Probetag in Tumlingen vor der Konzertreise nach Eriwan: das Theodor Schüz-Ensemble mit dem Tübinger Universitätsmusikdirektor Philipp Amelung Foto: Maier Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Das Tumlinger Theodor-Schüz-Ensemble war auf Konzertreise in Armenien

Von Tumlingen nach Eriwan: Zur ersten Konzertreise ins Ausland ist das Tumlinger Theodor-Schüz-Ensemble aufgebrochen. In Armenien gaben die 15 Sängerinnen und Sänger zwei Konzerte.

Waldachtal-Tumlingen. "Es ist ein sehr spannendes Projekt", erklärte der künstlerische Leiter des Ensembles, der Tübinger Universitäts-Musikdirektor Philipp Amelung, in Waldachtal vor der Abreise des Profi-Chores in den Kaukasus. Die Musik- und Kulturreise diente dem Kulturaustausch und der Völkerverständigung.

"Die Chorbegegnungsreise des Theodor-Schüz-Ensemble nach Armenien war die erste des vor knapp drei Jahren gegründeten Chores und unglaublich bewegend, sowohl in musikalischer wie auch in menschlicher Hinsicht", zieht Amelung eine positive Bilanz. "Die 15 Sängerinnen und Sänger und fünf Instrumentalisten wurden in der Millionenstadt Yerevan überaus herzlich aufgenommen, die Zusammenarbeit war von großem Respekt und gegenseitiger Hochachtung geprägt und das Endergebnis war beeindruckend, gemessen an der Tatsache, dass zwei von ihrer Tradition sehr unterschiedlichen Ensembles zusammengekommen sind. Bewundert habe ich auch das Publikum, welches dem zweistündigen Konzert hoch konzentriert zugehört hat und es so unter den etwa 450 Zuhörerinnen und Zuhörern außergewöhnlich still war."

Zu 100 Prozent christlich

Armenien ist zu 100 Prozent christlich geprägt, daher war der Inhalt der Johannes-Passion von Bach durchaus geläufig. Allerdings hatten die Zuhörer keine Übersetzung und mussten sich daher vollständig der Musik hingeben. Amelung: "Zwischen mir und meinem armenischen Kollegen Robert Mlkeyan ist in dieser Woche eine Freundschaft entstanden, die wir hoffentlich bei weiteren Besuchen festigen können. Eine Wiederholung dieser Begegnung ist auf alle Fälle vorgesehen und ich hoffe sehr, dass wir dies schon bald in die Tat umsetzen können."

Die Brücke für diese Konzertreise baute Ensemble-Mitglied Anna Avdalyan, die aus Armenien stammt. Die stimmgewaltige, erstklassige Sopranistin erzählte mal zwischen einer Probe und einem Konzert in Tumlingen von ihrem Heimatland Armenien, wo sie zuvor auch in einem professionellen Chor gesungen hat. Ihre Chor-Kameraden konnten sich wie Amelung gleich für eine deutsch-armenische Kooperation erwärmen. Und so war in Waldachtal schnell die Idee für eine Kooperation und Konzertreise geboren. Gemeinsam mit einem armenischen Chor führt das deutsche Theodor-Schüz-Ensemble im Kammermusiksaal der Philharmonie in der Hauptstadt Jerewan (auch: Eriwan) ein Konzert auf. Im Mittelpunkt steht die Johannes-Passion, die auf Deutsch gesungen wird. "Die Streicher sind Armenier, die Bläser sind Deutsche", teilt Amelung mit. Waldachtals Kirchengemeinderätin Waltraud Welle, die früher schon mehrfach selbst dieses Werk in einem Chor in ihrer ursprünglichen Reutlinger Heimat gesungen hat, meint: "Die Johannes-Passion ist wie eine Predigt." Beim zweiten Eriwan-Konzert präsentiert das Tumlinger Schüz-Ensemble westeuropäische Melodien aus Werken von Monteverdi, Rossini, Anton Bruckner, Mendelssohn-Bartholdy und Beethoven. Den Feinschliff für Armenien holten sich die Vokalisten jetzt bei einem Probetag im evangelischen Gemeindehaus Waldachtal. Gesangsstudenten der Musikhochschulen aus Stuttgart und Trossingen, so der 46-jährige Universitätsmusikdirektor, bilden das Theodor Schüz-Ensemble.

