Mit treffenden Pointen würzte der Künstler Wolfgang Meusel sein Amüsement-Programm im Salzstetter Schlössle. Foto: Maier Foto: Schwarzwälder-Bote

Kabarett: Mit viel Witz und Charme überzeugt der Komödiant aus Alpirsbach im Salzstetter Schlössle

Von Walter Maier

Komödiantisches der Extraklasse bot Allround-Künstler Wolfgang Meusel vor voll besetzten Reihen im Salzstetter Schlössle. Am Klavier begleitete er Iris Joos und Elisabeth Rauser.

Waldachtal-Salzstetten. Köstlich amüsiert haben sich die Besucher im Kulturtempel, als der Alpirsbacher Kabarettist Wolfgang Meusel seine Humor-Schatzkiste öffnete: Heraus kam ein mit Höhepunkten gespicktes Paket aus der Welt der humoristischen Literatur. Der bunte Mix aus Joachim Ringelnatz, Eugen Roth, Erich Kästner, Otto Reutter, Ephraim Kishon, Karl Borromäus Reisinger und von Meusel selbst.

Der Förderverein mit seinem Vorsitzenden Eberhard Armbruster präsentierte das heitere Programm "Wer nicht lesen will (oder kann) muss hören" mit dem Theater- und Musik-Tausendsassa, der Wortwitz-Drähte glühen ließ. Mit umwerfender Komik fesselte der Comedian seine Fans und brillierte mit überraschenden Einwürfen aus eigener Feder.

Feinsinnigen Humor auf höchstem Niveau in der Provinz zu erleben, das wertete Meusel-Fan und Vize-Vorsitzender Herbert Erath als einzigartiges Vergnügen: "Ich schätze seine Professionalität und Schauspielkunst."

Gestenreich und mit scharfer Zunge karikierte Wolfgang Meusel große Komiker vergangener Tage, nicht ohne Zeitgenössisches aus dem Alltagsleben mit geistreichen Einfällen wirkungsvoll einzustreuen. Das verlieh seiner Bühnenshow jene Dynamitkraft, die heutige TV-Comedy-Shows oft vermissen lassen. Der an der Theaterhochschule Leipzig ausgebildete Schauspieler knipste ein Spotlicht nach dem anderen an und verblüffte auf knitze Art und Weise, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen: Frech, keck und auch mal charmant. Er beherrscht die ganze Klaviatur von Redekunst, Mienenspiel, Gestik und Verschmitztheit.

"Noch’n Gedicht": Als Vorspeise für das "gut aussehende Publikum" gab es Heinz Erhardt, den wohl alle ob seiner unnachahmlichen Art liebten. Varieté-Charakter verliehen dem Kulturabend mit hoher Unterhaltungskunst die graziösen Sängerinnen Iris Joos und Elisabeth Rauser. Ihr stimmliches Vermögen verdeutlichte Mezzosopranistin Iris Joos mit "Hallelujah" von Leonhard Cohen und Max Raabe-Songs sowie Kontra-Alt Elisabeth Rauser mit "Youkali – Tango Habanera" und "Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt". Mit ihren anspruchsvollen Liedern bereicherten sie das abendliche Vergnügen im stimmungsvollen Ambiente.

Was ist Schauspielkunst? Die Antwort von Erich Kästner: "Früher waren die Dekos aus Pappe und die Schauspieler echt!" Multi-Talent Wolfgang Meusel, Jahrgang 1957, der seinen Zuhörern treffende Pointen um die Ohren fliegen ließ, zitierte Eugen Roth: "Gemütskrankheiten können sich nur verbreiten, wo Gemüt ist" und schwenkte gleich zu Ephraim Kishon über, der vor einem gefährlichen Nachlassen des Erinnerungsvermögens warnte: "Jeder ist so alt, wie er sich fühlt – ein Blick in den Reisepass genügt". Nebenerscheinungen des Alters zuzuordnen sei, wenn man merke, dass Busse früher abfahren wie gewohnt. Aber: Die Welt sei nicht so trostlos wie sie aussehe und eine Brille sei kein Altersindiz. Und überhaupt: Es gibt sehr viele Menschen, die lesen, weil sie nicht denken können. Aber keine Angst vor Büchern: Ungelesen sind sie völlig harmlos. Meusel: "Wer jetzt nicht lacht, hat überhaupt nichts verstanden."

Die Herzen der Zuhörer eroberte sich der Entertainer aus dem Alpirsbacher Stadtteil Reutin mit interpretierten Couplets des Berliner Komikers Otto Reutter, der dem Volk aufs Maul schaute: "In 50 Jahren ist alles vorbei". Verbalistisch garnierte er seine Charme-Offensive gegenüber dem weiblichen Geschlecht: "Ein Weib möchte alles selber verrichten, aber immer einen haben, dem sie die Verantwortung in die Schuhe schieben kann." Oder: "Die Ehe ist wie ein Restaurant-Besuch: Man meint, man hätte das Beste gewählt, bis man sieht, was der Nachbar hat." Außerdem: "Ein Mann, der seine Frau verstehen will, muss umdenken, aber dann kommt er im Alter nicht mehr zurecht."

Publikum wird mit Verlängerung verwöhnt

Aus dem Nähkästchen der Salzstetter Schlössle-Aktiven Herbert und Roswitha Erath plauderte Wolfgang Meusel in Sachen "Liebeserklärungen im medialen Zeitalter" und redete dem guten alten handgeschriebenen Liebesbrief das Wort. Zu Wort mit Erlebnissen einer Hochzeitsnacht und "Lieber Gott" kam auch der Eugen Roth des Schwabenlandes: Karl Borromäus Reisinger. Meusel über Deutschlands "Political Correctness": "Kinder dürfen beim Bäcker keinen Negerkuss und keinen Mohrenkopf mehr haben." Obendrein dürfe man zu Hause nicht mehr "blöde Kuh" sagen, sondern korrekterweise "unwissende Weidedame". Doch das meiste, was heute aufstoße, liege an den Genen, beruhigte er. Denn: "Es kann nur eine Person geben, die Recht hat, und die andere Person ist männlich."

Nach der tollen Bühnenshow kam das hochverehrte Publikum um eine Verlängerung nicht herum: "Die Zugabe war geplant und gedrückt, da müssen sie jetzt durch", verlangte der Komiker. Beifallsstürme quittierten einen Kabarett- und Varieté-Abend der Superlative, der beglückte Zuhörer hinterließ.