Zu lang, zu schwierig, zu teuer: Zahlreiche Bauprojekte (hier das Innenministerium an der Willy-Brandt-Straße) von Land und Stadt Stuttgart produzieren Negativschlagzeilen. In unserer Bildergalerie zeigen wir Ihnen die Baustellen. Klicken Sie sich durch. Foto: Peter-Michael Petsch

Innenministerium wird nicht Ende Juli fertig – Große Probleme bei vielen Bauprojekten.

Stuttgart - Kosten explodieren, geplante Bauzeiten vervielfachen sich: Bei großen Projekten der öffentlichen Hand geht vieles schief – zu vieles, sagt der Bund der Steuerzahler und zählt die gröbsten Fehler auf.

Die jüngste Hiobsbotschaft betrifft den Neubau des Innenministeriums an der Willy-Brandt-Straße. Die Fertigstellung des mächtigen Komplexes hatte sich bereits um ein Jahr verschoben und hätte Ende Juli sein sollen. Doch auch daraus wird nichts. Das zuständige Finanzministerium verweist auf Probleme mit dem Generalunternehmen. Man habe eine Frist bis Ende August gesetzt. Ob die eingehalten wird, ist offen.

Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen. Kaum ein großes Bauprojekt in Stuttgart, bei dem Stadt oder Land als Bauherr maßgeblich beteiligt sind, hat sich zuletzt nach Plan umsetzen lassen. Kostensteigerungen, enorme zeitliche Verzögerungen und technische Probleme sind an der Tagesordnung. Vielen Menschen drängt sich deshalb der Eindruck auf, dass die öffentliche Hand oft nicht in der Lage ist, vernünftig zu planen.

Diese Einschätzung teilt der Bund der Steuerzahler. „Grundsätzlich ist ein Vergleich zwischen privater und öffentlicher Hand schwierig, weil Probleme bei privaten Bauherren meist nicht öffentlich werden“, sagt der Landesvorsitzende Wilfried Krahwinkel. Laut der Erfahrungen, die man über Jahrzehnte gesammelt habe, komme es bei Projekten von Bund, Ländern und Kommunen jedoch „öfter zu Problemen, als zu erwarten wäre“. Bundesweit gehe es dabei jedes Jahr um Milliardenbeträge. Der wichtigste Grund sei schlicht die Geldquelle: „Unternehmen und Privatleute müssen sehr korrekt kalkulieren, um mit ihren Mitteln hinzukommen“, so Krahwinkel, „Behörden dagegen greifen nicht ins eigene Portemonnaie, sondern in das der Bürger.“

Wenn nicht klar ist, was man will, erhöhen sich die Kosten später

Der Bund der Steuerzahler spricht von den „sieben Todsünden der Bauplanung durch die öffentliche Hand“. Ganz oben stehen Mängel in der Aufgabendefinition. Wenn nicht klar ist, was man will, erhöhen sich die Kosten später. Dazu kommen Mängel in der Kostenermittlung. „Wenn von ersten groben Schätzungen die Rede ist, weiß man sofort, dass das nie funktionieren kann“, so Krahwinkel. Politische Einflüsse, technische Planungsmängel und vernachlässigte Bauprüfung sind weitere Erschwernisse. Gerade, wenn mehrere Behörden beteiligt sind, fehlt es oft an der klaren Verantwortung. Und nicht zuletzt spielt Zeit eine Rolle: Nicht selten werden Projekte überstürzt auf den Weg gebracht, um Zuschüsse abzugreifen, Haushaltsmittel zu sichern oder Parlamentsbeschlüsse zu bekommen.

Das Finanzministerium wehrt sich gegen die Vorwürfe. „Die Vermögens- und Hochbauverwaltung hat in den vergangenen Jahren rund eine Milliarde Euro für bauliche Maßnahmen umgesetzt. Fast alle diese Projekte liefen reibungslos“, sagt eine Sprecherin. Und das, obwohl man sich im öffentlichen Bereich an strengere formale Verfahren halten müsse als private Bauherren.

Finanzkontrolleure werfen aktuell gezielt ein Auge auf drei große Vorhaben in Stuttgart

Beim Landesrechnungshof Baden-Württemberg äußert man sich zurückhaltend. Die Karlsruher Finanzkontrolleure listen jedes Jahr Missstände in Ministerien, Landesbehörden und öffentlichen Einrichtungen auf. „Ob es allgemein bei der öffentlichen Hand größere Probleme bei Bauvorhaben gibt als anderswo, können wir nicht sagen. Es hat bisher schlicht noch nie eine Untersuchung dazu gegeben“, sagt Sprecher Bernd Kölmel.

Dafür werfen die Kontrolleure aktuell gezielt ein Auge auf drei große Vorhaben in der Landeshauptstadt. „Wir prüfen derzeit das Projekt Schauspielhaus und werden noch im Laufe des Sommers einen Bericht dazu abgeben“, sagt Kölmel. Beobachtet werden zudem der Bau des Menschenaffenhauses in der Wilhelma und des Innenministeriums. Eine konkrete Prüfung ist das zwar noch nicht – aber die kann noch kommen. Angesichts der jüngsten Entwicklungen ist das wohl nicht unwahrscheinlich.

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