Horst Kieß in AktionFoto: Wagner Foto: Schwarzwälder Bote

Freizeit: Der "schnelle Rentner": Horst Kieß gibt tüchtig Gas – trotz fehlender Trainingsmöglichkeiten

Vor allem eine konstante und zugleich schnelle Fahrweise wollte sich der Motorrad-Rennfahrer Horst Kieß aus Oberwaldach in dieser Saison in der Klasse "Regularity" aneignen.

W aldachtal-Oberwaldach. Nachdem Kieß im Jahr 2018 in der "Klassik Trophy" erstmals mit seiner Honda XBR 500 (Baujahr 1983) an den Start ging, trat der schnelle Rentner im darauf folgenden Jahr in der "Moto Trophy" an. In der Saison 2020 ging Kieß regelmäßig mit zwei Bikes an den Start, darunter seine neu aufgebaute Honda CBR 600 Supersport. Der Tacho der Rennmaschine zeigt 300 km/h in der Spitze an, circa 110 PS ermöglicht der Vierzylindermotor. Je nach Getriebeübersetzung läuft die Maschine bis zu 265 km/h.

Für Kieß galt es, in dieser Saison Erfahrung im Umgang mit dem neuen Bike zu sammeln. Dies gestaltete sich jedoch aufgrund der Corona-Pandemie gar nicht so einfach. Die Jungfernfahrt der Honda CBR 600 Supersport fand auf dem Sachsen-Ring an einem Wochenende im Juni statt.

An acht Veranstaltungen wollte Kieß eigentlich teilnehmen, wobei letztlich fünf Rennen vom jeweiligen Veranstalter in diesem Jahr abgesagt wurden. Einzig in Oschersleben, Most (Tschechien), auf dem Lausitzring sowie dem Red-Bull-Ring (Österreich) ließ Kieß die Motoren seiner Zweikrafträder aufheulen. "Man bekam in diesem Jahr keine Routine. Es fehlten die Trainingsmöglichkeiten", resümiert Kieß. In Oschersleben absolvierte Kieß lediglich die Trainingseinheiten und beschloss aufgrund der Wetterverhältnisse, nicht an den Rennläufen teilzunehmen. "Das Wasser stand regelrecht auf der Strecke", erinnert sich der Rennfahrer.

Mehr Routine erlangte Kieß beim Rennen in Most: "Da habe ich so langsam gemerkt, dass ich schneller werde." Um das Fahrwerk zu optimieren, wurden Dämpfer und Federn neu eingestellt. Zufrieden gibt sich Kieß mit dem Ergebnis der Rennläufe auf dem Lausitzring, wo der Rentner gegen 34 Starter zwei siebte Plätze in seiner Klasse einfuhr.

Das 17. Internationale Rupert-Hollaus-Gedächtnis-Rennen auf dem Red Bull-Ring galt jedoch sprichwörtlich als krönender Abschluss seiner Rennsaison. Mit seiner Honda XBR 500 landete Kieß nämlich auf dem 2. Platz in seiner Klasse und stand somit auf dem Treppchen. "Ich war total überrascht. Unser Klassenergebnis hing nämlich nicht aus, und plötzlich wird bei der Siegerehrung mein Name aufgerufen", verrät Kieß. "Für mich war es überhaupt schon eine Auszeichnung, dass ich dort eine Starterlaubnis bekam", betont Kieß ferner. Fahrer aus 14 verschiedenen Nationen traten an, gegen insgesamt 47 Starter musste sich Kieß in seiner Klasse durchsetzen. "Neue Reifen habe ich nicht aufgezogen. Ich bin ja eigentlich nur angetreten, um Spaß zu haben", verrät Kieß.

Den schmucken Pokal nahm der schnelle Rentner dennoch höchst freudig als Erinnerung an seinen erfolgreichen Saisonabschluss entgegen: "Das vergesse ich so schnell nicht mehr." Derweil blickt Kieß der kommenden Saison noch gelassen entgegen. Der Sachsen-Ring, Red-Bull-Ring, der Adria International Raceway (Italien) sowie zwei Rennveranstaltungen in Assen und Most stehen auf der Agenda.

Fraglich ist derzeit noch, ob die Rennläufe in Zeiten der Corona-Pandemie auch tatsächlich stattfinden können. In diesem Jahr fanden die Rennen ohne Zuschauer statt, regelmäßiges Fiebermessen stand bei den Fahrern an der Tagesordnung.

Ebenso mussten die Teilnehmer auf eine Service-Crew verzichten, lediglich eine weitere Person durfte mit anreisen. So galt Ehefrau Eva, welche von Beginn an ihren Mann zu den Rennen begleitet, in dieser Saison als einziges Teammitglied von Kieß. "Sie hilft mit nach den Rennläufen aus meinem Overall raus. Rein komme ich alleine", lacht Kieß.

In seinem Rückblick gibt sich der Rennfahrer – trotz der widrigen Umstände in der vergangenen Saison – dennoch zufrieden. "Weniger Wettbewerb, aber dafür mehr Spaß", lautet sein Fazit. Wichtiger sei jedoch, dass Kieß keine technischen Ausfälle oder Stürze verkraften musste. Priorität hat nämlich für jeden Motorsportler: "Im Ziel ankommen."