In Deutschland muss man 18 sein, um bei der Europawahl mitmachen zu dürfen Foto: dpa

Post eines SPD-Ortsvereins sorgt für Verwirrung: In Gerlingen wurden die Jungwähler vom SPD-Ortsverein ermuntert, von einem Stimmrecht Gebrauch zu machen, das einige von ihnen noch gar nicht haben.

Stuttgart/Gerlingen - Es ist der 25. Mai. Der 17-jährige Martin betritt zum ersten Mal in seinem Leben ein Wahllokal. Er darf wählen. Und er soll wählen – die Parteien haben ihn inständig darum gebeten. Jetzt will er’s auch tun. Volles Programm: Gemeinderat, Kreistag – und Europaparlament. Im Wahllokal trifft Martin allerdings auf fragende Gesichter. Gemeinderat und Kreistag klar, aber doch nicht Europa! Wahlalter 18. Das nächste Mal gerne . . .

Diese Szene könnte sich am kommenden Sonntag so oder ähnlich in Gerlingen abspielen. Denn dort wurden die Jungwähler vom SPD-Ortsverein ermuntert, von einem Stimmrecht Gebrauch zu machen, das einige von ihnen noch gar nicht haben.

In einem Brief klären Frank Moll und Sohejl Lazemi-Wanjani („Deine jungen SPD-Kandidaten“) die jungen Staatsbürger darüber auf, dass sie am 25. Mai „zum ersten Mal an einer Kommunal- und Europawahl teilnehmen dürfen“. Nach der Einladung zur Kommunalwahl folgt ein politisches Plädoyer, „warum auch Europa Deine Stimme braucht“.

Zustimmung braucht Europa zweifelsohne. Auf die Stimmen von 16- und 17-Jährigen müssen die EU-Parlamentarier nach deutschem Wahlrecht jedoch verzichten; lediglich in Österreich dürfen bereits 16-Jährige abstimmen. In den anderen EU-Ländern liegt das Wahlalter bei 18. War das den beiden SPD-Jungpolitikern nicht bekannt?

Lazemi-Wanjani spricht von einem „kleinen Fauxpas“. Aus den Daten der rund 1000 Erstwähler, die man von der Stadt bekommen habe, sei nicht hervorgegangen, ob diese unter oder über 18 Jahre sind. Selbstkritisch räumt er ein, man hätte in dem Schreiben klarmachen müssen, dass 16- und 17-Jährige bei der Europawahl kein Stimmrecht haben.

Zurück zu Martin. Er hat im Gemeinschaftsunterricht aufgepasst. Nach einem Europa-Stimmzettel würde er am Sonntag deshalb nicht verlangen. Die SPD-Post aber hat ihn verwirrt.