Der Erfinder des Dübels ist im Alter von 96 Jahren verstorben. Foto: Hopp

Firmengründer stirbt im Alter von 96 Jahren. Mehr als 1100 Patente gehen auf ihn zurück.

Waldachtal - "Das Erfinderleben, ist schwer, es ist streng, es verlangt einem viel ab – aber es ist, wenn man es richtig macht, ein glückliches Leben", sagte der Dübel-Erfinder Artur Fischer einmal im Gespräch mit unserer Zeitung. Bis ins hohe Alter stand er an der Werkbank und tüftelte weiter, bis vor Kurzem kam er fast täglich im Anzug in sein Büro in den fischerwerken. Sein Streben nach neuen Lösungen hat ihn zum bekanntesten Erfinder Deutschlands gemacht.

Artur Fischer ist am Mittwoch, 27. Januar, im Alter von 96 Jahren im Kreise seiner Familie friedlich zu Hause eingeschlafen, wie die Unternehmensgruppe fischer in Waldachtal-Tumlingen am Freitag mitteilte. Schon am Freitagmorgen sei er im engsten Familienkreis auf dem Friedhof in Tumlingen beerdigt worden.

Bekannt gemacht hat Fischer vor allem eines: der in der Umgangssprache nach ihm benannte Spreiz-Dübel ("Fischer-Dübel"), der 1958 seinen Siegeszug rund um den Globus antrat und heute in verschiedenen Varianten in einer Stückzahl von mehr als 14 Millionen täglich produziert wird. Mehr als 1100 Patente und Gebrauchsmusteranmeldungen gehen auf ihn zurück.

Er hatte ein Gespür für Geschäfte

Als Artur Fischer am Silvesterabend 1919 im beschaulichen Tumlingen (Kreis Freudenstadt) geboren wurde, deutete wenig darauf hin, dass hier eine Persönlichkeit das Licht der Welt erblickte, die einmal viele Bereiche des alltäglichen Lebens mit ihren bahnbrechenden Erfindungen verändern sollte. Der Vater Schneider, die Mutter Lohnbüglerin, wuchs Fischer in bescheidenen Verhältnissen auf. Weil sich die Familie keine höhere Schulbildung leisten konnte, begann der damals 16-Jährige in Stuttgart eine Schlosserlehre.

Am Ende des Zweiten Weltkrieges kam Fischer in Kriegsgefangenschaft, konnte aber fliehen. Wieder in der Heimat, machte er sich nach einer kurzen Episode als Angestellter in einem Elektrogeschäft 1948 selbstständig. Er gründete die Firma Artur Fischer Apparatebau. Seine erste eingetragene Erfindung ließ nicht lange auf sich warten.

Hinter seinem ersten Patent steckt eine kuriose Geschichte: Weil eine Fotografin in der dunklen Dachgeschosswohnung nicht in der Lage war, gute Bilder seiner eben geborenen Tochter zu schießen, erfand Fischer 1949 kurzerhand das weltweit erste synchronisierte Blitzlichtgerät für Fotoapparate. Diese vom damaligen Marktführer Agfa vertriebene technische Glanzleistung brachte ihm erste Anerkennung – vor allem aber wirtschaftliche Unabhängigkeit. Das Produkt, das bis heute untrennbar mit dem Namen Fischer verbunden ist, kommt 1958 auf den Markt: der Spreizdübel, umgangssprachlich auch Fischer-Dübel genannt.

Die später aus Fischers Unternehmertätigkeit hervorgegangene fischerwerke GmbH & Co. KG ist heute eine weltweit tätige Firmengruppe, die seit 1980 Artur Fischers Sohn Klaus Fischer führt. Zwischen Artur Fischer und Tochter Margot Fischer-Weber allerdings läuft im Hintergrund schon lange ein Rechtsstreit um das zu erwartende Erbe. Die 67-Jährige war nicht zur Beerdigung des Vaters in den Schwarzwald gereist. "Ich habe selbst nur aus den Medien vom Tod des Artur Fischer erfahren", teilt sie auf Anfrage über ihren Anwalt mit.

"Mit Artur Fischer verlieren wir einen herausragenden Unternehmer, der mit seinem geradezu leidenschaftlichen Erfindungsreichtum unser Land prägte", laudatierte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Er hat den Erfinder demnach mehrmals persönlich getroffen.

Auch der VfB Stuttgart war vom Tod Artur Fischers betroffen. "Als langjähriger Partner der Unternehmensgruppe Fischer trauern wir um eine große Persönlichkeit", teilte der Verein mit.

