Dürre und der Borkenkäfer machen dem Wald zu schaffen. (Symbolfoto) Foto: Berg/dpa

Drei Dürrejahre in Folge, heftige Stürme, die immer wieder an den Kronen rüttelten und an den Wurzeln zerrten sowie zahllose Borkenkäfer, denen die Bäume fast wehrlos gegenüber stehen: Dem deutschen Wald geht es nicht gut – auch im Kreis Rottweil. Wie ist die Lage?

Kreis Rottweil - "2018 bis 2020 waren für den Wald belastende Jahre", räumt der Leiter des Kreisforstamts, Frank Kapahnke, unumwunden ein. Die Zahlen sprechen für sich. Seit Februar 2020 fielen im Kreis 90.000 Festmeter Sturmholz an, 35.000 Festmeter gingen auf das Konto des Borkenkäfers und seiner Verwandten und 5000 Festmeter resultieren aus Dürreperioden. Zusammen macht das rund 130.000 Festmeter sogenanntes Schadholz.

Zum Vergleich: So groß ist in normalen Jahren der geplante Einschlag aller Städte und Gemeinden im Kreis zusammen.

Und noch eine Zahl zum Gruseln: In ganz Deutschland fielen in den vergangenen drei Jahren 200 Millionen Festmeter Schadholz an.

Riesige Menge Holzmuss aus dem Wald

Diese riesige Menge musste aus dem Wald, um dem Borkenkäfer nicht auch noch ein Büffet aufzubauen. Ungeplantes, mitunter minderwertiges Holz drückte in den Markt, die Preise gingen in den Sinkflug, der Holzverkauf kam dann, auch durch Corona, stellenweise so gut wie zum Erliegen.

Am Donnerstag mutmaßten die Medien, dass die Waldbesitzer, ob privat oder kommunal, immense Verluste eingefahren haben, die in die Milliarden gehen.

Machte manche Gemeinde jahrzehntelang gute Gewinne mit ihrem Wald, müssen sie jetzt draufzahlen. Denn sie müssen investieren – in den Wegebau, in die Holzernte und vor allem in den Waldumbau, um den Schwierigkeiten mit anderen, Dürre resistenten Baumarten zu begegnen.

"Wir stecken mitten im Klimawandel", so Kapahnke, das sei nicht mehr zu leugnen. Dabei sei das wärmere Neckartal sogar stärker betroffen, als der kühlere Schwarzwald. Aber: "Das ist längst keine lokale Sache mehr."

Und doch sei der Kreis Rottweil bei der Ausdehnung der Schadflächen glimpflich davongekommen. "Wir können die punktuellen Verluste noch gut mir der Naturverjüngung ausgleichen", erläutert der Forstmann. Der Wald habe also meist noch die Kraft, sich aus sich selbst zu regenerieren. In Norddeutschland, beispielsweise im Harz, weiß er aus eigener Anschauung, sei die Situation noch viel dramatischer. Die Brot-und-Butter-Bäume Fichte und Tanne seien an ein feuchteres Klima gewöhnt.

Die Leitplanken der Forstwirtschaft

Kapahnke sieht nur eine Chance: Das Baumartenspektrum müsse breiter aufgestellt werden.

Kein revolutionär neuer Gedanke. Schon vor 30 Jahren sei in der zehnjährigen Forsteinrichtung, die sozusagen die Leitplanken für die Forstwirtschaft für die folgenden Dekade festlegt, der Umschwung spürbar gewesen. Aber Waldumbau sei nun mal eine Generationenaufgabe.

Man gehe dazu über, mehr Douglasien, ein bis zur Eiszeit auch in Europa heimischer Baum, und die Eiche bei Aufforstungen stärker einzubinden. Ob die Forstwirtschaft noch genug Zeit hat – fraglich. "Die Situation kann ganz schnell kippen", so Kapahnkes Analyse.

Ziel sei natürlich eine "gute Wiederbewaldung", die den Wald zudem klimastabiler mache. Risiken gibt es dennoch. "Was in 100 Jahren funktioniert, weiß heute niemand", sagt Kapahnke. Aber es werde viel geforscht. Bisher werden die "neuen" Baumarten noch nicht auf den ganz großen Flächen gepflanzt.

Zwar hätte die Kommunen im abgelaufenen Jahr mit ihrem Gemeindewald Verluste eingefahren, Ende 2020 habe sich jedoch eine leichte Besserung der Marktlage abgezeichnet. "Wir führen dem Markt das Holz gewissermaßen in homöopathischen Dosen zu und versuchen, auf Sicht zu fahren." Dennoch bestehe für das laufende Jahr bei der Nachfrage noch einige Unsicherheit.

Die Wald-Situation in diesem Frühjahr sieht Kapahnke differenziert. Die Niederschläge der vergangenen Tage und Wochen seien sicher gut, aber sie müssten noch anhalten, um dem Wald zu helfen. Eine Menge Borkenkäfer hätten in den befallenen Bäumen überwintert. "Wir haben nach wie vor eine hohe Käferpopulation." Man werde im Frühsommer sehen, wie groß die Gefahr wirklich werde.

Kapahnke kann dennoch handfeste Anzeichen einer Belebung des Holzmarkts erkennen. "Das Holz in den Nasslagern ist komplett verkauft." Erst jetzt werde man sich an den neuen Einschlag machen, um flexibel reagieren zu können.

Rückblickend stellt der Forstamtsleiter immerhin fest: "Der Kreis Rottweil ist bisher mit einem blauen Auge davongekommen."