Der Stuttgarter Gemeinderat hat über den Fernsehturm diskutiert. Das Thema Kosten eines schnellen brandschutztechnischen Umbaus spart er aus. Hier einige ... Foto: Leif Piechowski

Der Fernsehturm ist dicht, die Stuttgarter Stadträte nicht erfreut darüber. Stadt und Südwestrundfunk hätten „nicht optimal informiert“, hat Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) gegenüber dem Gemeinderat eingeräumt.

Stuttgart - Der Oberbürgermeister entlässt keinen aus der Verantwortung: Ordnungsbürgermeister Martin Schairer (CDU), Baubürgermeister Matthias Hahn (SPD), Branddirektor Frank Knödler und Baurechtsamtschefin Kirsten Rickes – alle, die an der Entscheidung beteiligt waren, sekundieren Fritz Kuhn (Grüne), als jener am Dienstag dem Gemeinderat erstmals erläutert, wie es zur Schließung des Stuttgarter Fernsehturms gekommen ist und was daraus folgt. „Ich möchte als OB – wenn es irgendwie geht –, dass wir den Turm sicher machen“, formuliert Kuhn. Helfen werde dabei die Firma Halfkann und Kirchner, die im Auftrag des Fernsehturmeigentümers Südwestrundfunk und in Abstimmung mit der Stadt den Brandschutz begutachte. Geboten sei nun, Sicherheit zu gewährleisten, ohne in Hysterie zu verfallen.

Am 27. März hatte der OB die Schließung des Stuttgarter Fernsehturms verfügt und dies öffentlich bei einer eigens anberaumten Pressekonferenz verkündet. Mitarbeiter des Baurechtsamts hatten zuvor massive Mängel beim Brandschutz festgestellt.

Kuhns Bilanz des Vorgangs fällt am Dienstag vor dem Gemeinderat eindeutig aus. Tenor: Es war schlicht nicht zu verantworten, den Turm auch nur einen Tag länger für Besucher geöffnet zu lassen. „Sicherheit herzustellen, da wo es möglich ist, ist die Hauptaufgabe staatlichen Handelns“, so der OB. „Eine Informationsproblematik“ räumt Kuhn gleichwohl ein, sowohl bei der Stadt als auch beim Südwestrundfunk (SWR). Es sei unschön, wenn man als SWR-Mitarbeiter oder Gastronom im Turm aus der Zeitung von der Schließung erfahre. Er, Kuhn, sei freilich davon ausgegangen, dass der SWR seine Vertragspartner entsprechend informiere.

Sicherheit berücksichtigen

Trotz des „sehr emotionalen Themas“ entspinnt sich keine kontroverse Debatte. Stattdessen verlangen alle Fraktionen, dass der Fernsehturm rasch wieder geöffnet werden müsse, laut Grünen-Vormann Peter Pätzold „unter Berücksichtigung der Sicherheit“. Alexander Kotz, der Vorsitzende der CDU-Fraktion, fordert „schnell langfristige Maßnahmen“.

Wie SPD-Fraktionschefin Roswitha Blind glaubt er, dass bei einem solchen Sonderbauwerk nur eine Sondergenehmigung abseits gängiger Bauvorschriften weiterhelfe. „Gucken Sie zu, dass der Turm mit entsprechendem Aufwand und Augenmaß wieder geöffnet wird“, rief etwa Jürgen Zeeb von den Freien Wählern dem OB zu. Eine ähnliche Ansicht vertritt die FDP. Gangolf Stocker von SÖS/Die Linke hegt wenig Hoffnung, dass dies gelingt. Über die Kosten und ob die Stadt sich beteiligen soll, verlieren die Fraktionen kein Wort. Auch der von vielen erwartete Schlagabtausch zwischen Kuhn und Kotz bleibt aus.

Letzterer geißelt zwar die „überstürzte Schließung“ als „unnötig“. Für die fast 30-minütige, zuweilen kryptisch formulierte Begründung der CDU-Haltung erntet er aber überwiegend Unverständnis. Bei der Entscheidung, den Turm zu schließen, handle es sich um „eine Abwägung zwischen Sicherheitsdenken und Lebensqualität“, sagt Kotz. Manches habe sich – nicht nur in Stuttgart – in Richtung mehr Sicherheitsdenken verschoben. Auch „wäre nichts angebrannt“, hätten die Gemeinderatsfraktionen, respektive die Öffentlichkeit, früher von den Problemen erfahren. Die von Kotz ausgemachte „überschaubare Kompetenz“ in Sachen Brandschutz innerhalb der Verwaltungsspitze entlockt den Adressaten dann nur ein Lächeln.

Nach einem relativierenden Verweis von Kotz auf den Bombenanschlag von Boston am Montagabend schütteln die Protagonisten der Verwaltungsspitze den Kopf. Kuhn schaut zu Schairer, zu Hahn, zu Knödler. Fragende Blicke nicht nur einmal.

Dann gelingt es Kotz doch, den OB zu verärgern: Der CDU-Mann unterstellt den Bürgermeistern, dem Branddirektor und der Amtschefin, „einer Entscheidung des neu gewählten OB hat halt niemand widersprechen wollen“. Den Vorwurf, opportunistische Bürgermeister würden „an den Lippen des OB hängen, weise ich scharf zurück“, so Kuhn.