Aufreger: Vermutung, Alexandra Scheibner sei auf zwei Hochzeiten unterwegs, führt zu einem unentspannten Verhalten

Es rumort im Ratssaal in Wellendingen. Die kernigsten Aussagen kommen von Armin Klaiber. Es stinke zum Himmel, sagt er. Dieser Tango sei noch nicht zu Ende getanzt, stellt er fest. So etwas habe er als Gemeinderat nicht verdient, ärgert er sich gewaltig. Doch er ist nicht der einzige.

Wellendingen. Um Armin Klaibers Unmut verstehen zu können, ist es hilfreich, sich mit der Materie vertraut zu machen. Gemeinderat und Zuhörer der Sitzung informiert Thomas Schauber, Ratsmitglied und Mitglied der Versammlung des Zweckverbands Abwasserreinigung Primtal. Und hier spielt Paragraph 29 der Gemeindeordnung eine zentrale Rolle.

Er trägt die Überschrift "Hinderungsgründe". Und trat nach der Kommunalwahl im Mai 2019 ins Bewusstsein der Wellendinger Verwaltungsspitze um Bürgermeister Thomas Albrecht. Gibt es Hinderungsgründe, dass gewählte Gemeinderäte ihr Amt nicht annehmen dürfen? Dies durften sich vor etwa achteinhalb Monaten alle Gewählten fragen.

Bei Alexandra Scheibner (Wilflingen) gab es einen Grund. Die wiedergewählte Gemeinderätin, beruflich seit April 2018 Gemeindekämmererin von Aldingen, war im Mai 2019 Verbandsrechnerin des Zweckverbands. "Ich habe damals sofort dieses Amt niedergelegt", sagt sie. Der Interessenskonflikt: Dem Zweckverband gehört die Gemeinde Wellendingen an.

Absatz 1 Nummer 1b

In Paragraph 29 Absatz 1 Nummer 1b heißt es: Gemeinderäte können nicht Beamte und Arbeitnehmer eines Gemeindeverwaltungsverbands, eines Nachbarschaftsverbands und eines Zweckverbands, dessen Mitglied die Gemeinde ist, sowie der erfüllenden Gemeinde einer vereinbarten Verwaltungsgemeinschaft, der die Gemeinde angehört, sein.

Aldingens Bürgermeister Ralf Fahrländer, gleichzeitig Vorsitzender des Zweckverbands, kannte diesen Hinderungsgrund. Dieser musste ausgeräumt werden, damit es zu keinem Interessenskonflikt kommen kann, so Fahrländer auf Nachfrage. Es sei mit der Kommunalaufsicht im Landratsamt Rottweil – die Kläranlage des Verbands steht in Neufra – nach einer Lösung gesucht worden.

Fälle im Zollernalbkreis

Diese, die Amtsleiterin heißt Elvira Roth, habe sich an ähnliche Fälle orientiert, wie es sie im Zollernalbkreis bereits gegeben habe und wie einer im nördlichen Landkreis Rottweil existiere. Im Falle des Zweckverbands Abwasserreinigung Primtal soll die Gemeinde Aldingen die Aufgaben der Verbandsrechnerin übernehmen. Bis zur Kommunalwahl im Jahre 2024. Dann, so Fahrländer, wolle Scheibner nicht mehr für den Gemeinderat kandidieren.

Die Kämmerei in Aldingen, so Fahrländer, beschäftige acht Personen, zwei oder drei seien nun für den Zweckverband zuständig. Dies funktioniere unter dem Begriff Personalleihe. Die Kämmerin werde nicht mehr vom Verband bezahlt.

Dann traf sich der Verband am 23. Januar zur jährlichen Sitzung. In Aldingen wurde der Wirtschaftsplan 2020 verabschiedet. Einstimmig. Jedoch mit einem Schönheitsfehler. Am 24. Januar hat ihn nicht nur Verbandsvorsitzender Ralf Fahrländer unterzeichnet, sondern auch Alexandra Scheibner als "Verbandsrechnerin".

Für vier Wellendinger Gemeinderäte, Armin Klaiber, Guido Hermann, Frank Friesch und Thomas Schauber, ein Skandal. Sie baten deshalb am 28. Januar Wellendingens Bürgermeister Thomas Albrecht bis zum 5. Februar um Klärung der Sachlage. Um "Beendigung dieser rechtswidrigen Situation", wie die Vier geschrieben haben. Dies hat der Wellendinger Schultes dann auch sofort gemacht und den Vorgang am gleichen Tag der Rechtsaufsicht vorgelegt. Eine Woche später bekam er von Elvira Roth eine Antwort.

