Klaus Fischer, Inhaber der Unternehmensgruppe fischer, hält in einer Produktionshalle am Standort Waldachtal-Tumlingen Duopower-Dübel in seinen Händen. Foto: Deck

Dübel-Unternehmensgruppe trägt seine Handschrift. High-Tech-Industrie mitten im ländlichen Raum.

Waldachtal - Die Dübel-Unternehmensgruppe hat unter Klaus Fischer ihr heutiges Profil entwickelt. Am Montag wird er 70.

Name: Duopower LD. Der Alltagstyp. Belastbar, klare Sache. Recht vielseitig und in seinem grau-roten Outfit hübsch-ordentlich anzuschauen. Dem Heimwerker kommt es auf die sechs Millimeter Bohrer-Nenndurchmesser an. Kenner schätzen den Feelgood-Faktor von Duopower. Übersetzt: Man spürt, wenn der Dübel perfekt sitzt. Womit dann das neue TV-Gerät in der Wand verankert ist. Für den Hängeschrank in der Küche wiederum kommt Langschaftdübel SXRL infrage. Im Sortiment mit Hunderten Kollegen ist auch "der Spezielle", ein Gasbetondübel. Die grüne Öko-Truppe taucht auf. Und man klickt zu Befestigungssystemen, die mit Ankerstange, Reaktionspatrone oder Injektionsmörtel ausgerüstet sind.

High-Tech-Industrie mitten im ländlichen Raum

Willkommen in der Welt des Dübels. Meister ihres Faches, kleine Wunderwerke, unentbehrliches Bauteil. "fischer group" steht beim Weltmarktführer für Dübel im Briefkopf. Wir befinden uns in Tumlingen, einem um die 1000 Einwohner zählenden Ortsteil von Waldachtal im Schwarzwald. Die mächtigen Fabrikanlagen von Fischer beherrschen den Draufblick vom Gäu her auf das Dorf. Sportgelände, Schulen, Wohngebiete um den unspektakulären Ortskern herum. Draußen Wald und Felder. High-Tech-Industrie mitten im ländlichen Raum. Typisch Baden-Württemberg. Die Unternehmensgruppe Fischer hat hier im Kreis Freudenstadt ihren Sitz, der Dübel hat den Tumlingern Weltgeltung verschafft. Gewaltige Bauwerke in aller Herren Länder hält der Dübel zusammen, das Handwerk kommt ohne ihn nicht aus – und er entfesselt die Leidenschaft von Millionen Männern und Frauen, die zuhause ihr Do-it-yourself-Ding machen.

Man kann ins Grübeln kommen im Dübel-Universum. Darüber, wie das Kleine dem Großen erst Halt gibt. Und darüber, wie man diese Erfolgsgeschichte erzählen soll, an der vieles charakteristisch ist für das Unternehmertum im Südwesten, bei der es aber sehr auf die handelnden Personen ankommt. Es ist die Geschichte von Erfindergeist, unternehmerischer Vision und regionalem Wurzelgeflecht. Es ist in diesem Sommer 2020 ganz gewiss auch die Geschichte von Klaus Fischer, dem Inhaber und Vorsitzenden der Holding sowie Beiratsvorsitzenden der Unternehmensgruppe Fischer. Diesen Montag, am 17. August, wird Fischer 70 Jahre alt, in diesem Jahr feiert er 45-jähriges Dienstjubiläum und das 40-jährige Jubiläum als Gesamtgeschäftsführer.

25 Jahre war der gebürtige Freudenstädter alt, als er in die Firma eintrat. Als frisch graduierter Diplomingenieur (FH) leitete er das Prüffeld. Klaus Fischer rückte schon bald in die Geschäftsführung auf, 1980 übernahm er die Gesamtverantwortung. Umsatz damals: 83 Millionen Euro, erwirtschaftet von etwa 1100 Mitarbeitern. Heute beschäftigt das Familienunternehmen aus dem Nordschwarzwald weltweit über 5200 Menschen und bringt es auf einen Jahresumsatz von 887 Millionen Euro (2019). Er trieb Internationalisierung und Globalisierung der Firma voran. Inzwischen sind 49 Landesgesellschaften eingerichtet.

