Absetzgelände: Bürgermeister Jöchle: "Wir haben im Gemeinderat über Einflugschneisen diskutiert"
Was ist da schiefgelaufen? Waldachtals Bürgermeisterin Annick Grassi hat die Karte über die geplanten Einflugschneisen für das Absetzgelände direkt über das Waldachtal erst aus dem Schwabo erfahren. Ihr Kollege Armin Jöchle hat die Karte schon im Juli 2017 im Gemeinderat diskutiert.
Waldachtal/Eutingen/Haiterbach/Horb/Stuttgart. Die "Karten-Affäre" um die geplanten Einflugschneisen für das Absetzgelände in Haiterbach: Am Dienstagabend hielt Eutingens Bürgermeister Armin Jöchle (CDU) die Karte mit den Einflugschneisen, die der Schwarzwälder Bote vor einer Woche als erstes Print-Medium veröffentlicht hatte, hoch.
Er sagt: "Wir haben über diese Karte mit den Einflugschneisen schon am 25. Juli 2017 im Gemeinderat diskutiert. Sie war auch in unseren Sitzungsunterlagen abgedruckt. Mich verwundert, dass andere Kommunen jetzt darauf anspringen." Gemeint ist Waldachtals Kollegin Annick Grassi. Sie hatte am vergangen Donnerstag zum ersten Mal in unserer Zeitung die Karte gesehen.
Wie ist Eutingens Bürgermeister Jöchle so früh an die Karte gekommen? Eutingens Bürgermeister: "Diese Karte hing bei der ersten Info-Veranstaltung im Mai bei der Bürgerversammlung aus. Ich kann – ohne in den Akten nachzuschauen – jetzt nicht mehr genau sagen, ob ich diese Karte über Haiterbach bekommen habe oder vom Staatsministerium. Fakt ist jedenfalls, dass wir diese Karte auch in den Sitzungsunterlagen für die Gemeinderatsitzung abgedruckt haben – neben den spärlichen Infos, die wir zu diesem Zeitpunkt hatten. Wir haben kurz darüber diskutiert. Ich habe die Gemeinderäte gebeten, sich mit den Bürgern darüber zu unterhalten."
Was sagt er dazu, dass Waldachtals Bürgermeisterin diese Karte bisher nicht kannte? Jöchle: "Wir beobachten schon, dass man manchen Dingen ziemlich hinterlaufen muss. Wir haben uns beim Staatsministerium für den Newsletter über das Absetzgelände angemeldet. Haben die Informationen immer im Amtsblatt veröffentlicht. Dort ist aber auch gefühlt seit zwölf bis 15 Monaten nichts mehr gekommen."
Waldachtals Bürgermeisterin Grassi gestern zu der "Karten-Affäre": "Ich möchte dazu keinen weiteren Kommentar abgeben."
Klartext: Die Bürgermeister, die wohl ahnen konnten, dass sie von den Einflugschneisen des geplanten Absetzgeländes der KSK in Haiterbach betroffen sein könnten, mussten selbst recherchieren, was Sache ist.
Das macht auch das Rathaus in Horb noch einmal deutlich. Ein Stadtsprecher: "Wir haben die öffentlich zugänglichen Pläne aus dem Bürgerportal und aus der Infoveranstaltung in Haiterbach durch Eigeninitiative besorgt. Wir bestehen auch weiterhin auf einer offiziellen Informationsveranstaltung für unsere Bürgerinnen und Bürger, da der bloße Besitz des Kartenmaterials nicht viel über die gesamte Problematik aussagen kann." Denn, so der Stadtsprecher: "Wir gehen auch davon aus, dass beispielsweise Bürgermeister Armin Jöchle wenig zu den Fragestellungen wie Flugstunden, Fluglärm, Flughöhe, Flugzeit, Flugzeugtypen ausführen kann."
Spärliche Informationen
Jöchle selbst sprach von "spärlichen Informationen". Und sagt: "In Zeiten, in denen die Landesregierung von mehr Bürgerbeteiligung spricht, fällt auf, selbst wenn man es wohlwollend sieht, dass man sich dabei bisher nur auf Haiterbach konzentriert."
Auch das Landratamt Freudenstadt ist bisher offiziell nicht informiert worden. Und das ist genau der Punkt, warum die Raumschaft Horb und der Landkreis so sauer auf die Landesregierung sind.
Denn: Das Staatsministerium, welches sich die "frühzeitige Öffentlichbeteiligung und Bürgerbeteiligung" auf die Fahnen geschrieben hat, lehnte es ab, eine Info-Veranstaltung im Landkreis Freudenstadt beziehungsweise in Horb über das geplante Absetzgelände zu machen (wir berichteten).
Alle Versuche, nähere Informationen wie den Flugstunden und den Flughöhen bei den betroffenen Kommunen in unserer Raumschaft wie Waldachtal, Schopfloch, Altheim, Talheim oder Grünmettstetten bei einer Info-Veranstaltung zu bekommen, wurden bisher offenbar abgebügelt.
Zuletzt beim Scoping-Termin am 27. Febuar in der Stadthalle Nagold. In der Einladung hieß es dazu: "Dabei sollen die Umweltbelange diskutiert werden, die sich aus einer möglichen Realisierung des Bundeswehr-Absetzgeländes in Haiterbach (Landkreis Calw) ergeben. Das Regierungspräsidium Stuttgart (RPS) wird hierbei neben den Trägern öffentlicher Belange (kurz TÖBs – beispielsweise die Gemeinden Haiterbach und Nagold, der Landkreis Calw oder die Umweltverbände) auch die in Haiterbach und Nagold aktiven Bürgerbegleitgruppen, den Flugsportverein Nagold sowie die Bürgerinitiative "Haiterbach gegen Fluglärm" mit jeweils zwei Vertretern einladen. Davon erwartet sich das RPS, dass Umweltbelange, die diesen Gruppen bekannt sind, in das Scopingverfahren eingebracht werden können."
Keine Einladung
Der mögliche Fluglärm über dem idyllischen Waldachtal – auch in der Haupteinflugschneise des Absetzgeländes – kein Wort. Keine Einladung an einen Vertreter aus dem Landkreis Freudenstadt.
Horbs Gemeinderat Hermann Walz (ULH) war trotzdem da. Wollte zwei Fragen zur Betroffenheit der Horber Raumschaft stellen. Walz: "Das wurde von den Moderatoren abgelehnt. Weil ich nicht eingeladen war."
Das Staatsministerium schreibt dazu: "Der Scoping-Termin war öffentlich, sodass interessierte Bürgerinnen und Bürger dort die Möglichkeit hatten sich zu informieren."
Bei der Informationspflicht hatte die Landesregierung auf die Bundeswehr verwiesen. Eine Sprecherin: "Die Information der Bürgerinnen und Bürger ist Aufgabe des Vorhabenträgers, also der Bundeswehr. Dies entspricht den gesetzlichen Leitbildern der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung."
Die Bundeswehr ihrerseits verweist auf das Staatsministerium: "Die bisherige, sehr frühzeitige Bürgerinformation erfolgte in Federführung des Landes Baden-Württemberg auf freiwilliger Basis."
Der Schwarzwälder Bote fragte das Staatsministerium am Dienstag um 18.31 Uhr an: "Wann gibt es eine Info-Veranstaltung für den Landkreis Freudenstadt und die betroffenen Kommunen in der Raumschaft Horb?"
Bis zum Redaktionsschluss am Mittwochabend kam keine Antwort.