Durchaus Fingerspitzengefühl ist bei der kommunalen Wärmeplanung angebracht, wie sich in jüngster Sitzung des Georgener Gemeinderats zeigte. Denn auf die Anwohner eines Wärmenetzes hat dessen Ausweisung ganz unmittelbare Auswirkungen.
Die Stadt St. Georgen geht einen weiteren Schritt in Richtung einer kommunalen Wärmeplanung. Der Gemeinderat hat den entsprechenden Planungsauftrag vergeben.
Da die Bergstadt bei dem Thema im Konvoi mit Deißlingen und Niedereschach marschiert, muss St. Georgen von den Gesamtkosten in Höhe von fast 75 000 Euro nur etwas mehr als 38 000 Euro tragen. Doch die heiklen Aspekte liegen ohnehin an anderer Stelle, wie die Debatte im Rat zeigte.
Der Weg zur Wärmeplanung
Aber der Reihe nach: Bis 2040 sollen Kommunen – also auch St. Georgen – klimaneutral sein und etwa auch ihre Wärmeversorgung langfristig CO₂-neutral gestalten. Ein möglicher Baustein: eine kommunale Wärmeplanung, mit deren Hilfe Abwärme aus verschiedenen Quellen gezielt fürs Heizen von Gebäuden genutzt werden soll.
Im Hinblick darauf stehen nun die nächsten Schritte in St. Georgen fest. Und es soll Schlag auf Schlag gehen. Wie Alexander Tröndle, Leiter des städtischen Bauamts, erklärte, möchte das Büro aus Frankfurt – der zuständige Planer kommt allerdings aus der Region und kennt die Bergstadt – die Planung innerhalb von zwölf Monaten auf die Beine stellen. Die Stadtverwaltung war zunächst eher von einem Zeithorizont von zwei Jahren ausgegangen.
Immerhin steht eine ganze Reihe von Aufgaben auf dem Programm: Erster Schritt ist Tröndle zufolge eine Bestandsaufnahme, zweiter Schritt eine Potenzialanalyse. Dabei immer im Blick: zwei Fragen. Wo in der Stadt wird viel Wärme benötigt? Und wo gibt es Bereiche, in denen Wärme – etwa aus industriellen Prozessen oder auch aus dem Abwasser – als Nebenprodukt entsteht? Vereinfacht gesagt: „Überall, wo Wärme als Abfallprodukt übrig bleibt, wird man mal schauen, ob man das man anzapfen kann“, erklärte Tröndle.
Eine heikle Entscheidung
Auf Grundlage eines Zielszenarios, das in Schritt drei entwickelt werden soll, wird schließlich eine kommunale Wärmewendestrategie ausformuliert – inklusive notwendiger Maßnahmen. In diesem letzten Schritt fällt auch die Entscheidung, in welchen Bereichen St. Georgens die Ausweisung eines kommunalen Wärmenetzes Sinn macht – ein Entschluss, der durchaus gut überlegt sein will. Denn für die Anwohner der betroffenen Bereiche hat er direkte Folgen, erklärte Tröndle.
In einem Bereich, in dem ein kommunales Wärmenetz ausgewiesen ist, dürfen nämlich nur noch Heizungen neu eingebaut werden, die zu 65 Prozent oder mehr mit erneuerbaren Energien betrieben werden. „Das wird sehr schwer sein“, sagte Tröndle. Nur eine Photovoltaik-Anlage (PV-Anlage) in Verbindung mit einer herkömmlichen Öl- oder Gasheizung werde nicht mehr ausreichen, um diese Anforderung zu erfüllen.
Nur zwei Möglichkeiten
Eigentümern oder Anwohnern blieben dann im Prinzip nur noch zwei Möglichkeiten, schilderte Tröndle auf Nachfrage von Peter Fichter (SPD): Entweder sie entschließen sich, an das kommunale Wärmenetz anzuschließen, oder sie sanieren ihr Gebäude so weit energetisch, dass dieses mittels Wärmepumpe geheizt werden kann – in Anbetracht dessen, dass für Wärmenetze gerade solche Bereiche infrage kommen können, in denen große, nicht energetisch sanierte Wohnblocks stehen, eine massive Investition. „Es muss gut überlegt sein, wo man ein Wärmenetz ausweist“, betonte Tröndle.
Kein Grund zum Fürchten
Wobei die Vorstellung, an ein kommunales Wärmenetz anzuschließen, keinem Angst machen sollte, wie Oliver Freischlader (SPD) fand. Er konnte aus eigener Erfahrung sprechen: Mit seiner Arztpraxis in der Stadtmitte sei er bereits an das dortige Nahwärmenetz angeschlossen – und durchaus zufrieden.
Im Zweifel sei ein solcher Anschluss im Vergleich zum Einbau einer neuen Heizung, selbst einer, die mit fossilen Brennstoffen betrieben wird, sogar die kleinere Investition. Zwar liege der Strompreis pro Kilowattstunde etwas höher – dafür habe man aber auch keinen Wartungsaufwand. Und: „Wir werden die Preise für fossile Energien, wie wir sie heute haben, nicht mehr lange haben. Und das auch zurecht“, betonte Freischlader – spätestens dann werde der Anschluss an ein kommunales Nahwärmenetz noch attraktiver.