Aufreger: Von der unechten Teilortswahl zu einem weiteren Antrag / Abstimmungen

Die Worte waren genug gewechselt, nun sollen Taten sprechen. Dies machen die Wellendinger Gemeinderäte dann auch, als es um die Abschaffung der unechten Teilortswahl geht. Doch dieses Vorhaben erhält eine Stimme zu wenig. Es bleibt also alles beim alten.

Wellendingen. Diskutiert wurde in der jüngeren Vergangenheit – spätestens seit der Juni-Sitzung des Gemeinderats, als der Antrag der Verwaltung, die unechte Teilortswahl beizubehalten, keine Mehrheit erhielt (acht zu acht) – mehr als genug.

Der erste Aufreger

Wer wollte, erhielt überreich Ansichten, Einschätzungen und Stimmungsbilder. Ein wichtiges: die Info-Veranstaltung Mitte September in Wilflingen mit etwa 100 Zuschauern, die allermeisten Einheimische. So bekamen die Entscheidungsträger, die Ge-meinderäte, die Botschaft mit auf den Weg, dass Wilflingen Wert auf den Ist-Zustand lege. Dies bedeutet, dass der Teilort fünf Sitze im Gemeinderat garantiert bekommt (wir haben mehrfach berichtet).

Weil aber besagter Antrag der Verwaltung im Juni bei Stimmengleichheit abgelehnt wurde, wurde eine entsprechende Änderung der Hauptsatzung (quasi das Grundgesetz) der Gemeinde erforderlich. Und diese steht nun zur Abstimmung. Erforderlich hierfür eine Mehrheit der Gemeinderatsmitglieder, im Falle von Wellendingen und Wilflingen neun Stimmen.

Für die Abschaffung der unechten Teilortswahl votieren jedoch lediglich acht Ratsmitglieder (Wolfgang Minder, Armin Klaiber, Thomas Schauber, Alois Eisele, Tobias Schlenker, Rudolf Grießer und Guido Hermann, alle von der Bürgerliste, sowie Andree Weidner, von den Sozialdemokraten).

Es bestehe noch Gelegenheit, so Bürgermeister Thomas Albrecht, zu einem Schlusswort. Armin Klaiber meldet sich.

Der langjährige Gemeinderat (seit 1994) betont, dass es ihm immer um Gerechtigkeit gegangen sei und gehe. Er habe genau zugehört, was eine Fachfrau bei der Klausurtagung des Gemeinderats im Mai gesagt habe, dass es gerecht wäre, die Sitzzahl der Einwohnerzahl anzupassen. Nur der Gerechtigkeit halber, so Klaiber, stelle er (und die Bürgerliste) den Antrag, die Sitzzahl deshalb von derzeit 9:5 auf künftig 10:4 anzupassen. Weil dazu jedoch die Hauptsatzung (siehe oben) geändert werden muss, wird darüber laut Bürgermeister in der kommenden Gemeinderatssitzung abgestimmt. Kommentare folgen. Hier zwei Stück.

Wilflingens Ortsvorsteher Andreas Muschal merkt an, dass besagte Fachfrau im Zusammenhang mit einer Sitzzahlanpassung von "kann" gesprochen habe, nicht von "muss".

Und Andree Weidner weist darauf hin, dass die Demokratie in Deutschland dieses Jahr ihr 100. Jubiläum feiern könne. Sei die unechte Teilortswahl demokratisch? Er, Weidner, sage: Nein.

Das letzte Wort in dieser Angelegenheit an diesem Abend vor etwa 20 Zuhörern hat der Bürgermeister. "Fakt ist, dass die unechte Teilortswahl bis 2024 bestehen bleibt." Vor der Kommunalwahl in sechs Jahren könne sie wieder Thema im Ratsgremium werden.

Der zweite Aufreger

Ein Aufregerthema anderer Art wird relativ schnell abgehandelt. Stichwort: Schließtage im Kinderzentrum. Der Gemeinderat beschließt einstimmig, das alte System, das bis 2014 gegolten hat, wiederzubeleben. Somit hat der eine Kindergarten (zum Beispiel in Wellendingen) die ersten drei Wochen der Sommerferien geöffnet und der andere (also jener in Wilflingen) die zweiten drei Ferienwochen.

Grund des Ärgers: In den Sommerferien 2015 bis 2018 wurde in den ersten drei Wochen eine Notgruppe in Wellendingen eingerichtet. Doch dieses System wurde von Eltern ausgenutzt. Laut Verwaltung seien in den jüngsten Sommerferien mehr als 40 Kinder angemeldet gewesen, gekommen seien aber im Durchschnitt lediglich 15 bis 20. Es musste jedoch Personal für die mehr als 40 Angemeldeten vorgehalten werden. Und dies koste.

Mit dem alten (und nun wieder ganz neuen) System können somit 1,3 Stellen eingespart werden. In Zahlen: etwa 70 000 Euro. Dieses Argument überzeugt die Ratsrunde sehr schnell. Welcher Kindergarten 2019 die ersten drei Wochen geöffnet habe, werde noch beschlossen. Die Eltern, so Bürgermeister Albrecht, betreffe es ja nicht. Wellendingen und Wilflingen seien Abteilungen des Kinderzentrums Wellendingen.

