Corona: Rückgang um etwa 50 Prozent in der Herzsportgruppe aus Angst vor Ansteckung / Auch telefonischer Austausch möglich

Waldachtal-Salzstetten (wm). "Seit der Wiederaufnahme der Übungsabende im September 2020 haben wir gegenüber der Zeit vor Corona im März einen Teilnehmerschwund von etwa 50 Prozent zu verzeichnen", informierte Vorsitzender Klaus Gebauer bei der Mitglieder-Hauptversammlung der Herzsport-Gruppe Salzstetten. Dies sei auf die Ansteckungsgefahr zurückzuführen.

"Ich bin besorgt, dass bei vielen, die 75 Jahre und älter sind, aus der Angst sich anzustecken nicht selten Todesangst und aus Rückzug totale Isolation wird." Am Ende quälten sie sich mit der Erwartung, wegen Corona allein zu sterben. "Mein Wunsch an unsere Mitglieder ist, untereinander Kontakt zu halten. Und sei es nur telefonisch. Denn: Wir sind von Natur aus herzlich", erklärte der Vorsitzende.

Umfasst auch Betreuung

"Der Sport ist ein unheimlich guter Förderer von Gesundheit und Prävention", stellte Gebauer heraus. Sport sei nicht nur ein Bildungsträger, sondern umfasse auch Jugendarbeit und bei der Herzsportgruppe insbesondere auch Senioren-Betreuung.

"Der Herzsport ist ein Platz, wo noch klassische Begegnungen stattfinden: Die Gemeinschaft, die Geselligkeit, miteinander zu reden – das ist sehr wichtig." Laut Gebauer gehören Gemeinschaft und Zusammenhalt in der Sportgruppe quasi dazu. "Unsere Vereine tun unheimlich viel Gutes", meinte Gebauer "Dies wird aber leider nicht entsprechend wahrgenommen. Was würden die Kommunen machen, wenn es keine Vereine gäbe?" In der heutigen Zeit glaubten viele, übrigens auch in der Kommunalpolitik, dass dieses Engagement eine Selbstverständlichkeit sei.

"Die Pandemie droht zur Epidemie der Einsamkeit zu werden", zitierte Gebauer den Hamburger Zukunftsforscher Horst Opaschowski. Seit den Bleib-zu-Hause-Empfehlungen der Politik wohnen und leben immer mehr Menschen in Deutschland allein daheim.

"Ganz genau diese Feststellung habe ich in meinen Telefonaten mit unseren Alleinlebenden erfahren müssen. Viele haben deutlich weniger soziale Kontakte als in früheren Jahren, vermissen die Arbeitskollegen und die Anerkennung im Beruf. Immer mehr Herzsportler leben im Alter allein."

Vereinsamung verbreitet

Opaschoswki warnt vor einer dramatischen Zunahme der Einsamkeit. In einer repräsentativen Umfrage habe der Zukunftsforscher festgestellt, dass die Sorge vor Vereinsamung beinahe genauso verbreitet sei wie die Angst vor Altersarmut.

"Ich finde diesen Zustand desaströs", erklärte der 68-jährige Klaus Gebauer.

Bürgermeisterin Annick Grassi sagte, die Risikogruppen wie die Herzsportler sollten aufgrund von eventuellen Ängsten nicht vergessen bei anderen Erkrankungen zum Arzt zu gehen und keine Ängste haben, ins Krankenhaus zu gehen. Im Krankenhaus sei man gut versorgt und stecke sich kaum mit Covid-19 an.

"Freude ist die einfachste Form der Dankbarkeit", zitierte Ortsvorsteher Friedrich Hassel den Schweizer Theologen Karl Barth.

"Auch bin ich sehr dankbar darüber, dass wir hier einen solchen Verein, wie die Herzsportgruppe haben. Der Einsatz für die Menschen – Sport als Gesundheitsprävention wie aber auch die von Klaus Gebauer dargestellten Synergieeffekten wie Betreuung betrachte ich als überaus wichtig und verdient meine hohe Anerkennung."

Ängste, so Hassel, seien völlig normal. Die Angst sei ein Schutzmechanismus des Körpers und somit ein Alarmwarnsystem. "Wir brauchen die Angst zum Überleben. Wenn uns die Angst aber in die Isolation treibt, wie wir es heute gehört haben, dann ist das kein guter Weg. Sicher ist der Schutz des Lebens das höchste Gut."

Hassel gab den Ratschlag: "Gehen sie hin und pflegen sie ihre Beziehungen. Halten sie Kontakt zueinander. Gehen sie auch raus – jedoch halten Sie die Hygienevorschriften ein. Nur dadurch sind wir alle geschützt. Haben Sie Freude und seien Sie dankbar, dass wir gesund sind und die Herzsportgruppe haben."