Bergahorn: Ein Meister-Foto von Claus Amber. Foto: Amber Foto: Schwarzwälder Bote

Baumwelten-Vortrag: Claus Amber: Der Mensch braucht den Wald / Naturschutzbund Waldachtal erfreut über große Resonanz

Naturfotograf und Buchautor Conrad Amber, Jahrgang 1955, zog sein Publikum beim Naturschutzbund (Nabu) Waldachtal mit einem sachkundigen und leidenschaftlichen Vortrag in seinen Bann. Wesentlichen Anteil daran hatten auch seine faszinierenden Bilder.

Waldachtal. Sein Wissen zu Bäumen und Wald bezog und bezieht Amber aus vielen hundert Begegnungen mit Menschen, deren Leben oder Arbeit maßgeblich mit Bäumen und Wald zu tun hat, oder davon beeinflusst wird. Die Veranstaltung mit dem visionären "Naturdenker" hat mit einer auf 80 Personen anwachsenden Besucherschar alle Erwartungen übertroffen, stellten der Nabu-Vorsitzende Stefan Greza und sein Vorstandsteam erfreut fest.

Die Fangemeinde von Conrad Amber ist groß, alleine auf seiner Facebook-Seite Baumwelten folgen ihm mehr als 17 000 Menschen. So war es nicht ungewöhnlich, dass die Einladung zum Vortrag bis nach Karlsruhe und Stuttgart erfolgreich ausstrahlte. Etliche Jahre ist Amber durch Europa gereist und gewandert, auf der Suche nach alten Bäumen und naturnahen Wäldern. Ihn treibt die Erkenntnis an, dass die Menschen sich der Natur entfremden und die Natur von Städten und Straßen verdrängt wird. Das führt soweit, dass die Menschen die Natur und insbesondere die Bäume selbst schützen müssen.

Leichtfertiger Umgang

Amb er beklagt den leichtfertigen Umgang mit Bäumen, die unter allen möglichen Vorwänden als Gefährdung bezeichnet, verstümmelt und vernichtet werden. Alte Bäume passen nicht mehr zur Geschwindigkeit des vorherrschenden technisierten Lebens der Menschen. Haben die Kinder vorheriger Generationen noch viel Zeit mit dem Klettern auf Bäume verbracht, werden diese heute aus Kindergärten und Schulen verbannt oder eingezäunt, um gerade diese angebliche Gefahr zu verhindern. Bäume im persönlichen Umfeld werden nur noch selten geduldet, nehmen sie doch vielleicht Sonnenlicht und fördern das Moos auf dem intensiv gedüngten Luxusrasen, sind sie bei Baumaßnahmen im Weg oder stören sie den Nachbarn.

Bäume sind oft wichtige Teile unseres Kulturgutes. Mensch und Wald führten über Jahrhunderte eine Symbiose, wobei der Mensch den Wald braucht, der Wald den Mensch aber nicht. Holz dient und diente als Brennstoff, Baustoff, als Rohstoff für Werkzeuge, als Material zum Bau von Häusern, Brücken und Burgen. Früchte von Bäumen ernähren den Menschen seit Jahrtausenden, schenken ihnen Medizin. Kulturen und Religionen haben viele Bezugspunkte zu Bäumen und Wäldern. Wir sprechen vom Stammbaum, Lebensbaum, Maibaum, Weihnachtsbaum und dem Hausbaum, der die benachbarten Bewohner in ihrem Leben begleitet. Wälder und Bäume erzeugen den größten Teil unseres Sauerstoffs, sie filtern die Luft. Der Wald ist ein wichtiger Klimafaktor, der im Klimawandel zu noch höherer Bedeutung kommen wird.

Amber versucht, den Wert einer 100-jährigen Buche so zu bestimmen: "Diese Buche ist ein Kraftwerk und Energiespeicher. Sie besitzt etwa 600 000 verschiedene Blätter mit insgesamt etwa 1200 Quadratmetern Fläche. Jährlich produziert sie 4,5 Tonnen Sauerstoff, nimmt sechs Tonnen giftiges Kohlendioxid und eine Tonne Staub und Feinstaub auf. Dafür verdunstet sie 400 Liter Wasser am Tag, kühlt dadurch ihr Umfeld ab und das über hunderte von Jahren – wenn man sie lässt. Dazu benötigt sie eine Bodenfläche von drei mal drei Metern. "Um diesen Baum zu ersetzen", führte Amber an, "müssten 2000 Jungbäume mit 1,5 Kubikmeter Kronen gesetzt werden. Die Kosten dafür sind mit 150 000 Euro anzusetzen."

Heilsame Wirkung

Der Naturfotograf stellte in eind rucksvollen Bildern Prachtexemplare von Linden, Ahornen und Eichen sowie ihre Geschichte vor. Menschen suchen seit vielen Generationen Bäume auf, um ihre heilsame Wirkung auf den Körper zu erfahren. Wenn Amber von Wäldern spricht, meint er Naturwälder, und darunter versteht er Mischwälder. Diese haben natürlich mit Alters- und Artenvielfalt zu tun. "Wenn wir davon ausgehen, dass rund 35 Prozent der Fläche von Wald bedeckt sind, davon aber maximal ein bis drei Prozent Naturwälder sind, stellen die von uns angepflanzten Wälder, oft Monokulturen, den weitaus größten Teil der Wälder dar", beschreibt Amber unser Verständnis von Wald. Im Rückblick auf das trockene Jahr 2018 wies Amber eindringlich auf die Bedeutung der Wälder als unseren wichtigsten Wasserspeicher hin. "Ein natürlicher Berg-Mischwald mit tief- und flachwurzelnden Bäumen ist in der Lage pro Quadratmeter Fläche 110 Liter Wasser speichern, der angebaute Fichtenwald speichert lediglich 16 Liter." Die Folgen sind eine deutliche höhere Anzahl von Starkwasser-Katastrophen in diesen Gebieten und künftige Wassernot in trockenen Jahren. Der Baum des Vortrags war eine alte Bergulme in Steibis, die, so Amber: "Im Winter überlebt, weil sie sich sozusagen selbst ins Koma versetzt und alle Lebensfunktionen auf Null reduziert." Amber stellt fest, dass sich bei den Menschen, die sich eingehender mit diesen Themen beschäftigen, ein neues Bewusstsein für gesunde und naturnahe Wälder ausbildet. Es sei ein Erkennen da, dass viele Fehler und Irrtümer der Vergangenheit angegangen werden. Menschen werden von seinen Vorträgen und Bildern berührt. Der Kreis der Baumfreunde und -liebhaber wird immer größer. Dies ließ sich auch nach dem Vortrag bei den Teilnehmern feststellen, die von diesem Erlebnis regelrecht gepackt wurden. Eine große Nachfrage am Büchertisch war eine Folge davon, aber auch intensive Gespräche untereinander und, wie Nabu-Vorstandsmitglied Gaby Greza feststellt, hält diese Begeisterung auch noch Tage später an. Die Organisatoren des Vortrags erfahren viele positive Rückmeldungen, und es sieht wohl so aus, dass mehrere Teilnehmer am 15. März nach Schramberg fahren, um Amber auch bei einem anderen Vortragsthema "Bäume in die Stadt!" noch einmal hautnah zu erleben.