Andreas Scherrmann (76): Er gilt als Wegbereiter für die Wiedergründung der Kolpingsfamilie Salzstetten im Jahr 1970. Foto: Maier Foto: Schwarzwälder Bote

Jubiläum: Die Feier wird verschoben / Aktion Entwicklungshilfe ist das Markenzeichen der Gemeinschaft in Salzstetten

"Ja, gebe es die Kolpingsfamilien nicht, man müsste sie erfinden." Das sagt der 76-jährige Andreas Scherrmann, der Gründungs-Senior der Kolpingsfamilie Salzstetten anlässlich des 50-jährigen Bestehens seit Wiedergründung im Jahr 1970.

Waldachtal-Salzstetten. Wegen der Corona-Pandemie muss die ursprünglich für Sonntag, 13. Dezember 2020, geplante Jubiläumsfeier auf unbestimmte Zeit verschoben werden.

Die christliche Gemeinschaft durchlebte einen Wandel der Zeit. In 50 Jahren hat sich viel verändert: Heute gibt es keine Jugendgruppen mehr, sondern nur noch eine Gruppe Erwachsener.

Aus der Taufe gehoben wurde die Kolpingsfamilie Salzstetten im Jahr 1947 mit 35 Mitgliedern. Der 36-jährige Präses und spätere Dekan Vinzenz Härle scharte ausschließlich Handwerker um sich. In den Akten des Kolpingwerkes in Köln wurde die Salzstetter Gemeinschaft von 1964 bis 1969 als "ruhend" geführt. Wegbereiter für die Wiedergründung der Kolpingsfamilie war Andreas Scherrmann junior. Im Dezember 1968 setzte sich das zugezogene Kolpingmitglied Anton Kellersch bei der Gebietsmission in Salzstetten für eine Neugründung der Kolpingsfamilie durch die Jugend ein. Der 24-jährige Andreas Scherrmann ergriff die Initiative, die Lücke in der Jugendarbeit zu füllen. Von Beginn an wurde das Vorhaben von "Vaterfigur" Pfarrer Bernhard Dobler unterstützt, der sein Leitmotiv "allen alles zu werden" vorbildlich lebte.

Viele Gruppenabende

Zunächst schloss sich die Salzstetter Gruppe 1969 der Kolpingsfamilie Ergenzingen an, die mit Rat und Tat zur Seite stand und die Patenschaft für Salzstetten übernahm. Freundschaftliche Bande pflegte man auch zu der Kolpingsfamilie Wurmlingen/Rottenburg. 20 Gruppenabende bestimmten das Jahr 1969. Wiedergegründet wurde die christliche Lebens-, Bildungs- und Aktionsgemeinschaft Kolpingsfamilie Salzstetten im Jahr 1970 mit einer Gründungswoche und Festprogramm vom 6. bis 12. Dezember. Das Führungsteam bildeten Vorsitzender Andreas Scherrmann, Vize-Vorsitzender und Jungkolpingleiter Walter Maier, Schatzmeister Karl-Josef Bernhard und Schriftführer Eugen Faßnacht. Pfarrer Bernhard Dobler übernahm die Aufgabe des Präses und Geistlicher Rat Hermann Raible ab 1971 die des Vizepräses. Egon Essig wurde 1974 zum Bezirks-Jungkolpingführer berufen.

In Eigenleistung bauten die Mitglieder Hans Kneißler und Gerhard Dubnitzki unter fachkundiger Beratung des Ergenzinger Kolpingfreundes Gebhard Bader einen Werkraum in das Kellergeschoss des Pfarrhauses ein. Der neue Werk- und Geselligkeitsraum konnte im April 1971 von Präses Dobler eingeweiht werden. Dieser Treff, der 1978/79 noch besser ausgestattet worden ist, wurde alsbald zum "Eldorado der Kupferbild-Kreativen", welche von Könner Karl-Josef Bernhard profitierten. In der ehemaligen Pfarrscheuer wurde in den Jahren 1978/79 mit einem Kostenaufwand von 8500 Mark ein Kolping-Heim ausgebaut. Die meisten der über 500 freiwilligen Arbeitsstunden leisteten Herbert Erath und Werner Wehle. Stark an Arbeitseinsätzen beteiligten sich auch Karl-Josef Bernhard, Franz Dausch, Hans Dausch, Roland Fischer, Rainer Fischer, Oswald Fischer, Harald Klink, Norbert Wehle und Reinhard Dausch. Seit 1971 gilt die jährliche Aktion Entwicklungshilfe bis heute als ein Markenzeichen der Kolpingsfamilie.

