Wie man am Webstuhl schöne Dinge herstellen kann, hat Sibylle Weber den Schülerinnen der Medischulen in Engstlatt gezeigt. Foto: Reiband

Was will ich später mal werden? Die aktuelle Coronapandemie macht eine berufliche Orientierung für Schüler schwieriger als sie ohnehin schon ist. Die Haigerlocher Weberin Sibylle Weber gibt in den Medischulen in Balingen Einblicke in ihren Berufsalltag.

Balingen-Engstlatt - Coronakonforme Projekttage und trotzdem total interessant und praxisnah: In den Medischulen in Balingen sind themenbezogene Aktionen angeboten worden, eine davon: Weben.

Die Schüler der Ausbildungsgänge Ergotherapie und Arbeitserziehung durften sich mit der Haigerlocher Weberin Sibylle Weber an den Webstuhl setzen und dieses besondere Handwerk kennenlernen. Corona setzte neue Standards: Aufgrund der Pandemie wurden die Klassen so geteilt, dass maximal zehn Schülerinnen und Schüler am jeweiligen Projekt teilnehmen konnten. Dass eine Kleingruppe nicht nur ein Nachteil sein muss, zeigte sich im Kontakt mit Sibylle Weber: Sie zeigte den Anwesenden das Besondere des Handwerks, das eigentlich schon eine Kunst für sich ist. Die unterschiedlichen Webtechniken wurden sowohl an den klassischen Schulwebrahmen – ob eckig oder rund – als auch an mobilen großen Webrahmen ausprobiert. Die Weberin wusste so einiges zu berichten: Bis der handgewebte Schal oder Rock fertig ist, braucht es viele Hin und Hers.

Erfahrungen im therapeutischen Setting

Doch es braucht weitaus mehr. Das Weben am Webstuhl ist einer von vielen Schritten, die getan werden müssen, bevor man sich den Schal um den Hals legen kann. Zunächst muss überlegt werden, welche Art Stoff gewebt werden soll, die Breite, das Muster, die Farben: Diese Entscheidung wird sehr früh getroffen. "Dann braucht es eine lange Zeit, bis alle Fäden aufgespannt und eingezogen sind", erklärt Sibylle Weber. Es beginnt mit dem Schären der Kette. Die Fäden werden dabei in der richtigen Länge und Anzahl gebündelt und in der richtigen Breite und Spannung auf den Kettbaum im Webstuhl aufgebracht. Jetzt wird jeder Faden, in der vorgegebenen Reihenfolge des Fadenkreuzes, in die Litzen der Schäfte eingezogen. Dabei wird das Muster festgelegt. Um die richtige Dichte des Gewebes zu erreichen, wird nun jeder Faden noch einmal in den Webkamm eingezogen.

Wenn dies alles erledigt ist, kann durch Anbinden der Fäden die Spannung aufgebaut werden. Es müssen die Tritte nach einer angefertigten Patrone hochgebunden werden, das Fach gerichtet. Unweigerlich kommen Gedanken: "So viele Fäden, so viele Möglichkeiten." Eigentlich ist es viel Technik und Wissen, das beherrscht werden muss, bis der Schütze dann tatsächlich hin und her geschossen werden kann. Neben der Vermittlung des handwerklichen Geschickes ging es auch um die didaktisch-methodische Vermittlung: Wie leite ich später als Therapeutin meine Klienten oder Patienten an? Wie finde ich Interessen heraus? Wie greife ich Bedürfnisse auf und wie kann ich Menschen mit Beeinträchtigungen trotzdem ermöglichen, teilzuhaben, tätig zu sein und autonom Sinnvolles zu gestalten?

Sibylle Weber berichtete von eigenen Erfahrungen im therapeutischen Setting. Die Teilnehmer an diesem Projekt zeigten sich begeistert von der Referentin und dem Inhalt des Dargebotenen. In heiterer Atmosphäre entstanden am Webstuhl und an den Webrahmen schöne Dinge, die einige Schülerinnen zu der Überlegung verleitet haben, sich weiter diesem Handwerk zu widmen.