Unternehmensgruppe trägt seine Handschrift

Die Unternehmensgruppe hat unter der Leitung von Klaus Fischer ihr heutiges Profil entwickelt, sie trägt seine Handschrift durch und durch. Wegmarken sind zu nennen: 1993 übernehmen die Tumlinger die Upat GmbH&Co.KG im südbadischen Emmendingen, seinerzeit zweitgrößter Dübelhersteller in Deutschland. Neben Kunststoffdübeln gewinnen Schwerlastbefestigungen aus Metall an Bedeutung. 1997 wird die Rocca Bauchemie in Denzlingen erworben, Hersteller von Schäumen und Silikon. Neue Marktfelder erschließt man im Automobilzulieferergeschäft: etwa durch die Produktion von Komponenten für das Interieur von Autos. Fischer Consulting agiert als Beratungsdienstleister. Immer wieder holt die Fischer-Gruppe Topplatzierungen unter den Familienunternehmen in Deutschland, wird man ausgezeichneter Arbeitgeber. Heute gilt die "fischer group" als Marktführer für Befestigungstechnik in Europa und Weltmarktführer bei Dübeln. Siehe oben.

Zukunftsmut: Dieses Wort trifft vielleicht am besten einen Kerngedanken, den der Unternehmer Klaus Fischer immer wieder zum Ausdruck bringt. "Nur die Zukunft können wir gestalten", sagt er häufig. "Wir müssen uns immer mit der Zukunft beschäftigen", hat Fischer dieser Tage den Mitarbeitern ein weiteres Mal auf den Weg gegeben: "Die Mitarbeiter dürfen keine Angst vor der Zukunft haben. Angst ist ein schlechter Motivator", wird er in der Firmenzeitschrift zitiert.

Schon lange folgt das Unternehmen aus Tumlingen dabei einem nachhaltigen und ständigem Verbesserungsprozess – entsprechend der japanischen KAIZEN-Kultur, die Klaus Fischer in seinem Unternehmen verankert hat. "Das größte Kapital und der wichtigste Erfolgsfaktor in unserem Unternehmen sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – nicht Anlagen und Gebäude" – ein anderer Fischer-Grundsatz. "Innovativ. Eigenverantwortlich. Seriös", steht im Firmenleitbild geschrieben.

Klaus Fischer also ist durchdrungen von visionären Vorstellungen, antizipiert lieber künftige Entwicklungen als lediglich auf veränderte Marktlagen zu reagieren. Sein Unternehmen sieht er gut vorbereitet – beispielsweise auch auf die Anforderungen und Möglichkeiten künstlicher Intelligenz. Optimismus prägt im Kern Fischers Zukunftsverständnis. Doch in diesem Corona-Sommer hört man auch einen Klaus Fischer in Sorge. Das will etwas heißen. Deutschland sei mit einer Rezession ins Jahr gegangen, "und dann kam Corona dazu", sagt er: "Das ist für alle, auch für unser Unternehmen, eine große Herausforderung". Komme es zu einem zweiten Lockdown, "werden auch gut aufgestellte Unternehmen erhebliche Probleme bekommen". Das betreffe somit die "gesamte Wirtschaft" – das eigene Unternehmen nicht ausgeklammert.

Sport und Oldtimer faszinieren ihn in der Freizeit

In all seinen 45 Dienstjahren, erinnert sich der 69-Jährige, habe er Vergleichbares nicht erlebt. Nach Fischers Einschätzung deckt Corona Schwächen auf. Die Politik in Deutschland schaue zu wenig über den Tellerrand hinaus – "was aus dem Ausland und vor allem aus China auf uns zukommt". Entscheidungen würden "immer nur von Wahl zu Wahl getroffen". Beispiel: Seit Jahren werde in Deutschland viel zu wenig in Aus- und Weiterbildung investiert. "Für die Jugend – unsere Zukunft – wurde zu wenig getan. Jetzt steht auf einmal Geld ohne Grenzen zur Verfügung. Ich tue mich schwer, das zu verstehen".

