Bilder vom Neujahrsschießen am Bockshof gibt auch in diesem Jahr nur im Fotoalbum. Foto: Schnekenburger

Der Neujahrstag ohne Neujahrsschießen ist in Rottweil eine traurige Angelegenheit. Nicht nur, weil das lautstarke Spektakel am Bockshof nun schon zum zweiten Mal der Pandemie zum Opfer fällt, sondern auch, weil der Bau der Hängebrücke grundsätzlich die Örtlichkeit in Frage stellt. Wir haben mit der Vorsitzenden Margarete Bühner gesprochen.

Rottweil - Kein Donnerhall und kein Salut der heiligen Barbara: Der Neujahrstag in Rottweil ist ruhig, zu ruhig. Kein bisschen Pulverrauch liegt in der Luft. Und das nun schon zum zweiten Mal in dieser Pandemie. Wo sonst im mit Schaulustigen gut gefüllten Bockshof lautstark das neue Jahr begrüßt wird, genießen Einzelne lediglich das frühlingshafte Wetter. "Wir hoffen, dass wir das nächste Jahr dann die Stadt wieder beschallen können", sagt Margarete Bühner. In ihren Worten schwingt Wehmut mit, denn Gewissheit gibt es derzeit nicht.

 

Dass es auch 2022 nichts mit dem Neujahrsschießen werden würde, war der Vorsitzenden der Rottweiler Bürgerwehr schon im Herbst klar gewesen. "Wir hatten mit der Stadt darüber gesprochen. Da wurde schnell deutlich, dass wir das nicht durchführen können. 2G – wir hätten das Publikum ja nicht kontrollieren können", erklärt Bühner.

Dass nach der mehr als 40-jährigen Tradition nun der lautstarke Gruß ins neue Jahr erneut ausfallen muss, schmerzt die Bürgerwehr. "Wir können uns im Winter ohnehin nicht im Neckartal zum Trainieren treffen. Deshalb ist die Schießanlage immer drei Monate zu", sagt Bühner. Umso schöner sei es da, wenn die Bürgerwehr dann am Neujahrstag mit großem Halali am Bockshof zusammenkomme – herausgeputzt in ihren schönen Gewändern, die Kanonen und Haubitzen parat. Nun sei einem wieder nichts anderes übrig geblieben, als das neue Jahr – im Stillen – im Privaten zu begrüßen. "Aber das geht ja nicht nur uns so. Auch die anderen Vereine leiden unter der Situation. Das trifft uns alle", sagt Bühner.

Seemanns Erbe

Dennoch, das Neujahrsschießen in diesem Jahr, es hätte auch ein besonderes werden können. Zwei große Kanonen und Haubitzen aus dem Fundus des verstorbenen ehemaligen Vorsitzenden Peter Seemann wären 2022 zum Einsatz gekommen. Der Großteil des stolzen Waffenbesitzes ging an einen privaten Sammler nach Österreich. Dann wird die Vorsitzende nachdenklich. "Als Peter Seeman das letzte mal noch beim Neujahrsschießen operiert hat – da war er mit Feuer und Flamme dabei", erinnert sie sich. Damals habe er schon gewusst, dass es vermutlich sein letztes Neujahrsschießen sein werde. Dann starb der begeisterte Schütze.

"Danach dachte man, es wird nichts mehr so wie früher", erzählt Bühner und meint damit auch den Streit im Verein, der aufflammte. Aber Bürgerwehr und ihre Mitglieder könnten heute optimistisch nach vorne blicken. Und da lasse sich dann auch eine Parallele zur Corona-Pandemie ziehen. "Wenn jeder sein Bestes gibt, können wir das Ding überwinden", sagt Bühner beherzt.

Fragezeichen bei Bockshof

Können die Rottweiler auf ein Neujahrsschießen 2023 hoffen? Bühner wagt keine Prognose. Nicht nur wegen der andauernden Corona-Pandemie, sondern auch, weil der Bau der Hängebrücke trotz längerer Hängepartie bei der Planung und Umsetzung so weit fortgeschritten sein könnte, dass ein Neujahrsschießen im Bockshof ohnehin nicht mehr zu machen sein wird. "Wir müssen schauen, was 2022 passiert", sagt Bühner. Vielleicht kann es ein Schießen im Sommer geben – "das wär schön" – vielleicht kann der Verein auch im kleineren sich und seine Passion in der Öffentlichkeit präsentieren – "ein Gässlefest oder ein Vorderladerschießen auf der Anlage wären toll". Vielleicht, ja vielleicht gebe es im neuen Jahr ja auch ein Stadtfest, das mit Donnerhall und Pulverrauch feierlich eröffnet werden will. Was immer im neuen Jahr auch möglich sein werde, sagt Bühner, "wir sind bereit".