Bald Futter für den Borkenkäfer? Diese Bäume sind krank. Foto: Eyrich

Waldbegang: Meßstetter Stadträte erfahren Wissenswertes über den Wert der gefährdeten Esche

Es ist ein Auf und Ab im Meßstetter Stadtwald: Nach drei staubtrockenen Sommern war der Sommer 2021 gut für die Bäume und die Böden. Wissenswertes, was sie bisher noch nicht wussten, haben die Gemeinderäte beim Waldbegang erfahren.

Meßstetten. "In Zeiten der Klimaerwärmung haben die Jäger einen noch höheren Stellenwert als bisher", hat Klaus Richert, Leiter der Forstamt-Außenstelle Albstadt, beim jüngsten Waldbegang den Meßstetter Stadträten berichtet. "Damit wir die Tannen und andere Baumarten hochbekommen – nicht nur die Fichte", sagte er mit Blick auf das Wachstum, das gefräßige Wildtiere, vor allem Rehe, gerne bremsen oder ganz verhindern, indem sie sich an jungen Trieben laben.

Als Flachwurzlerin habe sich die Fichte im ersten nassen Sommer nach drei staubtrockenen schneller erholt als die tiefer wurzelnde Tanne, erklärte Revierförster Franz Maier in einem Waldstück oberhalb von Tieringen, von dem Richert befürchtet, dass dort der Borkenkiefer einziehen könnte, denn die Böden auf der ehemals landwirtschaftlichen Fläche seien nitratreich, die Bäume kränkelten und manche Kronen seien schon gelb.

Der Naturverjüngung müssen die Forstleute teilweise nachhelfen, auch wenn "die Jugend vital" sei. "Wenn wir es steuern können, versuchen wir ihr immer mäßig Licht zu verschaffen."

Tut der Waldbesitzer nichts, kommt die Rechnung prompt

Was den Borkenkäfer angeht, so konnte Richert aber Entwarnung geben: "Insgesamt war 2021 ein ganz tolles Jahr für den Wald – an Schadholz hatten wir fast gar nichts." Zumal die Forstleute auch darauf achten, dass das gefräßige Insekt nicht aus Privatwaldgrundstücken in der Nachbarschaft der städtischen über Grenzen geht. Sei ein Privatwaldgrundstück in einem Zustand, in dem der Käfer sich wohl fühlt, spreche der Revierförster den Waldbesitzer an, so Richert. Reagiere der nicht, bekomme er Post vom Forstamt. "Da passiert dann in der Regel schon etwas." Und falls doch nicht? "Dann besorgt das Forstamt einen Unternehmer, der das Schadholz beseitigt, und irgendwann kommt die Rechnung", betonte Richert. Wohlgemerkt: an den Waldbesitzer.

Am Eschentriebsterben freilich ist der Borkenkäfer nicht schuld, sondern "Hymenoscyphus fraxineus", das "Falsche Weiße Stengelbecherchen", ein aus China kommender Pilz. Doch es gibt Hoffnung, wie Revierförster Thomas Holl erläuterte: Fachleute vermuteten, dass ein Prozent der Eschen resistent sei.

Das Leibnitz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung und das "Johann Heinrich von Thünen-Institut" beschäftigen sich mit einem biologischen Kontrollsystem, um den schädlichen Pilz in Schach zu halten, während die Landesforst Mecklenburg-Vorpommern und das Institut für Forstgenetik des Thünen-Instituts daran arbeiten, "eine Samenplantage zur Erzeugung von resistentem Eschensaatgut aufzubauen" – eben mit Hilfe resistenter Eschen, wie es aus der Internetseite des Vereins "Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe" hervorgeht.

Dort wird auch erklärt, warum es so wichtig sei, die Gemeine Esche zu erhalten: "Mit dem sukzessiven Sterben der Gemeinen Esche gehen wirtschaftliche Einbußen für die Forst- und Holzwirtschaft einher", heißt es dort." Das qualitativ sehr hochwertige Eschenholz wird unter anderem für die Herstellung von Fußböden und Möbeln, Sport- und Turngeräten sowie von Werkzeugen verwendet." Richert bestätigt das: "Eschenholz ist sehr schön und biegefest, wird etwa für Barren und andere Sportgeräte, aber auch für Äxte verwendet."

Der Baum sichert steile Hänge, die zu rutschen drohen

"Aus waldbaulicher und ökologischer Sicht fehlt die Gemeine Esche zunehmend als Stabilisator von rutschgefährdeten Hängen, speziell von Bach- und Flussufern", so der Verein weiter. "Durch ihr weitverzweigtes Wurzelsystem mit tief reichenden Pfahl- und Senkerwurzeln schützt sie vor Bodenerosion und befestigt Uferböschungen." Zudem biete sie Insekten und Vögeln einen wichtigen Lebensraum und Nahrung für Wildtiere, die sich von Zweigen und Knospen der Jungpflanzen ernährten.

Je mehr schmackhafte Eschen es gibt, desto weniger sind die anderen Baumarten in Gefahr. Die Jäger allerdings werden trotzdem gebraucht. Daran lassen Klaus Richert und seine Kollegen keinen Zweifel.