Man weiß im Nordschwarzwald: Bei der Unternehmensgruppe Fischer haben Ausbildungsinitiativen einen hohen Stellenwert. Dies honorieren Spitzenplätze bei Branchenwettbewerben. Der Unternehmer fördert auch vor Ort öffentliche Projekte für Kinder und Jugendliche. "Wo arbeiten Mama und Papa?", ist ein Angebot für die Kinder von Mitarbeitern umschrieben. Im Nordschwarzwald hat Fischer mit dem Fischer Forum zudem eine Gesprächsreihe zwischen Gesellschaft, Wirtschaft und Politik etabliert mit Gästen wie Günther Oettinger, Roland Koch (beide CDU) und Uli Hoeneß. Blicke in die Zukunft; nun ja, gelegentlich schon mal zurück.

Auch die persönlichen Interessen verheimlicht Klaus Fischer nicht. Der Sport gehört dazu, der SV Tumlingen, für den er selbst einst gespielt hat, der VfB Stuttgart. Enge Verbindungen hat er zum Horber Reit-Olympiasieger Michael Jung. Reisen mit der Frau, Oldtimerfahrten und die Jagd nennt Fischer als Betätigungsfelder, für die künftig mehr Zeit sein könnte.

Offiziell übrigens ist Klaus Fischer seit Januar 2018 im Ruhestand. Das operative Geschäft verantwortet Marc-Sven Mengis. Er wolle kürzertreten, sagt der Träger des Verdienstordens des Landes Baden-Württemberg wenige Tage vor seinem 70. Geburtstag – und sich noch stärker auf dieses eine Thema konzentrieren: Was bringt uns die Zukunft, wie meistern wir die Zukunft? Den Dübel dafür wird Tumlingen schon liefern.

Info: Die Gruppe

Die "fischer group" mit Sitz in Waldachtal, Nordschwarzwald, hat 2019 mit weltweit rund 5200 Mitarbeitern einen Umsatz von 887 Millionen Euro erzielt. In diesem Jahr wurde Fischer mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet. Das Familienunternehmen ist mit 49 Gesellschaften in 37 Ländern vertreten und exportiert in über 100 Länder. Es umfasst die fünf Unternehmensbereiche fischer Befestigungssysteme, fischer automotive, fischertechnik, fischer Consulting und LNT Automation.

Vorsitzender der Geschäftsführung ist seit 2018 Marc-Sven Mengis. Als Inhaber der Unternehmensgruppe ist Klaus Fischer Vorsitzender der Holding und Vorsitzender des Beirats.

 Die Firmen

"fischer Befestigungssysteme" besitzt die technologische Marktführerschaft in wichtigen Feldern der Befestigungstechnik. "fischer automotive" fertigt Innenraumkomponenten für Fahrzeuge. Das Produktspektrum als Partner der Automobilindustrie umfasst Luftausströmer, Getränkehalter, Ablagefächer und Multifunktionskomponenten. "fischertechnik" ist mit seinen Konstruktionsbaukästen sowohl im Spielwaren- als auch im Bildungsbereich aktiv. Man entwickelt und fertigt – ungewöhnlich für die Spielwarenbranche – ausschließlich in Deutschland.

"fischer Consulting" berät mittelständische Unternehmen, Behörden und Großkonzerne auf dem Weg zu schlanken und effizienten Prozessen. "LNT Automation" entwickelt und fertigt kundenspezifische Elektroniklösungen. Außerdem befasst sich das Unternehmen mit Touchsystemen wie Multitouch-Lösungen aus Glas.