Die Orgel der evangelischen Klosterkirche in Bad Herrenalb wurde 1869 von der Firma Walcker in Ludwigsburg gebaut. Sie ist original erhalten. Ein Glücksfall. Jetzt gab es die seltene Gelegenheit, das denkmalgeschützte Instrument zu besichtigen.
Bad Herrenalb - Zahlreiche Interessierte nutzten diese Chance und machten sich einen Eindruck vom Innenleben des gewaltigen Instruments.
Die Orgel der evangelischen Klosterkirche wurde 1869 von der Firma Walcker in Ludwigsburg gebaut. Sie ist original erhalten. Ein Glücksfall, denn viele Orgeln aus dieser Zeit sind in den Kriegswirren zerstört worden. Erhalten ist auch eine Tretanlage, mit der zwei Personen – meist Konfirmanden – über Blasebalge Luft ins Instrument pumpten, wo sie im sogenannten Magazinbalken gespeichert wurde. Diese Mechanik verschwand üblicherweise in den 1920er-Jahren und wurde durch elektrisch betriebene Gebläse ersetzt. In Bad Herrenalb hat das Gebläse einen großen Durchmesser, kann deshalb langsam laufen und ist dadurch sehr geräuscharm.
Legierung aus Zinn und Blei
Wenn der Orgelspieler eine Taste drückt, wird die Luft zu einigen der 1740 Pfeifen geleitet. Orgelbauer Walcker lieferte das Bad Herrenalber Instrument mit einer sogenannten Kegellade, bei der jede einzelne Pfeife ein Ventil hat, das die Luft einlässt oder verschließt. Walcker behauptete zu Lebzeiten, er habe die Kugellade erfunden. Das stimmte aber nicht. Heute werden Orgeln nur noch selten so gebaut, weil die Ventilmechanik hörbar ist. Auch die Bad Herrenalber Orgel hat bis zu ihrer großen Inspektion im Sommer 2020 ziemlich geklappert.
Die mit Luft durchströmten Pfeifen aus Metall und Holz erzeugen die Töne. Alle Orgelpfeifen in der Klosterkirche sind handgefertigt. Für die Pfeifen aus Metall hatte der Orgelbauer eine Legierung aus Zinn und Blei hergestellt, Barren gegossen und zu Blechen ausgewalzt. Daraus wurden die Pfeifen in verschiedenen Durchmessern und Längen gewickelt und verlötet. Die kleinste Pfeife ist nur etwa fünf Zentimeter groß und erzeugt den höchsten Ton des Instruments.
Für die tiefen Töne sind die Holzpfeifen zuständig. Sie sind üblicherweise aus Fichtenholz und müssen sehr exakt gefertigt sein. Da wundert es nicht, dass ein Orgelbauer die Kreissäge erfand. Die größte hölzerne Pfeife in Bad Herrenalb ist rund 2,4 Meter hoch.
Unterschiedliche Klangfarben
Durch sogenannte Register werden unterschiedliche Pfeifen zusammengeschaltet. Das bedeutet, dass der Druck einer einzelnen Taste auf dem Spieltisch gleichzeitig mehrere Pfeifen zum Tönen bringt. So entsteht der typische Orgelklang. Je nach Kombination entstehen unterschiedliche Klangfarben, die an Trompeten, Streicher, oder Flöten erinnern. Eine Besonderheit der Bad Herrenalber Orgel ist das Register "Physharmonika", das wie ein Akkordeon klingt. Es war verloren und wurde in der Werkstatt eines Orgelbauer wiederentdeckt. Vergangenes Jahr wurde es wieder eingebaut und im Juli dieses Jahres gestimmt. Jetzt fügt es sich wieder harmonisch ins Orgelspiel ein.
Seit der Generalüberholung im Sommer 2020 ist die Orgel wieder klanglich auf der Höhe. Ihr Inneres wurde komplett gereinigt, Pilze und Holzwürmer wurden bekämpft. Es bedurfte nur weniger und kleinerer Reparaturen. Mit Glück hat das Instrument noch ein langes Leben vor sich.