Tagesmutter, Kita oder sonstige Betreuung für das Kind – Beruf und Familie gut zu vereinbaren, ist für viele Frauen immer noch schwierig. Immer mehr Firmen schaffen Rahmenbedingungen, um Mütter im Unternehmen zu halten. Foto: Ammon

Frauen sollen trotz Kind weiterarbeiten können. Doch bei der Umsetzung hapert es gewaltig.

Stuttgart - Quer durch die politischen Lager löst die geplante Einführung des Betreuungsgeldes - von den Kritikern als „Herdprämie” bezeichnet - heftige Reaktionen und Diskussionen aus. Entschieden ist noch nichts, aber nach den Plänen der Bundesregierung sollen ab dem Jahr 2013 Eltern, die ein Kind im Alter zwischen einem und drei Jahren nicht in Einrichtungen betreuen lassen wollen oder können, monatlich 150 Euro vom Staat bekommen. Grundsätzlich kann ein solcher Ansatz natürlich nicht im Interesse der Arbeitgeber sein, die weibliche Fach- und Führungskräfte trotz Kindern weiter im Unternehmen halten wollen. Doch wie können Unternehmen Frauen, die Mutter werden, langfristig binden?

Schaut man sich die Entwicklung der vergangenen Jahre an, so hat sich zweifellos einiges getan. Immer mehr Unternehmen bieten prinzipiell Teilzeitarbeit, flexiblere Bestimmungen bei Arbeitszeiten und -orten, Zuschüsse zur Kinderbetreuung, Betriebskindergärten oder Plätze in allgemein zugänglichen Tageseinrichtungen an. Trotzdem ist für viele Frauen, die nach der Geburt ihres Kindes wieder arbeiten wollen, der Weg noch immer oft ein steiniger - trotz entsprechender Konzepte der Personalabteilungen. Das Grundproblem liegt in den Augen von Jasmin Link, Vorsitzende des Verbands berufstätiger Mütter (VBM), in der Lücke zwischen Theorie und Praxis: „Die Führungskräfte wissen oft gar nicht genau, wie der rechtliche Rahmen im Unternehmen aussieht. So kommt es leider immer wieder vor, dass eine Führungskraft zum Beispiel eine bestimmte Wochenstundenzahl unter 20 Stunden in Teilzeit von vornherein ablehnt, obwohl die Bestimmungen des Unternehmens dies eigentlich zuließen.” Hier sind die Personalabteilungen also gefordert, das Wissen über die Rahmenbedingungen viel stärker ins Unternehmen hineinzutragen. „Vorbilder und Patenmodelle könnten kommunizieren und vermitteln helfen, wie Arbeit bei Teilzeitkräften aufgeteilt und flexibilisiert werden kann”, nennt Link einen konkreten Ansatzpunkt.

Mehr als 40 Prozent finden es schwierig, Beruf und Familie zu vereinbaren

Dass Führungskräfte bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch persönlich in einem Dilemma stecken, hat eine gemeinsame Studie der Uni Münster und der Steinbeis-Hochschule Berlin im Jahr 2010 ergeben, die in Kooperation mit der gemeinnützigen Initiative Beruf und Familie durchgeführt wurde. 1200 Führungskräfte, die alle in Unternehmen tätig waren, die bereits das Zertifikat zum Audit „Beruf und Familie” tragen, nahmen an der Studie teil. Mehr als 40 Prozent sahen es als eher schwierig an, Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren. Diese Einschätzung war weitgehend geschlechtsunabhängig, nahm aber mit der Personalverantwortung zu. In gewinnorientierten Unternehmen trat die Meinung zudem deutlich öfter auf als in gemeinnützigen Organisationen. Die, in absteigender Reihenfolge, am häufigsten genannten Gründe waren: das Volumen der zu bewältigenden Arbeit, mangelnde Flexibilität bei Arbeitszeit und -ort, mangelnde Akzeptanz bei anderen Führungskräften oder der Unternehmensführung, hohe Anforderungen an die Mobilität sowie die Organisation der Kinderbetreuung.

„Leider”, sagt VBM-Vorsitzende Link, „können werdende Mütter beim Eintritt in den Mutterschutz oft noch gar nicht absehen, wann sie nach der Geburt wieder arbeiten können. Denn Kitaplätze oder Tagesmütter sind häufig erst sehr kurzfristig zu bekommen - egal, wie lange vorher man sich schon darum gekümmert hat.” Während in diesem Punkt natürlich auch das konkrete Handeln der öffentlichen Hand gefordert ist, glaubt Link, dass auch viele Unternehmen hierfür noch bessere Rahmenbedingungen schaffen können: „Man darf die betriebliche Kinderbetreuung nicht nur als finanzielles Risiko sehen. Auch Eltern-Kind-Büros oder eine Unternehmens-Nanny für Notfallsituationen sind innovative Ansätze, die den Beschäftigten Flexibilität geben.” In der Praxis seien solche Angebote noch immer selten verwirklicht.

Frauen wird die Berufstätigkeit ermöglicht, nicht aber die Karriere

Doch das A und O sind die Rahmenbedingungen für die Arbeit, sprich Zeiten und Orte. Denn erst eine orts- und zeitunabhängige Erledigung der Arbeit gibt einer Mutter die Möglichkeit, flexibel auf aktuelle Erfordernisse reagieren zu können. „Rechtlich ist ein Arbeitgeber derzeit nicht dazu verpflichtet, Arbeitsverträge mit weniger als 15 Wochenstunden abzuschließen”, erklärt Link.

„Gerade zum Beispiel in der Elternzeit könnte das aber eine gute Möglichkeit sein, damit der Kontakt zwischen Unternehmen und Mitarbeiterin gar nicht erst völlig abreißt.” Das sieht auch die Trainerin und Beraterin Monika Henn ähnlich: „Man kommt um eine weitere Individualisierung der Rahmenbedingungen bei Arbeitszeit und -ort nicht herum, wenn man mehr Frauen im Berufsleben halten will.” Warum, so Henn weiter, machten sich denn so viele Mütter selbstständig?

Wobei die Psychologin darauf hinweist, dass die bisherigen Ansätze der Unternehmen „Frauen eher eine Berufstätigkeit ermöglichen, aber keine Karriere”. Wolle man das ändern, müsse sich das Denken der Führungskräfte ändern: „Sie müssen beispielsweise bereits auf die werdenden Mütter zugehen und ihnen klar signalisieren, dass sie fest mit ihrer Rückkehr in den Job rechnen”, sagt Henn. „Das muss eine Mischung aus Fördern und Fordern sein.”