Am 7. Juni 1925 scheint dazu ganz Wildbad beim „Weihezug“ durch die Stadt zum Waldfriedhof und als Publikum vor Ort auf den Beinen gewesen zu sein.
Im Juli 1922 schreibt das als Zeitung der Bäderstadt bis 1936 sechs Mal in der Woche erscheinende „Wildbader Tagblatt“, der Waldfriedhof gehe seiner Vollendung entgegen. Es müsse entschieden werden, ob dort – seinerzeit ziemlich außerhalb gelegen – das Kriegerdenkmal für die im Ersten Weltkrieg Gefallenen errichtet werde oder doch mehr in der Stadt.
Diskussion in der Bevölkerung
Am 7. Juni 1925 wurde die gleichermaßen kunstvolle wie würdevolle Gedenkstätte dann nach einigem Hin und Her um den Standort an ihrem heutigen Platz unter großer Beteiligung der Bevölkerung eingeweiht. Für die weiteren Vorarbeiten wegen des Kriegerdenkmals war 1922 eine Kommission aus „Stadtvorstand Baetzner und den Gemeinderäten Bosch, Großmann und Kappelmann ernannt“ worden.
Leserbrief vom Apotheker
Eine Gemeinderatsmehrheit wollte gegen den Willen des Stadtschultheißen eine Gedenkstätte am „Straubergwasen“ (ungefähr heutiger Rosengarten im Kurpark), am Jägerberg oder in den Kuranlagen. Offenbar brachte eine Diskussion in der Bevölkerung wieder die Wende.
Man habe doch wohl nicht umsonst einen Künstler mit der Gestaltung für den Friedhofsbereich beauftragt.
Ein stiller, würdiger Platz, ohne Umtrieb, also der neue Friedhof, sei der richtige, lässt sich ein im Mai 1924 erschienener Leserbrief von Apotheker Stephan zusammenfassen. „Das Denkmal bildet mit seinen ausdrucksvollen Figuren eine Zierde des Waldfriedhofs und wird mit diesem, wenn auch einstweilen der Weg dorthin etwas weit erscheint, nach Ausbau und Bepflanzung der neuen Straße, eine vielbesuchte neue Stätte sein“, endet die Fürsprache.
Viele Einwohner und Hunderte Schüler
In drei Ausgaben berichtete die Lokalzeitung im Juni vor 100 Jahren ausführlich über die Einweihung. Vom Kurplatz aus bewegte sich unter Glockengeläut ein langer „Weihezug“ – angeführt von der Feuerwehrkapelle durch die Stadt. Es folgten die Repräsentanten von Kommune, Schulen, Bad und Behörden, dahinter Kirchenvertreter, Hinterbliebene der 166 Gefallenen des Ersten Weltkriegs.
Zwölf Kranzniederlegungen
Danach kamen im Zug Abordnungen der Kriegervereine Sprollenhaus und Enzklösterle/Enzthal, der Wildbader Fußballverein, Liederkranz, Radfahrverein, Turnverein, die Vertretung der Wildbader Eisenbahnbeamten und -arbeiter, das Reserve-Infanterie-Regiment 119, die Versorgungs-Kuranstalt sowie weitere Gruppen. Viele Einwohner und Hunderte Schüler warteten nach den Berichten schon am Friedhof.
Ansprachen des evangelischen Stadtpfarrers Federlin und des katholischen Stadtpfarrers Fischer folgten eine Rede und die erste von zwölf Kranzniederlegungen durch Stadtschultheiß Carl Baetzner (1867 bis 1946).
Er übernahm das von dem Stuttgarter Bildhauer Emil Hipp (1893-1965) geschaffene Denkmal in die Obhut der Stadt.
Liederkranz umrahmt Feier
Nach der vom Liederkranz umrahmten Feier ging der Zug wieder zurück zum Kurplatz. Ausführlich ist 1924 im Wildbader und gerafft im Calwer Tagblatt zu lesen, dass es damals der Stadt wohl finanziell nicht besser ging als heute. Eine Schuldaufnahme von 600 000 Goldmark wurde nötig durch „den Bau des Aichelberger Sträßchens, die Wohnhausbauten im Rennbachtal, auf der Hummelwiese und in Sprollenhaus, des Waldfriedhofs mit Kriegerdenkmal, des Umbaus der Turn- und Festhalle, die Einbauten in der Gasfabrik, die als Notstandsarbeiten ausgeführten Wegbauten usw.“
Im und nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Kriegerdenkmal auch für die Gefallenen des Zweiten Weltkriegs Gedenk- und weit um dieses Ruhestätte.
Außer den Opfern aus der Stadt gibt es viele in den Lazaretten Verstorbene.
Einer unter ihnen ist Franz Zielienski (1906-1945), der Sparringspartner des Box-Idols Max Schmeling (1905-2005), worüber Fritz Barth (1927-2021) in seinem Buch „Hoffnung Krieg Not“ berichtet. Der Abschnitt lenkt den Blick auf dessen Schicksal: Nach dem Bombardement Pforzheims am 23. Februar 1945 wurde Zielienski wie andere gehfähige Verwundete aus den Wildbader Lazaretten zu Aufräumarbeiten, zum Ausgraben von Verschütteten und Bergen von Leichen eingesetzt. Dabei holte er sich eine Leichen-Vergiftung, an der er qualvoll starb.
Bestattungsplätze
„Acht Morgen“
Die Anlegung des Waldfriedhofs an der Markungsgrenze zu Calmbach plante der Stuttgarter Gartenarchitekt Lutz „auf acht Morgen Fläche“ mit 900 Grabstätten „für mehrere Generationen“. Ab Dezember 1924 gab es auf den alten Bestattungsplätzen, dem Uhland- und Kappelbergfriedhof, nur noch Nachbelegungen in Familiengräbern. Ein noch älterer Wildbader Bestattungsplatz zog sich entlang der Wilhelmstraße vom Standort der ehemaligen, 1844 abgetragenen Vorstadtkirche talwärts, an deren Platz 1845 teils aus dem Abbruchmaterial als Schule das heutige Technische Rathaus erbaut wurde.