Autofahren lernen ist für junge Menschen ein wichtiger Schritt. Foto: Christin Klose/dpa-tmn/Christin Klose

Die Zahl der Menschen, die bei der praktischen Führerscheinprüfung scheitern, steigt seit Jahren. Woran liegt das? Und was lässt sich dagegen tun? Unsere Redaktion hat bei Fahrlehrern nachgefragt.

Die praktische Fahrprüfung treibt so manchem mehr Schweißperlen auf die Stirn als eine Abschlussprüfung an der Schule oder Uni. Denn ein kleiner Fehler bedeutet, dass man wieder Zeit, Geld und Nerven aufbringen muss, um das Ganze zu wiederholen. Tatsächlich zeigt sich in den vergangenen Jahren bundesweit wie auch im Ortenaukreis die Tendenz, dass immer mehr Fahrschüler durch die Praxis-Prüfung rasseln und eine zweite Runde drehen müssen.

 

Carsten Gülich ist Vorsitzender des Kreisfahrlehrerverbands Ortenau. „Die jungen Leute sind heute nicht dümmer als früher“, sagt der 60-Jährige im Gespräch mit unserer Redaktion. Trotzdem scheiterten laut Gülich, der sich auf Zahlen des TÜV bezieht, zuletzt im Ortenaukreis 25 bis 27 Prozent der Fahrschüler an ihrer Praxisprüfung. Zum Vergleich: Vor 20 Jahren bestanden nur rund 20 Prozent nicht. Damit steht der Ortenaukreis sogar noch gut da, bundesweit ist die Durchfallquote heute deutlich höher, vor allem in Großstädten.

Wie kommt das? Gülich, der seit 1982 Fahrlehrer ist und seit 1992 eine eigene Fahrschule in Oberkirch betreibt, nennt mehrere Gründe. Zum Beispiel Nervosität, denn meist sei die Führerscheinprüfung die erste Prüfung im Leben eines jungen Menschen. Nun waren Fahrschüler früher bestimmt auch schon nervös – der Unterschied besteht laut Gülich darin, dass junge Leute mit Drucksituationen heute nicht mehr so gut umgehen könnten. „Denn ihnen wird heute vieles abgenommen, auch die Eigenverantwortung“, stellt er fest.

Außerdem hätten junge Menschen eine ganz andere Verkehrswahrnehmung als noch vor 20 Jahren – nämlich eine geringere. Kinder, die heute bei den Eltern im Auto mitfahren, würden eher auf ihr Smartphone als auf die Straße schauen. Indem sie – auch beim zu Fuß gehen – am Handy hängen, würden sie es versäumen, früh etwas über den Straßenverkehr zu lernen, bedauert Gülich. Es sei auch schon vorgekommen, dass einer seiner Fahrschüler, der im Auto auf der Rückbank saß, auf sein Smartphone guckte, statt dem Verkehr und den Äußerungen des Fahrlehrers zu folgen.

Die praktische Prüfung ist schwerer geworden

Darüber hinaus haben laut Gülich die Anforderungen zugenommen, allein die praktische Prüfung sei mehr als doppelt so lang wie einst. Gleichzeitig hätten junge Leute mehr schulische Verpflichtungen mit mehr Nachmittagsunterricht, was die Taktung der praktischen Fahrstunden verkompliziere.

Erschwerend kommt hinzu, dass das Verkehrsaufkommen in den vergangenen 20 Jahren enorm zugenommen hat, betont Marlene Pflanz im Gespräch mit unserer Redaktion. Als ehemalige Physik- und Chemielehrerin betreibt sie mit ihrem Mann Frederik seit 2021 die Fahrschule Impetus in Lahr (vormals Fahrschule Tontsch). Doch nicht nur die Verkehrsdichte sei gestiegen, sondern man habe es auf den Straßen auch mit neuen Verkehrsteilnehmern zu tun, E-Scootern beispielsweise. Bei der Gefahrenwahrnehmung und der schnellen Reaktion darauf seien Fahrschüler deshalb heute stärker gefordert. Dabei sei es wichtig, dass sich Verhaltensweisen festigen, ehe man in die Prüfung geht.

Auch die Fahrschulen gehen indes mit der Zeit. So bietet die Fahrschule Impetus Zusatztraining mit einem Fahrsimulator an, außerdem eine praktische Prüfungssimulation. Dabei sitzt ein weiterer Fahrlehrer auf der Rückbank – wie dann später bei der praktischen Prüfung. So können sich die Schüler auf das Gefühl einstellen. Die Fahrschule entwickelt auch ein neues Lernkonzept, das den Schülern unter anderem helfen soll, mit der Drucksituation der Prüfung umgehen zu können.

Tipps für die Fahrprüfung

Carsten Gülich gibt Fahrschülern Tipps für die praktische Prüfung. Wichtig sei es, das Ganze ausgeruht anzugehen. Er rät auch dazu, Erwartungsdruck zu vermeiden: „Am besten erzählt man es nur ganz wenigen Leuten, wann die Prüfung stattfinden soll. Zu viele warten auf die Nachricht, wie es gelaufen ist.“ Vor allem aber empfiehlt er, seinem Fahrlehrer zu vertrauen, der es erkenne, wann der Schüler soweit ist. Eine zu früh angegangene praktische Prüfung könne ein Grund fürs Durchfallen sein.