Beim größten Mittelalterfest in Waldkirch gibt es Kinder-Ritterturniere und Wagenradziehen. Rund 11.000 Besucher werden zu dem Spektakel erwartet. Foto: Archiv

Südbadens größtes Mittelalterfest startet. Ritter und Gaukler bevölkern die Innenstadt.

Waldkirch - Mittelalterfeste haben Konjunktur, auch wenn sie sich auf finstere Zeiten berufen. Das größte dieser Feste in Südbaden findet samt Lagerleben, Handwerkermarkt und Kinderritterturnier von heute bis Sonntag in Waldkirch im Kreis Emmendingen statt.

Eigentlich sollte man ja denken, dass wir froh sind, das Mittelalter hinter uns gelassen zu haben: So ungewaschen, von Pest und Inquisition bedroht, mit geringer Lebenserwartung und umso größerem Hunger- und Vergiftungsrisiko behaftet, will doch keiner mehr leben. Oder doch? Es hat den Anschein, denn auch zur siebten Auflage des Mittelalterfestes in Waldkirch werden wieder zahlreiche Besucher erwartet.Veranstalter sind der Fanfarenzug »Schwarzenberger Herolde« und die Stadt.

Schon die Kulisse ist stimmig: Waldkirch liegt am Fuße eines Bergs samt waschechter Burgruine, viel alte Bausubstanz ist im einstigen Mekka der Edelsteinschleifkunst und des Orgelbaus erhalten geblieben. Da fallen die Ritter und fahrenden Sänger mit Kettenhemd und Zottelbart kaum auf. Das Fest der »Schwarzenberger Herolde« gilt dank seiner Detailverliebtheit und der stimmigen Atmosphäre im Schatten der »Kastelburg« als besonders gelungen. Fanfarenzüge spielen auf, und eigens aus Florenz haben die Fahnenwerfer »Sbandieratori di Firenze« den Weg über die Alpen in den Breisgau gefunden. Der Anlass ist gewichtig, denn man schreibt das Jahr 1567 und es gilt, dem Erzherzog Ferdinand II. einen grandiosen Empfang zu bereiten, wenn er auf dem Weg zum Landtag in Freiburg hier sein Lager aufschlägt.

Das mittelalterliche Lagerleben nimmt seinen Lauf, edle Ritter, Fanfarenzüge, Spielleute, Gaukler, Fahnenschwinger, Artisten, Handwerker und manch finstere Gestalt sind mit dabei. Mittelalterliche Musikgruppen bringen ihre Dudelsäcke, Lauten und Schalmayen zum Erklingen. Minnesänger versuchen, manch edles, jungfräuliches Damenherz zu erweichen. Wer genug Muskelkraft mitbringt, kann sich im Wagenradziehen bewähren, und schon die Kinder kämpfen im Kinderritterturnier um Urkunden und Ritterschlag.

Einmaliger Wettkampf im Wagenradziehen

»Am spektakulärsten ist sicher das mittelalterliche Wagenradziehen«, sagt Daniel Hergarten, die Vorsitzende der »Herolde«. Der Wettkampf ist in Deutschland einmalig und stammt aus dem Süden: »Das haben wir 1994 mal in Italien beobachten können. Es ist eine Riesengaudi für die beteiligten Fanfarenzüge, Vereine und natürlich das Publikum«. Vier Teams sind jeweils am Start, wenn das Wagenrad gezogen werden soll.

Sogar ein historisches Holzkarussell für die Kleinen und zwei nächtliche Feuershows am Freitag und Samstag für die größeren Besucher werden angeboten. Insgesamt, so Hergarten, könne sich das Fest in Waldkirch mittlerweile sicher mit den bekanntesten und renommiertesten Mittelalterfesten in Deutschland messen. »Wenn das Wetter mitspielt, dürften wieder 11 000 Besucher zu uns kommen«, hofft er. Eröffnet wird das größte mittelalterliche Spektakel Südbadens heute Abend mit einem Festival der Spielleute und Gaukler im Bereich der Schlettstatter Allee in Waldkirch. Am Wochenende werden die Feierlichkeiten zu Ehren des Erzherzogs ausgedehnt auf die ganze Innenstadt. Durch das Programm führt der Hofnarr »Francesco di Strada«. Der Erzherzog wiederum lässt sich nicht zweimal bitten und nimmt mitsamt seinem Hofstaat ganz volksnah an den beiden Festumzügen teil.

Fanfarenzüge und Mittelalterbands

Insgesamt, erzählt Daniel Hergarten, werden über 1000 Mitwirkende aus Deutschland, der Schweiz und Italien zum Fest auf dem historischen Marktplatz in Waldkirch erwartet. Fanfarenzüge aus ganz Deutschland sind gemeldet, Mittelalterbands wie »Zackenflanke« und »Adivarius« spielen auf. Verkleidete Zuschauer sind ausdrücklich erwünscht. Geschliffene Streitäxte sollten indes im Schrank bleiben.

Vom mittelalterlichen Waldkirch ist einiges erhalten geblieben. Bei einer Grabung des Regierungspräsidiums Freiburg kamen im vergangenen Jahr Spuren der Edelsteinverarbeitung ans Licht: Bis zu 800 Menschen verdienten dort als »Bohrer und Balierer«, Zulieferer der Schmuckhersteller, ihr Brot. Zwar fanden sich kaum Edelsteinvorkommen, doch wurde die Stadt im 16. Jahrhundert mit einem Verarbeitungsmonopol für Granate aus Böhmen ausgestattet. Heute ist nur noch eine Edelsteinwerkstatt übrig. Bis zum 9. September ist im Elztalmuseum, dem Rathaus und der Volksbank die Ausstellung »(K)ein Holzweg – Waldkirch im Mittelalter« zu sehen, die auf rund 30 Tafeln die Grabungen und deren Ergebnisse dokumentiert.