Nachruf: Sein Töchter sagen: "Vater ist ein echtes Kriegsopfer"

Von Walter Maier

Waldachtal-Salzstetten. Salzstetten hat ein Original verloren, das von vielen verkannt worden ist. Kunstmaler und Malermeister Emil Dettling ist im Alter von 89 Jahren verstorben.

Er hat ein künstlerisches Vermächtnis hinterlassen, welches für das geplante Heimatmuseum taugt: Gebäude in seiner Heimatgemeinde Salzstetten, etwa die Kirche und das Schlössle, und Umgebung hat der talentierte Kunstmaler mit Bleistift und Pinsel für die Nachwelt künstlerisch verewigt.

"Schweres Leben – leichter Tod. Sein Künstlerherz hat aufgehört zu schlagen", zitierte Pfarrer Anton Romer in seiner Traueransprache die beiden Töchter Gabi Wehle, Salzstetten, und Christiane Maier, Freudenstadt. Aufgewachsen ist der Verstorbene in einer großen Bauernfamilie mit insgesamt 16 Kindern im Gässle in Salzstetten. Emil war das neunte Kind von Heinrich Dettling und Christine, geborene Rottenburger. Sein ältester Bruder war Peru-Missionar Anton Dettling, der 94 Jahre alt wurde. Die Mutter ging zu früh aufs Feld und starb zwei Wochen nach Emils Geburt. "Er litt fortan sehr darunter, dass er keine Mutter, sondern nur eine Stiefmutter hatte. Er litt sehr darunter, dass ihm scheinbar – von wem auch immer – die Schuld gegeben wurde, dass die Mutter starb. Dieses Trauma, wie auch sein späteres Kriegstrauma, das nahm er mit ins Grab", sagte Pfarrer Romer in der katholischen St.-Agatha-Kirche. Auf ihrem Sterbebett soll seine Mutter Christine zu seinem großen Bruder, dem späteren Pater Anton, gesagt haben: "Pass auf Emil auf, der wird anders sein als alle anderen." Maria Dettling, geborene Ade, aus Talheim war die zweite Frau von Heinrich. Emil war sehr kontaktfreudig: Die Salzstetter wussten wie er war. "Manchmal war er anstrengend", sagte Pfarrer Romer. Aber: Kannten wir ihn wirklich?

"Unser Vater ist ein echtes Kriegsopfer, ein Kriegsgeschädigter", sagen die beiden Töchter. Mit 16 Jahren Arbeitsdienst. Mit 18 Jahren eingezogen zur deutschen Wehrmacht. 1944 Granatsplitter im Rücken und in der Lunge. Im Lazarett wurden die Granatsplitter unter schlimmen Umständen aus dem Rücken entfernt. Die in der Lunge blieben drin und sind verkapselt. Die Folgeschäden, eine chronische Bronchitis, blieben bis zum Lebensende. Er kam in englische Gefangenschaft, floh und geriet in amerikanische Gefangenschaft, wo er das Tanzen gelernt hat.

Mit 19 Jahren kam er wieder heim: Desillusioniert, traumatisiert, verletzt an Körper und Seele – die Jugend verloren wie viele. Eines hatte er auf jeden Fall: Talent zum Malen! Er versuchte, sich als Künstler zu verwirklichen. Er malte bis ins Alter von 83 Jahren. Erst bemalte er Holzspielzeug in einer Spielwarenfabrik. Sein Bruder Leo besorgte ihm im Allgäu in Kißlegg eine Lehrstelle als Maler In seinen Lehr- und Gesellenjahren lernte er viel: Nicht nur Anstreichen, auch Tapezieren, Lackieren von Autos, verschiedene Maltechniken und das Malen von Schriften. Das hat ihn begleitet, getröstet und gab ihm Kraft.

1951 kehrte er nach Salzstetten zurück, arbeitete bei Wilhelm Stumpp und bei Konrad Rothfuß in Tumlingen. Er schaffte es bis zum selbstständigen Malermeister.

Mit 33 Jahren heiratete er in Tübingen die Krankenpflegerin Gertrud Kubitza. Im Alter von 34 Jahren zog Emil Dettling mit Familie nach Landshut zu Verwandten. 1970 wurde er Frührentner. Der guten Schwarzwald-Luft wegen zog die Familie 1976 wieder in Emils Heimatgemeinde nach Salzstetten in die Biergasse 5 und ab 1992 in die Heubergstraße 5, wo sie in einer guten Nachbarschaft lebten.