Traurig über die Absage 2021, aber voller Vorfreude auf 2022: Die Narrenzunft Lützenhardt mit Zunftmeister Mario Straßner (von links), Vize-Zunftmeisterin Janina Störzer und Ehrenzunftmeister Uwe Störzer präsentieren das neue Vereinswappen für den Narrenbaum.Foto: Maier Foto: Schwarzwälder Bote

Fasnet: Die Narrenzunft Lützenhardt denkt über Fasnet-Alternativen nach / Abkehr von Party-Tourismus gewünscht

"Home"-Fasnet statt Hofemer Fasnet: Corona-bedingt überlegt die Narrenzunft Lützenhardt Alternativen zur fünften Jahreszeit 2021. Vorstellbar sind Fasnet in den Familien oder "Social-Media-Fastnacht".

Waldachtal-Lützenhardt. "Back to he roots" (Zurück zu den Wurzeln) heißt das Motto für die noch ungewisse Fasnet 2021. Wenn überhaupt etwas möglich ist, dann nur im Ort oder in den Familien. Dies betonten Ehrenzunftmeister Uwe Störzer, Zunftmeister Mario Straßner und Vize-Zunftmeisterin Janina Störzer in einem Pressegespräch mit unserer Zeitung.

"Wenn es die Pandemie-Lage zulässt, können wir vielleicht im Freien kurzfristig was organisieren", meint Vertriebsleiter Uwe Störzer. "Es ist eine völlig bedrückende Stimmung", sagt der 53-jährige Ehrenzunftmeister. Zunftmeister Mario Straßner: "Für die Tradition ist es ganz bitter. Aber wir halten uns an das, was uns die Regierung vorgibt." Nur Minimales ist in Planung: "Jedenfalls werden wir die Fasnet-Dekoration im Ort machen und Mitte Januar bunte Bändel über die Straßen hängen. Außerdem wollen wir unseren Narrenbaum im Kurpark aufstellen und dekorieren." Es sei eine Notlösung, erklärte der 43-jährige Straßner, Mitarbeiter des Gemeinde-Bauhofs. Man fasse ins Auge, den Christbaum der Gemeinde zu übernehmen und als Narrenbaum zu schmücken.

Ist digital die Lösung für 2021? Erfahrungen mit digitalen Vorstandssitzungen hat die Narrenzunft Lützenhardt schon. "Es wäre der Knaller, wenn sich Familien treffen könnten, zum Beispiel zwei Familien", denkt die 27-jährige Unternehmensberaterin Janina Störzer über ein Alternativ-Konzept nach. "Mir ist es verleidet und bin den Tränen nah." Via Social Media in Verknüpfung mit der Homepage wolle man den Zunftmitgliedern und Fasnet-Begeisterten auf jeden Fall etwas bieten. Störzer: "Ich habe viele Ideen im Kopf, wie Tänze der Schafhofhexen und Tanzmäusle." Zusammen mit dem in moderne Medien affinen Dominic Bayer werde man wohl etwas anbieten. Nach dem Beispiel von Influencern und You-Tube-Stars könnte man "10 Fragen an" bekannte Personen in Waldachtal richten.

Regelmäßige Spenden

Die Narren denken auch an ihre Mitmenschen und spenden regelmäßig für gute Zwecke: Jedes Jahr, so "Sales-Direktor" und Ehrenzunftmeister mit 24 jähriger Erfahrung als Zunft-Vorsitzender (1990-2014), Uwe Störzer, verteile die Zunft Geschenke an ältere und bedürftige Mitbürger in Lützenhardt, die in Bezug zur Narrenzunft stehen. Bisher sei es in Form von Weihnachtsgeschenken geschehen. Da die betagten Einwohner zur Corona-Hochrisikogruppe zählten, überlege man sich, wie man das in diesem Jahr am besten handhabe. Störzer als begeisterte Skifahrerin spricht der jungen Generation aus dem Herzen: "Hoffentlich kommen bald wieder bessere Zeiten." Bei allen Einschränkungen. "Wir dürfen noch raus in die Natur, was man auch schätzen muss", sagt die Vize-Vorsitzende.