Bald gibt der Chor an seinem Stammsitz in Waldachtal, in der evangelischen Christuskirche in Tumlingen/Hörschweiler, wieder Gastspiele. Ins Auge fasst das Theodor Schüz Ensemble, in kleiner Besetzung in diesem Jahr einen Spätgottesdienst in Waldachtal mitzugestalten. "Ich denke da an ein Quartett", sagt der Dirigent, der mit Frau und zwei Söhnen in Rottenburg wohnt.

Konzertreihe in Planung

Kirchengemeinderätin Welle, die sich im evangelischen Rat in Waldachtal insbesondere um die Kirchenmusik kümmert, formuliert ihr Herzensanliegen: "Es wäre für uns ein Highlight. Mir fehlt die Klassik in unseren Gottesdiensten."

Der gebürtige Marburger Philipp Amelung, der in Icking südlich von München aufgewachsen ist, plant für Herbst 2020 wieder eine namhafte Konzertreihe mit dem Tumlinger Theodor Schüz-Ensemble in seiner bayrischen Wahl-Heimat. Als künstlerischer Leiter des "Ickinger Konzertzyklus" (65 Konzerte binnen 20 Jahren) unweit des Starnberger Sees will er auf Sonntag, 15. November, dort mit seinem Schüz-Chor auftreten. In Kombination mit diesem Konzert möchte Amelung auch ein Gastspiel in Waldachtal ebenso im November dieses Jahres geben. Der Kirchengemeinderat wird sich in Sachen Terminfindung noch besprechen. "Vorgesehen in der Christuskirche in Tumlingen ist eine Orgelfassung, also Ausschnitte, aus der H-Moll-Messe von Johann Sebastian Bach", weckt der Tübinger Universitätsmusikdirektor, der auch an der katholischen Kirchenmusikschule in Rottenburg unterrichtet, die Vorfreude für die anspruchsvollen Klassikaffinen aus der Region Waldachtal/Freudenstadt. Das Tumlinger Konzert wird etwas mehr als eine Stunde Zeit in Anspruch nehmen.

Theodor Schüz-Ensemble

Am 25. November 2017 schlug in Tumlingen die Geburtsstunde des Ensembles. Künstlerischer Leiter Philipp Amelung nutzt den klangvollen Namen des bedeutenden Tumlinger Malers Theodor Schüz (1830-1900). Der mit Profi-Sängern besetzte Chor will Gesangskunst auf höchstem Niveau bieten. Jede Sängerin und jeder Sänger ist in der Lage, solistisch aufzutreten. Es sind Gesangsstudenten respektive Absolventen von Musikhochschulen aus Stuttgart und Trossingen. Das Ensemble versteht sich als Botschafter des Schwarzwalds, insbesondere bei Konzertreisen. Jährlich gastiert der Chor auch an seinem Stammsitz in der Gemeinde Waldachtal. Die Tumlinger Christuskirche von 1928/29 mit ihrer Besonderheit von zwei Orgeln bietet eine einmalige Akustik und ist bei Klassik-Fans bekannt.

Philipp Amelung

Der 1973 in Marburg geborene deutsche Dirigent wirkt als Universitätsmusikdirektor der Universität Tübingen. Amelung begann seine musikalische Laufbahn im Tölzer Knabenchor. Er studierte Gesang, Chorleitung und Orchesterdirigieren an der Musikhochschule München. Er dirigierte unter anderem die Münchner Symphoniker, die Karlsbader Symphoniker und die Mährische Philharmonie Ölmütz. Seit 2011 leitet der Universiätsmusikdirektor den Akademischen Chor, das Akademische Orchster und die Camerata vocalis der Universität Tübingen. Seit 2017 leitet er das Tumlinger Theodor Schüz-Ensemble. Amelung und Schüz verbindet auch, dass Amelungs Eltern Theologen sind und die Eltern von Schüz beide Pfarrer waren.