Siegeszug rund um den Planeten

Der bekannte Unternehmensgründer habe weit über Baden-Württemberg hinaus gestrahlt, sagte Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) gestern, wie sein Ministerium mitteilte. "Artur Fischer hat wie kaum ein anderer die Werte unseres Landes verkörpert: Tatendrang, Innovationskraft und die Verbindung von Tradition und Modernität. Seine Produkte und Ideen haben die Welt bewegt", sagte Schmid demnach.

Etliche Auszeichnungen haben sich letztlich zum Titel Senator E.h. Prof. Dr. phil. h.c. Dr.-Ing. E.h. Artur Fischer summiert – darunter ist zum Beispiel die Würde eines Ehrensenators der Universität Stuttgart (1977) und die Auszeichnung mit dem Titel Professor durch das Land Baden-Württemberg (1986).

Zuletzt kam vor eineinhalb Jahren der Europäische Erfinderpreis in der Kategorie Lebenswerk hinzu. "Er war eine der eindrücklichsten Personen, die wir je für diesen Preis hatten", sagte der Sprecher des Europäischen Patentamtes, Rainer Osterwalder, gestern über Fischer.

Neben seiner Begabung für innovative Ideen hatte Fischer auch ein Gespür für Geschäfte: 1964 fertigte Fischer einen Spielzeugbaukasten – als Weihnachtsgeschenk für die Kinder seiner Geschäftspartner. Ein Jahr später trat sein Spielzeugsystem "fischertechnik" den Siegeszug in die Kinderzimmer rund um den Planeten an.

Fischer hat sich vor allem auch für junge Erfinder eingesetzt. 2001 hat er zusammen mit der Baden-Württemberg Stiftung die Stiftung Artur Fischer Erfinderpreis ins Leben gerufen. "Mit seiner Neugier und seiner Begeisterungsfähigkeit inspirierte und beeindruckte er die Jugendlichen", sagte der Geschäftsführer der Baden-Württembergstiftung, Christoph Dahl, gestern. Er habe Fischer als neugierigen, wachen Menschen erlebt, der sich trotz hohen Alters durch Kreativität jung gehalten hat.

Der Erfinder hat einmal gesagt: "Ich sehe sofort, wer begabt ist und technisch denken kann." 2008 hat er in der Schwarzwälder-Bote-Aktion "Wünsch dir was" einen Nachmittag mit Kindern verbracht, die gerne Erfinder werden wollten. Um etwas zu erfinden, brauche man nur "wenige wichtige Voraussetzungen", erzählte er seinen jungen Zuhörern damals. Die erste Voraussetzung sei Neugier: "Man muss sehr interessiert sein und etwas besser machen wollen." So habe das Erfinden auch bei ihm angefangen. Als zweite Voraussetzung zum Erfinden nannte er: "Mut – Man muss den Mut haben, eigene Ideen zu verwirklichen." Und zuletzt: "Disziplin."

Schon mit zehn Jahren sei der Erfindergeist in ihm erwacht, erzählte Fischer damals. Er hatte als Bub einen Märklin-Metallbaukasten zu Weihnachten bekommen, den er sich sehnlichst gewünscht hatte. "Ich erinnere mich wie heute an diesen Tag", sagte Fischer mit damals 88 Jahren. Sogar die Kinderkirche habe er ausfallen lassen wollen, um erst einmal ein Auto aus den Bauteilen zusammenzuschrauben, erzählt der quirlige Erfinder. Weil ihm die Finger beim Eindrehen der metallenen Schrauben weh getan hätten, hat er überlegt, Kunststoff zu verwenden.

Jahre später sind die fischertechnik-Baukästen das Ergebnis dieser frühen Idee. Eine seiner neueren Erfindungen ist fischer-TiP, ein Spielzeug aus Kartoffelstärke, aus dem Figuren und Bilder zusammengeklebt werden können.

"Er ist immer bescheiden geblieben"

Das Personal der Fischerwerke wurde nach Angaben des Unternehmenssprechers über einen internen Aushang über den Tod des Seniorchefs informiert.

Artur Fischer hatte schon zu Lebzeiten die Ehre erfahren, dass eine Straße sowie ein Sportgelände in Tumlingen ihm benannt wurden. Außerdem gibt es in seinem Geburtshaus ein Museum, in dem seine Erfindungen ausgestellt sind. "Sein Name ist untrennbar mit der positiven Entwicklung der Gemeinde verbunden", sagte der frühere Bürgermeister von Waldachtal, Heinz Hornberger (CDU) einmal über ihn. "Er ist immer bescheiden geblieben."