Auch an der Rottweiler Waldorfschule liefen Eltern Sturm gegen die Corona-Maßnahmen. Foto: Otto

Einige Eltern meinen, dass in den Waldorfschulen im Südwesten keine staatlichen Regeln gegen Corona gelten sollten - und ziehen notfalls vor Gericht. Die Schulen wollen nun klarer reagieren, sagt der geschäftsführende Vorstand der Freien Waldorfschulen, Christoph Sander, aus Rottweil.

Rottweil - Der Streit um staatliche Corona-Schutzmaßnahmen hat an den Waldorfschulen im Südwesten zu mehr Konflikten mit Eltern geführt. "Das hat sich gehäuft in den letzten zwei Jahren", sagte der geschäftsführende Vorstand der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) der Freien Waldorfschulen, Christoph Sander, in Rottweil. "So gut wie jede der 58 Schulen im Land war davon betroffen." Einige Eltern hätten den Begriff der Freien Schulen, die oftmals von Vereinen und damit von den Eltern selbst getragen werden, "sehr weit ausgelegt", sagte Sander. "Das ist aber eine Fehlinterpretation. Manchmal wurde da auch versucht, die Gestaltungsfreiheit zu missbrauchen." In mehreren Fällen hätten deshalb entweder Schulen oder Eltern die Verträge zur Unterrichtung der Schüler gekündigt.

An einer Göppinger Waldorfschule zogen die Eltern zweier Mädchen sogar vor Gericht, nachdem die Einrichtung deren Schulverträge gekündigt hatte. Zuvor hatten die Eltern Lehrer und die Schulleitung bedroht, weil diese durch die Umsetzung der Corona-Maßnahmen ihrer Ansicht nach "Verbrechen gegen die Menschheit" begingen.

Gerichte weisen Eilanträge der Eltern ab

Sowohl das Landgericht Ulm als auch das Oberlandesgericht Stuttgart wiesen die Eilanträge der Eltern gegen die Kündigungen aber ab. Damit werden die beiden Schülerinnen im neuen Schuljahr vorerst nicht mehr an der Waldorfschule unterrichtet. Sie können aber in einem Hauptverfahren weiter vor Gericht dafür streiten.

Dieses Gerichtsverfahren sei zwar ein Einzelfall, sagte LAG-Vorstand Sander. Aber Differenzen mit Eltern habe es an den Schulen während der Pandemie immer wieder gegeben. "Das ist für uns ein neues Lernfeld gewesen", sagte Sander. "Mir ist es vorher auch nie passiert, dass Elternhäuser gesagt haben, setzt euch doch bitte über die Brandschutzvorschriften hinweg und schraubt die Rauchmelder ab." Für das kommende Schuljahr rechne er damit, dass die Waldorfschulen in solchen Fällen "schneller und konsequenter handeln werden", betonte Sander. "Wir werden da nicht mehr so viele Diskussionen führen, ob Maske tragen sinnhaft ist oder nicht." Viele Eltern, die dagegen protestiert hätten, seien inzwischen aber entweder nicht mehr an den Schulen oder hätten sich mit den Regeln arrangiert.

Vorstand Sander mahnt Eltern zur Gelassenheit

Das hätten im Übrigen auch die meisten Schüler recht schnell getan, betonte Sander. "In der Fläche haben die meisten Schüler die Notwendigkeit für viele dieser Maßnahmen gesehen. Vielleicht sollten manche Eltern da auch mal mit ihren Kindern ins Gespräch gehen und fragen, wie das eigentlich wirklich für sie war. Dann hätten wir vielleicht eine etwas gelassenere Stimmung."

An den 58 Waldorfschulen im Land werden nach Angaben der Landesarbeitsgemeinschaft rund 23 500 Schüler unterrichtet. Landesweit besuchten nach Angaben des Statistischen Landesamts im vergangenen Schuljahr knapp 1,1 Millionen Schüler allgemeinbildende Schulen im Südwesten.