Da die schwäbisch-alemannische Fasnet 2021 den Corona-Einschränkungen zum Opfer fällt, herrsche "große Trauer", teilt Uwe Störzer mit. "Wir können nichts planen. Es wäre unverantwortlich den Einwohnern und Gästen gegenüber." Selbst auf geliebte Advents- und Weihnachtsfeiern in der Familie müsse man in gewohnter Form ebenso verzichten wie auf den Lützenhardter Nikolaus- und Weihnachtsmarkt. Die Corona-Krise sieht der Ehrenzunftmeister auch als eine Chance, zur traditionellen, sinnvollen Fasnet zurückzukehren. "In den letzten Jahren gab es eine völlige Fehlentwicklung Richtung Party-Veranstaltungen und Party-Tourismus." Die Narrenzunft Lützenhardt habe diesem immer schon entgegensteuern wollen. "Jetzt werden die Zünfte gezwungen, sich Gedanken zu machen." Uwe Störzer manifestiert: "Die Tradition und die Fasnet im Ort hochleben lassen: Das sind für mich die zwei elementaren Punkte. Alles andere ist Beiwerk!"

Einen Schritt voraus

Lützenhardt sei schon immer einen Schritt voraus gewesen mit vielen Veranstaltungen im Ort, mit Live-Musik und genügend Plätzen für die Einheimischen. Nicht umsonst zelebriere man seit Jahren das Motto "Vom Flecken für den Flecken". Das wolle man auch den Neumitgliedern klar machen: "Weg davon, sich einfach nur in den Bus reinzusetzen." Die Hauptfasnet erstrecke sich vom Schmotzigen Donnerstag bis zum Aschermittwoch. Eine Ausnahme bilde der Fasnetsonntag. Da sei man immer der langjährigen Freundschaftspflege wegen zum Umzug nach Bühl/Baden gefahren. "Die Mischung zwischen Moderne und Tradition, das ist uns als Narrenzunft Lützenhardt immer gut gelungen", meint der Ehrenzunftmeister. Generell sagt der 53-jährige Uwe Störzer: "Wir sind die erste Generation ohne Krieg und ohne große Seuchen bisher." Und folgert: "Wenn Corona die einzige Krise unserer Generation bleibt, dann ist das großes Glück im Vergleich, was unsere Vorfahren haben alles durchmachen müssen." Diese hätten stets um ihr Leben bangen müssen und oftmals nicht gewusst, wie sie den nächsten Tag überleben.

Rund 80 Aktive zählt die genau 30 Jahre alte Narrenzunft Lützenhardt. Die größte Gruppe mit 50 Hästrägern stellen die Schafhofhexen um Oberhexe Marvin Müller. Marcus Schremmer leitet die Bürstenmacher. Vorerst noch nicht den Ton angeben können die Gassenfetzer-Musiker mit ihrem musikalischen Leiter Patrick Letzgus. Gunnar Schweizer fungiert als Gruppenleiter der Gassenfetzer. Dominic Bayer schart die Schafhofschäfle um sich, die historisch Bezug nehmen auf die erste Besiedlung von Lützenhardt. Annina Rupp führt die Tanzmäusle.

Uwe Störzer richtet den Blick auf das übernächste Jahr: "Es besteht die Hoffnung, dass die Fasnet 2022 wieder stattfinden kann und sich wieder mehrere Personen treffen können." Ostern 2021 betrachte er als so eine Schwelle. Er hoffe auf einen Herbst 2021 ohne Lockdowns. Seine Tochter Janina Störzer fügt hinzu: "Mich trägt diese Hoffnung jeden Tag, auch für den Alltag."