Die Rudolf-Steiner-Schule in Schwenningen Foto: Rudolf-Steiner-Schule

Jan Böhmermann findet in seiner Fernsehsendung "ZDF Magazin Royale" harte Worte zum alternativen Schulsystem an Waldorfschulen. Was sagt die Schwenninger Rudolf-Steiner-Schule zur Böhmermann-Kritik?

VS-Schwenningen - Kerstin Schmieder, Sprecherin der Schwenninger Waldorfschule, tut sich zuerst schwer, zu den Böhmermann-Vorwürfen Stellung zu nehmen: "Auf satirische Fragen antworten wir nicht."

Trotzdem sei das Video auch von einigen Lehrkräften angesehen worden, gibt sie zu. Es sei "nett gemacht", findet Claudius Fischer, Schulgremiumsmitglied und Kunstlehrer der Schule.

57 Waldorfschulen in Baden-Württemberg

Böhmermann wirft den Schulen unter anderem vor, dass an Waldorfschulen Eurythmie als Mittel gegen Corona eingesetzt worden sei. Bei Eurythmie dreht sich alles um den Tanz um Töne und Buchstaben, wofür Waldorfschüler von Außen oftmals belächelt werden. Als Mittel gegen die Pandemie sei Eurythmie in Schwenningen nicht eingesetzt worden. Trotzdem würden durch diese Bewegungsform "Abwehr- und Immunkräfte angeregt", so Fischers Meinung.

"Wir sind keine Corona-Leugner", betont Fischer. Und weiter: "Wenn, dann gibt es hier Corona-Kritiker." An der Schule gebe es viele "Freidenker, die alles hinterfragen". An der Waldorfschule in Schwenningen gebe es jedoch keine Querdenker-Szene, betont die Sprecherin. Auch in Schwenningen habe es aber Probleme mit Eltern gegeben, die mit den staatlichen Corona-Verordnungen nicht einverstanden waren.

"Seelenbereich" der Kinder

Im Fokus der Böhmermann-Kritik steht die esoterische Weltanschauung, die an den Waldorfschulen gelehrt werde. Fester Bestandteil von Waldorfschulen ist die auf Rudolf Steiner zurückzuführende "Anthroposophie". Diese Lehre vermittle mit "Engeln zusammen zu arbeiten", die Seele der Kinder "zu sehen" oder aus dem Verhältnis von Kopf und Rumpf Schlussfolgerungen über das Temperament eines Kindes zu ziehen, behauptet Böhmermann in seiner Sendung.

Anthroposophie sei "auf keinen Fall ein Fach auf dem Stundenplan", stellt Schmieder klar. Vielmehr stehe die Anthroposophie für ein anderes Menschenbild als das, was an "Staatsschulen" gelehrt werde – und sei fester Bestandteil in allen Fächern. "Wir sind anders in unserer Anschauung", bestätigt Fischer. An der Walddorfschule werde sowohl der "Seelenbereich" als auch der "Verstandsbereich" der Kinder berücksichtigt.

Ein Klassenlehrer bis zur achten Klasse

Schüler haben in den meisten Waldorfschulen von der ersten bis zur achten Klasse nur eine Lehrkraft. Auch an der Rudolf-Steiner-Schule in Schwenningen wird dies, "nach Möglichkeit" so gehandhabt. Dadurch soll, so die Philosophie der Waldorfpädagogik, eine vertrauensvolle Beziehung geschaffen werden, was eine wichtige Basis für erfolgreiches Lernen sei.

Gewalttätigen und übergriffigen Lehrern ermögliche dieses System hingegen unentdeckt zu bleiben, so lautet der Vorwurf von Böhmermann. In der Vergangenheit sind bundesweit mehrere sexuelle Übergriffe von Klassenlehrern an Waldorfschulen an die Öffentlichkeit geraten. Der wohl bekannteste Fall hat an der Waldorfschule in Schwäbisch Hall stattgefunden, wo Schülerinnen über Jahre hinweg unbemerkt von ihrem Lehrer missbraucht wurden. In zwei Fällen wurde dieser zu einer Haftstrafe verurteilt.

Prävention gegen Missbrauch

Bundesweit werde an den Waldorfschulen derzeit ein Konzept zur Präventionsarbeit aufgebaut, bestätigt Schmieder: "Da ist aktuell viel in Bewegung." Die Sprecherin ist der Meinung: "Es ist wichtig, dass mehr Bewusstsein für dieses Thema geschaffen wird."

"Keine Elitenschule"

"Der Staat bezahlt nur 80 Prozent der Kosten eines Schülers", betont Schmieder. Die restlichen 20 Prozent, sowie andere Kosten, die an der Waldorfschule anfallen, werden von den monatlichen Beträgen der Eltern bezahlt. Durchschnittlich bezahlen die Eltern an der Schwenninger Waldorfschule monatlich 240 Euro pro Kind. "An öffentlichen Schulen werden weit mehr als nur die Schülerkosten staatlich übernommen", weiß die Sprecherin. Freie Schulen müssten beispielsweise Gebäudekosten in vielen Fällen selbst tragen. Die energetische Sanierung des Schulgebäudes, die aktuell durchgeführt wird, wird jedoch mit rund 50 Prozent aus staatlichen Fördergeldern bezahlt.

Trotzdem sei die Rudolf-Steiner-Schule "keine Eliteschule", stellt Schmieder klar. Das Schulgeld werde am Gehalt der Eltern bemessen, von wohlhabenderen Eltern werde auch ein höherer Betrag erwartet. Im Gegenzug müssen Eltern mit geringem Einkommen weniger Schulgeld bezahlen. Es sei aber wahr, dass der Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund an Waldorfschulen geringer sei als an öffentlichen Schulen – dies liege aber nicht in der Hand der Schulleitung, erklärt Schmieder.