Projekte in aller Welt

Seit 50 Jahren werden christliche Salzstetter Missionsprojekte in aller Welt direkt unterstützt als Hilfe zur Selbsthilfe. Jährlich stellen sich 24 Kolpingmitglieder in den Dienst der Aktion und sammeln bei einer Haussammlung Spenden. Seit 1971 kam die stolze Summe von mehr als 164 174 Euro zusammen. Der Impuls zur Unterstützung einheimischer Missionare ging vom damaligen Kolping-Senior Andreas Scherrmann aus.

Pfarrer Bernhard Dobler, der 1968 nach Salzstetten kam, wünschte sich große Ministranten und Lektoren. Karl-Josef Bernhard, Karl Essig, Walter Maier und Hans Dausch begannen ihren Dienst als große Ministranten als erste. Andreas Scherrmann baute eine Lektorengruppe auf, deren Mitglieder ebenso aus der Kolpingsfamilie kamen. Vor 50 Jahren leistete die Gemeinschaft auch einen Beitrag zu den Seniorenfeiern der Ortschaft. Sie übernahm den Fahrdienst für die Betagten und die Kolping-Laienschauspielgruppe bescherte den älteren Einwohnern Stunden der Muse. Zu Beginn der 1970er-Jahre setzte die Kolpingsfamilie die weitum bekannte Salzstetter Theatertradition fort. Unter Regie von Konrektor und Kolping-Mitglied Clemens Eppelt wurden die Besucher der jährlichen Kolping-Bilanz-Veranstaltung im Gemeindesaal durch eine Komödie unterhalten. 1971 etablierten sich die weiteren Hobbygruppen Foto, Schach, Musik, Wandern und Chronik der Gemeinde Salzstetten. Seit der Wiedergründung der Kolpinggemeinschaft 1970 sind die Nikolaus-Besuche "Werke des Guten" zu einer festen Einrichtung geworden. Jahrzehntelang engagierten sich Kolpingmitglieder, zuletzt Andreas Scherrmann und Wolfgang Strobel. 1980 gelang der Kolpingsfamilie Salzstetten der große Coup: Sie ging erstmals als Kolping-Bezirks-Fußball-Pokalsieger im Bezirk Tübingen-Horb hervor. Neben Topspieler Hans Dausch spielte Wolfgang Sadzik bei den Kolping-Tischtennisturnieren vergangener Tage stark auf. Bildungsfahrten, Ausflüge und Zeltlager prägten das erste Jahrzehnt nach der Wiedergründung. Besondere Höhepunkte waren 1971 eine Fahrt mit Exerzitien bei Abt Harduin Bießle, der 1942-1945 als Seelsorger in Salzstetten wirkte, zur Benediktinerabtei Königsmünster in Meschede und 1974 ein Besuch bei dem aus Salzstetten stammenden Theologie-Professor Paul Zepp in der Steyler-Missionszentrale St. Augustin mit einem reichhaltigen Besuchsprogramm rund um die seinerzeitige Bundeshauptstadt Bonn. Den Kolping-Schaukasten am Rathaus betreuen Andreas und Regina Scherrmann seit vielen Jahren.

Viele Jugendliche

Etliche Jugendliche wurden in den Salzstetter Jungkolping-Gruppen groß und machten ihre Erfahrungen fürs Leben auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden. 1970 organisierte Walter Maier das erste Jungkolping-Treffen mit 18 Teilnehmern der Jahrgänge 1955 bis 1957. Die Jungkolping-Gründungsfeier folgte 1971 im Gemeindesaal. Das Gruppenprogramm der ersten Mädchengruppe mit 13 Teens leiteten ab 1972 Erika Hirth (heute: Reusser) und Marietta Thurau. Im Januar 1973 zählte die Gruppe Junge Erwachsene 24 Mitglieder. Der Mitgliederbestand bei Jungkolping ist im gleichen Jahr auf 47 angewachsen. Am Kolping-Jugendtag 1973 in Köln beteiligte sich Salzstetten mit 23 Aktiven und einem Info- und Gesprächsstand in der Messehalle. Bei der 1. Ökumenischen Jugendwoche 1974 in Waldachtal mit Großveranstaltungen siegte die Kolpingsfamilie Salzstetten beim Fußballturnier. 1976 gab es ein großes Freundschaftschaftstreffen mit der Kolpingsfamilie Offenau samt deren Kolping-Musikkapelle und Jugendorchester in Salzstetten. Im Dezember 1978 kletterte die Mitgliederzahl der Gemeinschaft auf über 100 und 1980 sogar auf 130. Heute, nach 50 Jahren, ist noch eine Gruppe Erwachsene aktiv. Die Gemeinschaft zählt aktuell mehr als 50 Mitglieder im Alter von 35 bis 76 Jahren. Erika Reusser, Clemens Eppelt, Roswitha Erath, Hans Dausch und Christina Wollensak bilden das Vorstandsteam.