In den dauerhaft aus der Bewirtschaftung genommenen Waldrefugien entwickeln sich die Urwälder von morgen. Foto: Tröger

Der Wert eines Baumes im Hinblick auf den Artenschutz wächst mit zunehmendem Alter. Altholz, Habitatbäume und Totholz sind elementare Schlüsselrequisiten in einem Wald für den Schutz von dessen Bewohnern, wie es in einem Impulsvortrag im Simmozheimer Gemeinderat hieß.

Simmozheim - Mit dem Thema "Waldrefugien" beschäftigte sich der Simmozheimer Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung im Rahmen der Verabschiedung des Forstbetriebsplans fürs kommende Jahr. Inge Hormel von der Abteilung Forstbetrieb und Jagd am Landratsamt Calw informierte die Räte mit einem Impulsvortrag über die Möglichkeit, begrenzte Waldgebiete dauerhaft aus der Bewirtschaftung zu nehmen, um die ökologische Funktion des Waldes, die zunehmend ins Bewusstsein rückt, zu stärken.

Nicht nur Rohstoffproduzent

Im Forstbetrieb gelte es die Nutz-, die Schutz- und die Erholungsfunktionen des Waldes zu sichern, so die stellvertretende Abteilungsleiterin. "Die Gewichtung der einzelnen Funktionen verschieben sich ab und an", sagte Hormel, "so sind die ökologische Funktion und der Artenschutz in den letzten Jahren in den Vordergrund gerückt." Der Wald nütze als Produzent des Rohstoffs Holz. Dieses muss, um den besten Preis zu erzielen, geerntet werden, bevor die technische Entwertung einsetzt. Heißt, bevor der Absterbe- und Zerfallsprozess eines Baumes beginnt. Dem gegenüber steht die Schutzfunktion, die den Lebensraum für alle Arten der Waldbewohner sichert. Jedoch steigt der artenschutzfachliche Wert eines Baumes erst mit zunehmendem Alter und so sind "Altholz, Habitatbäume und Totholz elementare Schlüsselrequisiten" in einem Wald, der diese Artenschutz-Aspekte berücksichtigt.

Maximal zehn Hektar werden kartiert

Hier kommen die sogenannten Waldrefugien ins Spiel. Es sind dauerhaft aus der Bewirtschaftung genommene Waldflächen von etwa drei bis maximal zehn Hektar Größe, die kartiert und gekennzeichnet werden. Ähnlich wie in Bannwäldern oder Nationalparks, nur halt im Kleinen, entwickeln sich hier künftig die Urwälder von morgen. Für die Natur werden diese Waldflächen von Jahr zu Jahr wertvoller, denn in den dicker und älter werdenden Bäumen entstehen Risse, Spalten, Astabbrüche und Totholz. Auf genau solche Sonderstrukturen sind viele bedrohte Waldbewohner angewiesen. Bei der Auswahl von Flächen für Waldrefugien spielen somit das Alter der Bäume, die Bewirtschaftungsintensität, die Waldtradition und Waldbiotope, Höhlen oder besondere Artvorkommen eine Rolle. Pro Quadratmeter Waldrefugium kann sich die Gemeinde vier Ökopunkte gutschreiben lassen, informierte Hormel weiter. Das Land Baden-Württemberg hat 2010 das Ziel ausgegeben, fünf Prozent seiner Waldfläche als Waldrefugien auszuweisen.

Fichtenbestände eher nicht geeignet

Das könnte auch Ziel im Simmozheimer Gemeindewald sein, sagte Hormel. Auf einer Karte zeigte sie den Räten die Gebiete des Gemeindewalds, in denen sie gemeinsam mit Forst-Revierleiter Jürgen Martinek schon Flächen identifiziert hat, in Summe etwa acht bis neun Hektar. Fichtenbestände sind nicht so geeignet wegen der Käfergefahr, außer man entfernt sie vorher, so die Forstfachfrau, ausgewählt habe man eher alte Eichen- und Buchenbestände.

"Fünf Prozent wären in unserem Wald etwa zehn bis zwölf Hektar. Sind Waldrefugien für uns eine Bereicherung oder sollen wir so weitermachen im Wald, wie bisher?", stellte Bürgermeister Stefan Feigl die Frage an die Forstleute wie auch an den Gemeinderat. "Es lohnt sich immer", ist die persönliche Meinung von Hormel, "mit fünf Prozent Fläche etwas für den Artenschutz zu tun, ist für einen kommunalen Waldbesitzer vertretbar". Martinek schloss sich an, gab jedoch zu bedenken: "Wir kaprizieren uns in der Bewirtschaftung auf Laubholz, der Simmozheimer Wald ist jedoch nadelholzgeprägt. In den Refugien kann ich keine Buchen mehr einschlagen, diese Auswirkung muss man beachten." Besser ist es, mehrere kleine Flächen auszuweisen als eine große Fläche, sagte Hormel auf eine entsprechende Frage von Astrid Winkeler.

Juchtenkäfer als klassisches Beispiel

"Gibt es andere Dinge im Wald zu tun, um Ökopunkte zu generieren, und zwar Punkte, keine Pünktchen?", fragte Sabine Fels. "Eine schnelle Lösung dafür gibt es nicht", so Martinek, man könne irgendwas tun, um einer Art das Überleben zu sichern, "aber da müssen sie erst suchen, mit ungewissem Ausgang". Als Klassiker nannte er augenzwinkernd den Juchtenkäfer. "Gibt es Erfahrungen mit der unteren Naturschutzbehörde, wie die das mit den Ökopunkten bewerten beziehungsweise wie streng sie genehmigen?", wollte Rainer Bauser wissen. "Wir gehen davon aus, dass die sich an unseren Ideen entlang hangeln", so Revierleiter Martinek. "Reichen die Flächen, die Sie ausgewählt haben, für die Ökopunkte, also für die nötigen Ausgleichsmaßnahmen, zum Beispiel fürs Baugebiet Mittelfeld?", fragte Eugen Häberle. Das sei ein anderes, separat zu diskutierendes, Thema, schloss Feigl die Information zu den Waldrefugien.