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Während des Besuchs von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier in Kabul sind bei bei einem Selbstmordanschlag fünf deutsche Soldaten leicht verletzt worden.

Berlin - Ein überraschender Besuch von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier in Afghanistan ist am Mittwoch von einem neuen Selbstmordanschlag auf die Bundeswehr überschattet worden. Fünf Soldaten wurden bei dem Attentat nahe dem deutschen Feldlager Kundus nach offiziellen Angaben leicht verletzt. Zu dem Anschlag bekannten sich die radikal-islamischen Taliban. Steinmeier versicherte am Rande von Gesprächen in Kabul, dass sich Deutschland auch von solchen "feigen Anschlägen" nicht von seiner Unterstützung für das kriegsgeplagte Land abbringen lassen wolle. In Afghanistan sind mehr als 3800 deutsche Soldaten stationiert.

Als Reaktion auf die massive Truppenverstärkung besonders der USA in Afghanistan kündigten die Taliban eine landesweite Offensive an. Der Vizechef der Taliban in Afghanistan, Mullah Brodar Akhund, sagte, an diesem Donnerstag werde eine Operation namens "Nasrat" (Unterstützung) beginnen. "Das Ziel (...) werden Militärbasen der Invasoren, diplomatische Zentren, Militärkonvois, Vertreter der Marionettenregierung und Parlamentsabgeordnete sein", hieß es in einer Mitteilung auf der Homepage der Aufständischen.

Der Besuch Steinmeiers war aus Sicherheitsgründen bis zur letzten Minute geheim gehalten worden. Steinmeier traf unter anderem mit Präsident Hamid Karsai zusammen, der sich ausdrücklich für die deutsche Unterstützung seit dem Sturz der Taliban 2001 bedankte. Der Gesamtwert der Hilfe wird bis 2011 eine Summe von 1,2 Milliarden Euro erreichen. Am international viel kritisierten Entwurf für ein neues Ehegesetz hält Karsai nach deutschen Angaben nicht mehr fest.

Nach Angaben der Bundeswehr sprengte sich der Attentäter neben einer Patrouille rund 15 Kilometer südlich von Kundus-Stadt in einem Auto in die Luft. Dabei wurde das schwer gepanzerte Fahrzeug der Patrouille stark beschädigt. Steinmeier sagte: "Natürlich lassen wir uns von solchen feigen Anschlägen nicht von unserem Engagement in und für Afghanistan abbringen." Trotz des Attentats will der Minister seinen Besuch wie geplant bis Donnerstag fortsetzen. Aus Sicherheitsgründen blieb das weitere Programm aber geheim.

Steinmeier unterstützte ausdrücklich den neuen internationalen Ansatz für eine "regionale Lösung" gegen den islamischen Terrorismus, der neben Afghanistan auch Pakistan stärker einbezieht. "Solange das nicht der Fall ist, werden auch unsere Bemühungen in Afghanistan nur begrenzt erfolgreich sein." Dazu soll es in der ersten Mai-Woche in Washington ein Treffen Karsais und seines pakistanischen Kollegen Asif Ali Zardari bei US-Präsident Barack Obama in Washington geben.

Auf der Rückreise will Karsai dann am 9. und 10. Mai in Berlin Station machen. Steinmeier sagte, er habe "große Hoffnungen" in das Treffen. "Pakistan muss ohne Zweifel mehr Anstrengungen unternehmen, um die islamistischen Kräfte im Norden zurückzudrängen." Das Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan gilt als wichtigstes Rückzugsgebiet für islamistische Terroristen. In Afghanistan sind derzeit mehr als 70.000 Soldaten aus über 40 Nationen stationiert. Bis zur Präsidentenwahl im August wird ihre Zahl weiter erhöht.

Im Streit um das Ehegesetz für die schiitische Minderheit des Landes zeigte sich Karsai nach Angaben aus Delegationskreisen zu einer "substanziellen Überarbeitung" bereit. Das Gesetz, das Kritiker als Freibrief für Vergewaltigung in der Ehe interpretiert hatten, solle in mehr als einem Dutzend Punkten geändert werden. Steinmeier sagte: "Ich habe den Eindruck, dass Karsai gewillt ist, das Gesetz an den entscheidenden Punkten zu korrigieren."

Koalitionstruppen und afghanische Soldaten töteten am Mittwoch in Südafghanistan nach Angaben der US-Armee 32 Aufständische. Zu Gefechten sei es in den Provinzen Urusgan und Helmand gekommen, teilten die US-Streitkräfte mit. Soldaten und Zivilisten seien nicht verletzt oder getötet worden. In Helmand hätten die Truppen nach den Kämpfen große Mengen Opium und Material zum Bombenbau gefunden und zerstört. Drogenanbau und -handel ist die wichtigste Einnahmequelle der Taliban. Bereits zuvor hatte die US-Armee mitgeteilt, in der zentralafghanischen Provinz Logar seien am Mittwoch "etwa zehn" Aufständische getötet worden.