Immer mehr Reisende bringen das Coronavirus mit aus dem Urlaub. Die Landesregierung baut deshalb Testcenter auf, um die Kontrolle über das Geschehen zu behalten. (Symbolfoto) Foto: (dpa)

Immer mehr Reisende bringen Virus aus Urlaub mit. Landesregierung sorgt sich um Akzeptanz für Auflagen.

Baden-Württemberg - Für Gesundheitsminister Manne Lucha gleicht der Kampf gegen das Coronavirus in diesen Tagen einem "Ritt auf der Rasierklinge". Immer mehr Menschen bringen die Corona-Krankheit aus dem Urlaub mit in die baden-württembergische Heimat. Die Zahl der Infektionen steigt und es muss mehr getestet werden, aber das Verständnis für die Auflagen nimmt nach Wahrnehmung der Landesregierung auch im Südwesten ab. Hektisch werden nun Teststationen für die Reisenden errichtet.

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Nicht zuletzt auch wegen einer schweren Testpanne in Bayern warnt Lucha Politiker und Beamte aber auch davor, zu viel zu versprechen, wenn es um Tests, Ergebnisse und Vorsorge geht. Als Teil der Verantwortungsgemeinschaft seien die Menschen selbst verpflichtet, sich an die Auflagen zu halten, sagte der Grünen-Politiker.

Seit Donnerstagmorgen können sich Reisende am Stuttgarter Hauptbahnhof auf das Coronavirus testen lassen. Von diesem Freitag an sind Tests auch an der Rastanlage Neuenburg-Ost an der A5 möglich. Beide Teststationen könnten je nach Bedarf kurzfristig ausgebaut werden, teilte das Sozialministerium mit. Möglich seien auch weitere Stationen an einzelnen Autobahnparkplätzen und Bahnhöfen, das hänge aber davon ab, wie viele Ärzte zur Verfügung stehen.

Seit dem vergangenen Samstag sind außerdem Stationen an den drei Flughäfen in Stuttgart, Friedrichshafen und am Airport Karlsruhe/Baden-Baden in Betrieb. "Wer aus einem Risikogebiet kommt, muss sich unverzüglich in Quarantäne begeben, bis das Testergebnis vorliegt", sagte Lucha. Alle anderen Reiserückkehrer sollten sich so verantwortungsvoll verhalten, dass sie – vor allem bei Symptomen – zu Hause bleiben, bis sie das Ergebnis des Tests erhielten. Die Behörden könnten in Stichproben kontrollieren, warnte Lucha - und ein Verstoß könne teuer werden: "Sollte die Quarantänepflicht nicht eingehalten werden, drohen Geldbußen von bis zu 25.000 Euro", sagte der Minister.

Ohne Maske droht Bußgeld über 100 Euro

Die Gesundheitsbehörden sind besorgt, weil die Infektionszahlen wieder steigen: Die Zahl der nachweislich mit dem Coronavirus Infizierten seit Beginn der Seuche ist in Baden-Württemberg bereits auf mindestens 38.165 gestiegen. Das sind 187 mehr als am Vortag, wie das Gesundheitsministerium am Mittwochabend mitteilte.

Die Lenkungsgruppe der Landesregierung hat deshalb schärfere Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie beschlossen. Wer in Bussen und Bahnen keine Maske trägt und dabei erwischt wird, muss künftig mindestens 100 Euro Bußgeld zahlen. Zuvor lag die Untergrenze bei 25 Euro. Die Obergrenze für Maskenverweigerer bleibt bei 250 Euro.

Grund für die Verschärfung sei die "zunehmende und bisweilen mutwillige Disziplinlosigkeit beim Befolgen der Maskenpflicht im ÖPNV", teilte das Staatsministerium mit. Deshalb zieht auch die Polizei die Zügel an und kontrolliert seit Donnerstag an wechselnden Schwerpunkten im Land, zunächst in den Kreisen Ostalb, Rems-Murr und Schwäbisch Hall. Mit zunehmender Dauer der Maskenpflicht nehme die Akzeptanz ab, begründete Innenminister Thomas Strobl (CDU) die Aktion.

Die Einrichtung der neuen Teststationen im Land war nötig, weil sich Urlauber aus Corona-Risikogebieten - zur Zeit etwa Serbien, Luxemburg oder die USA - seit Samstag bei der Rückkehr nach Deutschland auf das Virus testen lassen müssen. Mehrere Tausend Reiserückkehrer wurden bereits in den ersten Tagen untersucht. Reisende, die nicht aus einem Risikogebiet zurückkehren, können sich kostenlos ebenfalls testen lassen.

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Allerdings müssen sie sich in Geduld üben, bis ein Ergebnis des Tests vorliegt: "Ziel ist es natürlich immer, die Betroffenen so schnell wie möglich zu informieren", sagte Eva Frien von der Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg. Möglichst solle dies innerhalb von 48 Stunden geschehen. "Doch dies können wir nicht immer garantieren", sagte Frien. Die KV ist für das Testkonzept an den Flughäfen zuständig. Nach Angaben Luchas kann es wegen der hohen Inanspruchnahme der Testkapazitäten derzeit sogar bis zu vier Tage dauern, bis ein Ergebnis vorliegt.

Für Aufsehen sorgte am Donnerstag auch eine schwere Testpanne in Bayern. Wegen des verspäteten Versendens von Testergebnissen wussten bis Mittwochabend 900 bei der Rückkehr aus dem Auslandsurlaub positiv getestete Bürger aus mutmaßlich mehreren Bundesländern nichts von ihren Infektionen und konnten dementsprechend andere Menschen anstecken. Insgesamt warteten 44.000 Reiserückkehrer nach freiwilligen Tests an Autobahnraststätten und Hauptbahnhöfen auf Ergebnisse. Bayern war mit der Ankündigung der Teststationen an Autobahnen bundesweit vorgeprescht.

Das Gesetz zur Testpflicht für Reiserückkehrer sei mit heißer Nadel gestrickt, sagte Lucha dazu. "Es ist unmöglich, von heute auf morgen Testzentren aus dem Boden zu stampfen, hier müssen wir einfach mit Augenmaß vorgehen und uns nicht treiben lassen", forderte der Gesundheitsminister. "Wir dürfen keine Versprechen ins Schaufenster stellen, die wir nicht einhalten können."