Antwort der Rechtsaufsicht

Sie schreibt: "Nach den uns vorliegenden Informationen wurden die Aufgaben des Verbandsrechners vom Zweckverband Abwasserreinigung Primtal auf die Gemeinde Aldingen übertragen. Nach unserer Auffassung liegt kein Hinderungsgrund nach Paragraph 29 Absatz 1 Nummer 1b Gemeindeordnung bei Frau Scheibner vor, da sie keine Beamtin und/oder Beschäftigte des Zweckverbands ist. Frau Scheibner erhält vom Verband auch keine Vergütung."

Und weiter: "Die Verbandsversammlung hat am 23. Januar eine entsprechende Änderung der Verbandssatzung beschlossen, die uns aufgrund des erst vor kurzem stattgefundenen Sitzungstermins noch nicht vorliegen kann."

Schaler Beigeschmack

Das klingt alles stimmig, hinterlässt jedoch bei den kritischen Vier einen schalen Beigeschmack. So stößt sich Thomas Schauber an der langen Zeitspanne zwischen Ende Mai und 23. Januar ohne ein sichtbares Ergebnis. Er bemängelt, dass dies alles in dieser Zeitspanne "nie auf den Tisch" gekommen sei.

Und führt bei Armin Klaiber zu einer Wutrede, in der die eingangs zitierten Sätze fallen. Auch noch deutlichere gegenüber dem Verbandsvorsitzenden. Jenseits der Emotionen: Klaiber mutmaßt, dass der Paragraph 29 umgangen worden sei.

Fahrländers Amtskollege Albrecht, in der Regel aktives Mitglied im Verein der klaren Worte, hält sich in diesem Fall verbal zurück. Dies sei Sache der Kommunalaufsicht. Die Gemeinde sehe keinen Handlungsbedarf. Und er verweist auf besagten Beschluss der Verbandsversammlung.

Die Sache mit Scheibners Unterschrift im Wirtschaftsplan 2020 sei ein "Formfehler" gewesen. Sagt in der Gemeinderatssitzung Andreas Muschal, Wilflingens Ortsvorsteher, und am anderen Morgen auf Nachfrage Ralf Fahrländer. Jener, dieser Formfehler, müsse geheilt werden.

Ob dann Klaibers Tango zu Ende getanzt ist? Eine spannende Frage. Schließlich offenbart dieser Vorfall, dass es sich zwar auf der einen Seite um eine rechtliche Frage dreht, auf der anderen Seite jedoch auch das mitunter nicht immer reibungslose Miteinander von Wellendingen und Wilflingen eine Rolle spielt.

Hoffen auf Klausurtagung

Während Ralf Fahrländer betont, dass der Verband der Gemeinde Wellendingen kein Problem bereiten wollte, lässt der Wortwechsel zwischen Andreas Muschal und Armin Klaiber im Ratssaal kaum einen anderen Schluss zu, als die Erkenntnis, dass eine deutliche Aussprache während der anstehenden Klausurtagung des Gemeinderats hilfreich für das Binnenklima sein könnte.

"Primtal"-Mitglieder

Nebenbei: Besagter Zweckverband ist für die Abwasserreinigung der Gemeinden Aldingen mit Aixheim, Denkingen, Frittlingen, Schömberg-Schörzingen, Rottweil-Neufra und Wellendingen mit Wilflingen zuständig.

Der Verbandsversammlung gehören aus der Gemeinde Wellendingen Thomas Albrecht (Bürgermeister), Thomas Schauber, Matthias Mager und Ulrike Roth (alle Wellendingen) sowie Andreas Muschal (Ortsvorsteher) und Kathleen Götz (beide Wilflingen) an. Im Verwaltungsrat, quasi dem Arbeitsgremium des Verbands, der die Sitzungen in gewisser Weise vorbereitet, sitzen Bürgermeister und Ortsvorsteher.

Ralf Fahrländers Feststellung, der Verband funktioniere gut, wurde bisher in Wellendingen öffentlich noch nie widersprochen. Im Gegenteil: Er wurde in der Vergangenheit mehrmals gelobt.