Ein Aufregerlein

Ein Aufregerthema ganz anderer Art dreht sich um die Hundesteuer. Obwohl, Aufreger ist hier zu hoch gegriffen. Die Verwaltung schlägt vor, besagte Steuer zu erhöhen: von 84 Euro für den ersten Hund pro Jahr auf 96 Euro. Für einen zweiten Hund soll der Aufschlag 24 Euro betragen.

Anlass, so Bürgermeister Albrecht, sei nicht, Geld zu verdienen. Bei gleichbleibender Hundezahl kämen lediglich 2400 Euro mehr in die Gemeindekasse (19 399 statt 16 999 Euro). Vielmehr soll die Erhöhung dazu dienen, sich den umliegenden Gemeinden in dieser Beziehung anzupassen.

Bisher liege Wellendingen im unteren Mittelfeld. Die Spanne reicht von 120 Euro für einen sogenannten Regelhund (Oberndorf, Schramberg und Rottweil) bis 60 Euro (Gosheim, Schiltach). Gängiger Wert bei zehn aufgeführten Gemeinden sind besagte 96 Euro.

Hier regt sich bei Armin Klaiber ein gewisses Gerechtigkeitsempfinden. Hätte die Verwaltung nicht geschlafen, so der Gemeinderat, dann müsste der Sprung nicht so groß sein. Er schlägt deshalb vor, die Gebühr über mehrere Jahre in kleineren Schritten anzuheben.

Hellwach ist der Bürgermeister beim Wort "geschlafen". Für ihn, so Albrecht, umfasse der Begriff "längere Zeit" (in der es keine Erhöhung besagter Gebühr geben hat) drei Jahre. Dieses Denken in anderen Zeitabschnitten hat dann auch keine Änderung des Beschlussvorschlags zur Folge. Bis auf Armin Klaiber stimmen alle anderen für die Erhöhung um 12 Euro ab Januar 2019.

Gleiches Abstimmungsergebnis gilt für Kampfhunde. Selbige Vierbeiner, von denen es derzeit in Wellendingen und Wilflingen keine gibt, jedenfalls keine angemeldeten, sind teurer: von 1200 Euro in Lauterbach bis 153 Euro in Denkingen; in Wellendingen sind es momentan 400 Euro – und es sollen 600 Euro werden.

Kein Aufreger

Kein Aufreger, jedenfalls nicht im Ratssaal, sind die neuen Wassergebühren. Ab Januar kostet besagter Wasserzins 2,65 Euro pro Kubikmeter – und ist damit um 20 Cent teurer als bisher. Nicht berücksichtigt in der Kalkulation sind die geplante Erhöhung des Wasserbezugs um 0,10 Euro pro Kubikmeter seitens des Wasserzweckverbands Oberer Neckar (von 1,50 auf 1,60 Euro) und die Erhöhung der Umlagen der Bodenseewasserversorgung. Der Bürgermeister merkt weiter an, dass das Wasserentnahmeentgelt des Landes ansteige.

Erforderlich sei eine vollständige Kostendeckung. Und hier hinke die Gemeinde noch etwas hinterher. Für 2018 wird ein Abmangel von 21 501 Euro errechnet. Jener ist immerhin deutlich kleiner als 2017; damals waren es bei einem Wasserzins von 2,25 Euro pro Kubikmeter beachtliche 108 785 Euro.

Erhöht werden außerdem die Münzzählergebühren für das Wasser von 4,04 Euro pro Kubikmeter ohne Umsatzsteuer auf 4,24 Euro und von 4,32 Euro pro Kubikmeter mit Umsatzsteuer auf 4,53 Euro. Der Münzzählerzuschlag beträgt 1,59 Euro. Beim Abwasser lautet die Verbrauchsgebühr seit Februar 2018 4,64 Euro pro Kubikmeter. Zu der Abwassergebühr von 3,05 Euro wird der Münzzählerzuschlag von 1,59 Euro pro Kubikmeter addiert.

Wer seine Rechnung nicht bezahle, bekomme einen Zähler im Keller eingebaut, erklärt der Schultes. Und hier gebe es drei, vier Fälle im Ort.

900 000 Euro kein Thema

Und noch einmal dreht es sich um Geld. Beim Blick auf den aktuellen Gemeindehaushalt nach dem dritten Quartal sind in der Sparte Gewerbesteuereinnahmen lediglich 4,1 Millionen Euro vermerkt. Geplant wurde vor zehn Monaten mit 5,0 Millionen Euro. 2017 waren es sogar 5,2 Millionen Euro, ergänzt der Bürgermeister. Weil jedoch das Projekt "Frittlinger Straße" erst 2019 umgesetzt werden soll – wie mit dem Land abgesprochen –, könne die Gemeinde diesen "Ausfall" tragen. Erfreulich: Den Schulden von 1,51 Millionen Euro stehen Kassenmittel von 2,71 Millionen Euro gegenüber.