Nagold plant weitere Schritte der innerstädtischen Verkehrsberuhigung. Künftig soll ein Teil der Bahnhofstraße am Wochenende für die Durchfahrt gesperrt werden. Während Nagolds OB Jürgen Großmann dafür wirbt, das Gebiet Schritt für Schritt zu beruhigen, gibt es auch Zweifel an der Effektivität der gesamten Maßnahme.
Nagold - Das Paradebeispiel einer Verkehrsberuhigung in Nagold liegt nur wenige hundert Meter entfernt von der Bahnhofstraße. Dass Nagolds Marktstraße mittlerweile von vielen Autofahrern gar nicht mehr als Durchfahrtsstraße wahrgenommen wird, liegt an einem jahrelangen Prozess. Und neben den baulichen Veränderungen, natürlich auch auf dem Vorstadtplatz, ist das Geheimnis des Erfolgs wohl in einer entscheidenden Maßnahme begründet: der Sperrung eines Teilstücks der Marktstraße an den Wochenenden für den Fahrzeugverkehr.
Beliebt bei Posern und Spazierfahrern
Analog zu diesem Erfolg will man in Nagold nun das nächste Gebiet in Angriff nehmen. Es geht um das Areal der Bahnhofstraße, der Leonhardstraße, der Neue Straße und der Querstraße – kurzum das gesamte Innenstadtgebiet zwischen Vorstadtplatz und Gerichtsplatz. Dort soll nun ebenfalls an den Wochenenden ein Stück der Bahnhofstraße gesperrt werden. Der Grund ist klar: Die Strecken sind beliebt für Poser und Spazierfahrer – und die nerven mit lauter Musik und dröhnenden Motoren. Ein zweiter Punkt: Das Areal verändert sein Gesicht. Immer wieder wird in der Stadtpolitik darüber diskutiert, die Bahnhof- und die Querstraße aufzuwerten – zum Beispiel könnte man diese im Rahmen des Sanierungsprogramms sowohl gestalterisch als auch verkehrsrechtlich zu einem verkehrsberuhigten Bereich ausbilden. Und: Die Bahnhofstraße entwickelt sich immer mehr zu einer Gastro- und Ausgehmeile der Stadt. Womöglich könnte der Gastronomie einmal mehr Raum eingeräumt werden, vor allem im Sommer. Doch dafür müsste der Fahrzeugverkehr eben deutlich abnehmen.
Kleines Stück – große Wirkung?
Wie deutlich? Darüber debattierte jüngst auch der Nagolder Gemeinderat, wo das Thema erstmals öffentlich aufschlug. Beschlossen hat der Rat bei einer Gegenstimme nun folgende Lösung: Ähnlich wie in der Marktstraße soll ein vergleichsweise kleines Stück der Bahnhofstraße am Wochenende für die Durchfahrt gesperrt werden: im Bereich zwischen die Kirchstraße (und der Abfahrt zur Traube-Tiefgarage) bis zur Leonhardstraße – maximal 50 Meter dürften das sein. Und da man die positiven Lehren aus der Marktstraße gezogen hat, soll das Durchfahrtsverbot nicht nur mit Schildern durchgesetzt werden – sondern mit versenkbaren Pollern. Die Folge: Die Traube-Tiefgarage wäre nur noch über den Gerichtsplatz anfahrbar, und wer über die Neue Straße und die Querstraße in das Viertel fährt, kann nicht mehr zum Gerichtsplatz (oder auch der Traube-Tiefgarage) durchfahren. Eine vermeintliche Abkürzung durch die Innenstadt wird quasi unmöglich. Die Sperrzeiten sollen dabei von Freitag, 13 Uhr bis Montag, 5 Uhr gehen.
Zweifel an der Effektivität
In der Sitzung des Gemeinderats warb Nagolds OB Jürgen Großmann vehement für diese Lösung – deren Effektivität allerdings durchaus bezweifelt wird. CDU-Rat Oliver Mayer beispielsweise hatte seine Bedenken, ob das funktioniere. Denn das Karree unterhalb der Sperrung bleibe ja weiter befahrbar. "Nicht dass wir da eine Sightseeingstrecke aufmachen." Und auch FDP-Rat Jürgen Gutekunst zweifelte: "Damit bekommen wir nicht viel Qualität in das Gebiet rein." Ob es nicht mehr Sinn mache, das ganze Quartier in die Sperrung mit einzubeziehen?
Der OB warb für kleine Schritte. Es gelte Erfahrungen zu sammeln, in Etappen, Step by Step. Die Sache sei sehr komplex, doch ist sich Großmann sicher: "Das wird funktionieren!" Und danach? "Gehen wir den nächsten Schritt." Auch Wolfgang Schäfer war überzeugt: "Das ist das, was gegenwärtig machbar ist. Sonst sperren wir ein ganzes Viertel ab." Und das ergebe "erhebliche Unruhe".
Apropos Unruhe: Nach eigener Aussage hätte sich Nagolds OB eine andere Form der ersten Bürgerinformation per Ratssitzung gewünscht. Doch die Pandemie habe im Vorfeld der Sitzung keine Bürgerinformationsveranstaltung zugelassen.