Most – ja. Bier – auch. Aber Wein? Den bringt man eher nicht mit der Alb in Verbindung. Aber es gibt auch bei uns Winzer. Dieter Holweger ist einer von ihnen.
Er sitzt am Stammtisch im Café Catrina in Dürrwangen. Als Lektüre liegt vor ihm die aktuelle Ausgabe unserer Zeitung. Dieter Holweger ist Senior-Chef des Traditionslokals und schenkt in diesen Tagen Traubensaft vom eigenen Weingarten aus.
Wie der schmeckt? „Der hat was, gell?“, sagt der Hobby-Winzer, als er eine Kostprobe des hellroten Safts ausschenkt. Nicht ganz ohne Stolz sagt er das, denn in dem süßen Tropfen steckt viel, viel Arbeit. Aber auch viel, viel Leidenschaft, wie man im Gespräch mit dem Ruheständler merkt.
So kam er zu seinem Weingarten
Wobei – das mit dem Ruhestand stimmt eigentlich nicht, wie Holweger mit einem Schmunzeln erzählt. Früher, berichtet er, habe man gesagt: „Wenn da oin ned leide kasch, schenksch em an Weingarten.“ Auf Hochdeutsch: „Wenn Du jemanden nicht leiden kannst, schenke ihm einen Weingarten.“ Als er seinen von einem Stammgast erstand, hätten alle gesagt: „Du hast Dir Arbeit gekauft.“
Das stimme, es sei viel zu tun das Jahr über an den hundert Rebstöcken. Hundert deswegen, weil man außerhalb von Weinbaugebieten pro Person nicht mehr bewirtschaften dürfe, sagt der Hobby-Winzer, der bis 2016 keine Ahnung von Trauben, Trester oder Rückschnitt der Reben hatte. Gemeinsam mit seiner Frau Luise besuchte er einen Kurs. Ihnen gefiel das dort gezeigte Bogenrebensystem. Seit dem wachsen im Frommerner Weingarten die rote Sorte Regent und ihre weißen Pendants Phönix und Birdtaler.
Der Saft ist schnell weg, bevor daraus Suser wird
Um die 150 Liter Saft haben diese erbracht, zu haben in Glasflaschen oder in Getränkekartons. Den Eigenanteil und jenen für die Gäste des Cafés, das von den Söhnen Markus und Jochen Holweger betrieben wird, werden kühl gelagert. „Sonst wird schnell Suser, also neuer Wein daraus“, erklärt der Senior-Chef. Und dann muss er lachen: „Aber der Saft ist so schnell weg, da passiert das nicht.“ Schwiegertochter Sandra, die an der Theke werkelt, muss ebenfalls grinsen.
Das mag er am meisten
Zu Beginn seiner Winzer-Karriere hatte der frühere Gastronom noch Wein gekeltert. Das habe sich aber nicht rentiert. Mit dem Saft komme er gerade so Null auf Null raus. Aber ums Geldverdienen geht es Dieter Holweger nicht. Sein Wengert ist so etwas wie seine zweite Heimat. „Der Blick von dort auf die Balinger Berge ist einmalig“, sagt er und lächelt.
„Ich bin gerne in der Natur“, bekennt er, schließlich stamme er von einem Bauernhof. Vielleicht geht Dieter Holweger deswegen achtsam mit seinen Reben um. Gedüngt wird rein natürlich, bewässert mit einem Tröpfchensystem, dessen Wasser vom Dach des Café Catrina aufgefangen und in Tanks gelagert wird. „Natürlich spritze ich meine Trauben auch“, bekennt er. Bei ihm aber kommt keine Chemie zum Einsatz, Holweger setzt zum Beispiel auf Backpulver, Fruchtkalk oder Schwefel.
Das macht er mit dem Unkraut
Schon im 12. Jahrhundert wurden in Frommern Reben gepflanzt
„Ich hätte das Rasenmähen gesetzlich verboten“, sagt Holweger bestimmt. „Man muss doch der Natur eine Chance lassen.“ Deswegen zupfe er das Unkraut zwischen den Rebstöcken von Hand und lässt das Gras bis nach der ersten Blüte für die Bienen stehen.
Dieter Holweger kann bis ins Detail erklären, wie man mit einem Rebstock umgeht. Und er hat sich in der Historie schlau gemacht. Er weiß: „Seit dem 12. Jahrhundert wurden in den Frommerner Weingärten Reben gepflanzt.“ Damals sei das ein Zubrot für die Bauern gewesen. Sogar aus Stuttgart kamen Käufer, denn dort hatte es im Mittelalter wegen Trockenheit, Frost und Hagel einen Totalausfall der Ernte gegeben.
Zwischen Balingen und Frommern herrschte damals Konkurrenz: „Nur die Balinger hatten eine Presse und haben sich das von den Frommernern teuer bezahlen lassen.“ Und warum die Ostdorfer bis heute „Pfahlbauern“ genannt werden, das weiß Dieter Holweger auch: „Die durften nichts, außer die Pfähle liefern.“
Das wünscht er sich für die Zukunft
Um 1900 herum, erzählt Dieter Holweger weiter, wurde der Weinanbau verboten und die Besitzer der Stückle stellten auf Beeren und Träuble um. „Es wurde sogar Hopfen angebaut.“
So langsam spüre er sein Alter, bekennt Dieter Holweger. Seine Frau Luise schaffe es schon nicht mehr in den Weingarten. Sein Wunsch für die Zukunft? Dass sich jemand findet, der seinen Weingarten weiter bewirtschaftet.