Ein Machtwechsel, der von Herzen kommt. Der alte Regent hat den Baurekittel an, der neue, Zunftmeister Robert Baier, steht strahlend an des altes Schultes linker Seite. Vertreter der Verwaltung (vorne kniend und ganz hinten versteckt) müssen sich bis Aschermittwoch neu sortieren. Foto: Pfannes Foto: Schwarzwälder Bote

Absetzung: Was sich hinter L und A verbergen kann, erfahren "Bürgersleit" vor dem Wellendinger Schloss

Der Gegensatz zwischen alter und neuer Regierung in Wellendingen könnte kaum größer sein. Die Absetzung des Bürgermeisters lässt keine Zweifel offen. Eines wird aber auch klar: Beide Seiten mögen sich.

Wellendingen. Während der neue Regent, Zunftmeister Robert Baier, die Zurückhaltung in Person ist, stellt der alte sein Licht nicht unter den Scheffel. Im Gegenteil: Das Licht von Bürgermeister Thomas Albrecht leuchtet weit. Und falls doch einmal Gefahr droht, dass sich der Himmel bewölken könnte, dann gibt es immer jemanden, der "die guten Werke" lobt und preist.

Robert Baier und seine Elite machen kurzen Prozess. Mit Musik wird vom Kindergarten zum Schloss marschiert, ins Rathaus eingedrungen und kurzerhand "da Schultis abgesetzt". Baier: "Jetzt regieret mir." Großzügig, wie die Wellendinger Narren nun mal sind, wollen sie die Verwaltung, die sensible, nicht kritisieren oder über "ebis" diskutieren.

Selbst der Nachbarort wird weder erwähnt, noch ist er im Narrenbuch vermerkt (Dort stehen wahrscheinlich genügend eigene Narrenstückle drin). Jedem zur Freud, niemand zum Leid, heißt schließlich im alten Narrennest die Devise. Eine Spitze gönnt sich Robert Baier dennoch Richtung Meisterbürger Thomas Albrecht: "Eins kann sich ihsern Schultes no merka, de erst Bürgermeister im Storch ka er nimmi werda." In dieser Narrenfigur wurde der "OB vu Rautaburg am Narrentreffen in Kiebinga" gesichtet.

Schellnarr Thomas Albrecht steht nicht der Sinn danach. Derzeit. Er betont, kurz bevor seine Ära endet, dass er grundsätzlich frei von Laster und Sünde sei. Und er erwähnt die (leichtfertig, Anm. d. Red.) in der Zeitung stehenden Worte "Musterbürgermeister" und "sensibel".

Weil Kämmerer Phillippe Liebermann kurzfristig verhindert ist, ergreift Kassenverwalter Marcel Seid das Wort und ergänzt – natürlich ohne jeglichen Druck seines Dienstherrn –, dass jener im vergangenen Jahr Sachen gemacht habe, "die vor ihm kein Mensch hingebracht" habe. Baugebiet Berggarten zum Beispiel, welches die "Wilflinger Preußen seit 40 Jahr" planen. Selbst eine Altersresidenz für besonders verdienstvolle Gemeinderäte habe Albrecht verwirklichen lassen: "Dann noch erweitert das Pflegeheim, da können später mal der Klaiber und der Rose-Wanger rein."

Natürlich ist dies nicht alles. Das L und das A der Firma Leibold und Amann gewinnen eine neue Bedeutung, wenn der scheidende Schultes reimt: "L steht für Leistung und A für Albrecht, ja, jetzt staunet Ihr alle it schlecht."

Bevor am Ende noch weitere Großtaten erwähnt werden, wird lieber eine glückselige Fasnet gewünscht und im Schlosskeller mit Narren und "Bürgersleit" darauf angestoßen. Ein Angebot, welches beide Seiten annehmen und vielleicht am besten dokumentiert, wie ein stilvoller Machtwechsel aussieht.