürger auf Plakaten festgehalten. Foto: Roth

In Wellendingen wird Demokratie gelebt: Beim Bürgerworkshop in der Neuwieshalle hat der Gemeinderat der Bürgerschaft die Möglichkeit gegeben, über die Neugestaltung von "Schloßplatz" und "Brunnenwasen" mitzubestimmen. Die Ideen sind durchaus kreativ.

Wellendingen - Geleitet wurde die Veranstaltung am Freitagabend von Tilman Sperle und Zilan Cokkalender vom Stadtentwicklungsbüro "Steg" aus Stuttgart, die auch für die anschließende Organisation eines Planungswettbewerbs zuständig sind. Der Prozess – im Juristenfachjargon VgV-Verfahren genannt – läuft wie folgt ab: Nach einer EU-weiten Ausschreibung der Aufgabenstellung folgt ein Teilnahmewettbewerb, bei welchem sich verschiedene Firmen für das Wellendinger Vorhaben bewerben können.

Rund 50 Wellendinger vor Ort

Von einem Preisgericht – in der Jury sitzen auch Bürger – werden dann die besten Planungsentwürfe gekürt und es folgt anschließend die Vergabeverhandlung. Abschließend muss der Gemeinderat den Zuschlag für den Favoriten noch abnicken.

Bis dahin streicht aber wohl noch einige Zeit ins Land. "Momentan stehen wir am Anfang dieses Prozesses. Jetzt sind ihre Ideen gefragt", leitet Bürgermeister Thomas Albrecht die Bürgerwerkstatt ein, zu dem sich rund 50 Wellendinger eingefunden haben. Im Anschluss an diese wird die "Steg" dann die Wünsche der Bürger in einem Auslobungsschreiben zusammenfassen. Dieses ist dann die Basis für den Architekturwettstreit der Planungsbüros.

Dann übernahm Sperle das Wort. "Planungswettbewerbe haben sich durchgesetzt. Die Konkurrenz der besten Ideen ist ein Zeichen für Qualitätssicherung", weiß der Fachmann für städtische Architektur.

Mehrfamilienhaus abgelehnt

Die Flächen, die neugestaltet werden sollen, sorgen in Wellendingen durchaus für Zündstoff. So war doch auf der Freifläche "Brunnenwasen" ein Mehrfamilienhaus geplant, das von den Bürgern durch eine Unterschriftensammlung verhindert wurde. Die Angst im Volk vor zu großer Lärmbelastung hat den Gemeinderat zum Umdenken gebracht. "Wir sind froh, dass der Widerstand geäußert wurde, brauchen nun aber Ideen für eine Alternativnutzung", so Albrecht über das rund 3000 Quadratmeter große Areal.

Das ließen sich die Teilnehmer der Bürgerwerkstatt nicht zweimal sagen und schnappten Edding und Plakate, um ihre Gedanken an Gruppentischen zu verschriftlichen. Für alle Bürger wichtig: Der Platz soll die Lebensqualität von Jung und Alt in Wellendingen erhöhen – ein Treffpunkt für alle Generationen sein. Von einem Wasserlauf über einen Kräutergarten und eine Parkanlage war alles mit dabei. "Auch ein Spielplatz wäre schön", äußerte sich eine junge Mutter.

Spielplatz und Sitzmöglichkeiten

Ob das mit dem Lärmschutz zu vereinbaren ist? Die Idee: "Wir könnten auch einen Bewegungsraum für Kinder in östlicher Richtung bei den Tennisplätzen bauen." So wäre eine Zweiteilung des "Brunnenwasen" möglich. Und die Geräuschkulisse sei dann ohnehin nur tagsüber gegeben und daher verkraftbar. Wichtig für die Senioren sind wiederum genügend Sitzmöglichkeiten.

Und wer kümmert sich um die Pflege der Anlage? Ein zentraler Aspekt für Albrecht, der nicht alle Arbeit auf den Betriebshof abwälzen will. Prompt folgt die Antwort aus der Bürgerschaft: "Der Jugendgemeinderat könnte sich engagieren."

Denkmalschutz nicht vergessen

Ähnlich lebendig war die Diskussion zum "Schloßplatz" – mit seinen 2800 Quadratmetern die Ortsmitte rund um das Rathaus. Die erste Anregung: "Die Parkplätze dürfen nicht alle verschwinden", hallt es aus dem Publikum. "Ich könnte mir einen Rundweg um das Rathaus mit einer Wildblumenecke und rollatortauglichen Wegen vorstellen", so eine andere Meinung. Nicht vergessen werden dürfe auch der Denkmalschutz. Über den Brunnen auf dem Wellendinger Vorzeigeplatz könne aber gestritten werden.

Der Grundtenor ist klar: Hoch- oder Tiefbaumaßnahmen sollen auf den Flächen, wenn in nur sehr eingeschränktem Maße nötig werden. Der Wunsch der Bürger nach Erholungsraum und unversiegelten Flächen überwiegt. Wie die Ideen konkret umgesetzt werden, sollen dann die verschiedenen Firmen im Planungswettbewerb darlegen.

Millionenbetrag im Haushalt eingeplant

Dass es dem Gemeinderat ernst mit den Vorhaben ist, beweist die jüngste Haushaltsplanung. "Wir haben für die Neugestaltung der beiden Flächen für 2023 und 2024 knapp 1,5 Millionen Euro in den Haushalt eingestellt", informiert Albrecht die Bürger.

Der Anreiz für eine schnelle Umsetzung: Sind die Arbeiten bis Ende 2024 abgeschlossen, gibt es 60 Prozent Zuschuss vom Land. "Wenn wir das Projekt ernsthaft angehen, ist das auch zu schaffen", so der Bürgermeister. Das Ziel im vorläufigen Zeitplan sieht vor, dass bis Januar die Auslobung für den Planungswettbewerb niedergeschrieben wird und die Preisgerichtssitzung mit anschließender Vergabe im Sommer kommenden Jahres abgeschlossen sein soll.

Es bleibt also spannend, wie sich die Wellendinger Ortsmitte in Zukunft gestaltet. Mit Beschwerden über die fehlende Einbindung der Bürgerschaft in den Planungsprozess darf nach der Bürgerwerkstatt jedenfalls nicht gerechnet werden.