Vor dem Landgericht Tübingen ging der Prozess um ein Waffenlager weiter. Foto: Weller

Im Prozess um ein großes Waffenarsenal im Kreis Calw am Tübinger Landgericht hat die Vorsitzende Richterin am Dienstag den Druck erhöht und alle vier Angeklagten und ihre Verteidiger mit ungewöhnlich deutlichen Worten dazu aufgefordert, ihre Aussagen und die Prozessstrategie zu überdenken.

Kreis Calw - "Gehen Sie in sich und nehmen Sie diese Aufforderung ernst", machte Manuela Haußmann, Vorsitzende Richterin der zweiten großen Strafkammer, am Ende der Verhandlung deutlich. "Es könnte zu Ihrem Nutzen sein", so die Richterin weiter. Allerdings sei die Geduld des Gerichts in dieser Hinsicht endlich. "Irgendwann ist die Zeit vorbei, in der Ihnen die Änderung Ihrer Aussage etwas nützt." Um welche konkreten Aussagen es dabei geht, ließ die Richterin in der Sitzung allerdings im Unklaren.

In dem Aufsehen erregenden Verfahren wird ein 36-jähriger Mann aus dem Kreis Calw beschuldigt, über mehrere Jahre ein großes Waffenlager angelegt zu haben, zu dem unter anderem Sturmgewehre, Maschinenpistolen, ein gutes Dutzend halbautomatische Pistolen, Zielfernrohre und zehntausende Schuss Munition sowie Chemikalien gehört haben, die sich zum Bau von Sprengkörpern eignen.

Die drei Mitangeklagten – ein 43-jähriger und ein 48-jähriger Mann sowie die 24-jährige Verlobte des Hauptangeklagten – sollen nach der Verhaftung des Hauptangeklagten Teile des Arsenals in andere Verstecke gebracht haben, um sie dem Zugriff der Polizei zu entziehen.

Der Hauptbeschuldigte hatte am ersten Prozesstag die Vorwürfe im Prinzip eingeräumt und hatte als Motiv angegeben, dass er sich 2015 angesichts der "Flüchtlingskrise" "bedroht gefühlt" und Anschläge befürchtet habe. Mit den von ihm besorgten Waffen habe er deswegen eine sechs- bis achtköpfige Bürgerwehr ausrüsten wollen.

Sind Waffen aus dem Arsenal noch in Umlauf?

Im Rahmen der Zeugenaussage eines Ermittlers der Calwer Kriminalpolizei wurde deutlich, dass sich der Hauptbeschuldigte irgendwann wohl doch über die Tragweite seines Handelns bewusst geworden ist. So habe er sich unter anderem vor einem der insgesamt vier Männer gefürchtet, die ihm die Waffen, Munition und Waffenteile verkauft haben. Die Angst vor diesem Mann war scheinbar so groß, dass er ein Testament verfasste, das sein Anwalt den Ermittlern präsentierte.

Nervös sei er auch geworden, als die Polizei nach seiner Verhaftung Teile seines Arsenals, darunter zwei Uzi-Maschinenpistolen, zunächst nicht finden konnte. Diese Teile sollen die drei Mitangeklagten in ein neues Versteck gebracht haben. Zwar hatte die Polizei danach noch etliche Waffen und Munition in den anderen Verstecken gefunden, doch der Kriminalpolizist wollte vor Gericht nicht ausschließen, dass sich Teile des Waffenarsenals noch irgendwo im Umlauf befinden. Der Ermittler gestand dem Hauptangeklagten zu, dass er sich nach der Verhaftung gegenüber der Polizei kooperativ gezeigt habe, er sei sogar stolz darauf gewesen, der Polizei zu zeigen, wie man an Waffen kommt. Allerdings habe er sich des Eindrucks nicht erwehren können, dass er nur das einräumt, was die Polizei seines Erachtens ohnehin schon wusste.

Ein großer Teil des Prozesstages am Dienstag beschäftigte sich mit der Frage, wann welche der drei Mitangeklagten etwas über das Waffenarsenal wussten. Im Fokus dabei der 43-Jährige und die Verlobte des Hauptangeklagten. Laut einer Aussage bei der Polizei soll sie darauf gedrängt haben, Teile des Arsenals verschwinden zu lassen. Unter anderem habe man überlegt, die Waffen nach Ostdeutschland zu bringen und dort zu entsorgen oder in einem See zu versenken.

Was die Motive auch der Mitangeklagten angeht, war die Aussage des Polizisten wenig hilfreich. Er wisse nicht, was sie mit den Waffen vorhatten, so sein Statement vor Gericht.

Als zweiter Zeuge sagte ein langjähriger Freund des Hauptangeklagten aus. Er beschrieb den 36-Jährigen als "Waffennarren", allerdings habe er ihn nur einmal mit einer Waffe gesehen. Bei dieser Gelegenheit seien auch die mitangeklagten Männer dabei gewesen, so der Zeuge.

Allerdings zeigte sich, dass der Zeuge, was sein Erinnerungsvermögen angeht, nicht gerade sehr ergiebig ist. Auf manche Fragen vor allem der Verteidiger wusste er Antworten, bei anderen Fragen konnte er sich nicht erinnern und verstrickte sich in Widersprüche. Darüber hinaus stellte es sich heraus, dass er mit dem Anwalt des Hauptangeklagten befreundet ist. All das ließ für zwei der Verteidiger nur den Schluss zu: "Wir glauben Ihnen nicht."

Der Prozess wird erst in drei Wochen fortgesetzt. Bis dahin haben die Angeklagten Zeit sich zu überlegen, ob sie der Aufforderung der Vorsitzenden Richterin Folge leisten oder nicht. Von dieser Entscheidung wird der weitere Verlauf des Verfahrens abhängen.